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Zu den 14 Regionalflughäfen gehört auch der Airport von Thessaloniki, der zweitgrößte Griechenlands.

© AFP

Fraport und die Regionalflughäfen: Wie Griechenlands Staatsbesitz privatisiert wird

Am Kauf von 14 Regionalflughäfen in Griechenland durch Fraport gibt es im Land viel Kritik. Staatschef Alexis Tsipras selbst hatte den Deal 2014 noch als "Ausverkauf" bezeichnet. Die Übernahme ist nur eines von vielen geplanten Privatisierungsgeschäften.

Kefalonia, Korfu, Mykonos – so ziemlich überall dort, wo Urlauber in Griechenland gerne landen, könnte sie bald ein deutsches Unternehmen begrüßen. Die griechische Regierung hat am Montag verkündet, dass sie die Vergabe von 14 Regionalflughäfen, darunter der zweitgrößte Flughafen des Landes in Thessaloniki, an den deutschen Flughafenbetreiber Fraport unterstützt. Die Verhandlungen, die bereits 2013 begonnen hatten, waren nach der Wahl von Syriza im Januar unterbrochen worden. Die linke Regierung wollte die Entscheidung, die unter ihren konservativen Vorgängern getroffen wurde, eigentlich nochmals überprüfen. Jetzt hat sie es sich doch anders überlegt. Mehr noch: Die Vergabe an den deutschen Konzern ist explizit Teil des neuen „Memorandum of Understandings“, der Grundlage für das neue Kreditpaket über 86 Milliarden Euro. Und das, obwohl es in Griechenland durchaus Vorbehalte gegen das Geschäft gibt – vor allem in der Regierungspartei Syriza. Alexis Tsipras selbst hatte das Geschäft 2014 noch einen „Ausverkauf“ genannt. Dem Flughafen-Deal sollen andere folgen, insgesamt soll griechischer Staatsbesitz im Wert von 50 Milliarden Euro privatisiert werden.

Für 14 Regionalflughäfen will Fraport gemeinsam mit einem griechischen Unternehmer insgesamt 1,234 Milliarden Euro zahlen, plus eine jährliche Gebühr von 23 Millionen Euro. Dafür erwirbt Fraport für 40 Jahre das Recht, die Flughäfen zu betreiben. Der griechische Staat wird zudem mit 28,5 Prozent am operativen Gewinn beteiligt, hat aber kein Mitspracherecht. Ein Geschäft, das von unterschiedlichen Seiten völlig unterschiedlich bewertet wird. Kritiker stören sich vor allem an drei Punkten. Erstens: Fraport gehört zu 51 Prozent dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt. Künftig fließen also die Gewinne aus griechischen Regionalflughäfen in öffentliche deutsche Kassen. Kritik gibt es auch an der Vergabe. Die Lufthansa, die selbst acht Prozent an Fraport hält, ist offizieller Berater des griechischen Privatisierungsfonds HRADF, der den Staatsbesitz verkauft. Der griechische „Anti-Korruptions-Generalsekretär“, George Vasiliadis, fordert, dass die Vergabe daraufhin überprüft werden müsse. Das dritte Argument: Wenn der griechische Staat seine profitablen Regionalflughäfen weggibt, bleiben ihm nur noch die unprofitablen. Eine Querfinanzierung sei nicht mehr möglich, auch weil die Einnahmen aus den Privatisierungen in den Schuldendienst und nicht in die öffentlichen Kassen fließen. Die Zahlen allerdings, welche Flughäfen wie viel Gewinn oder Verlust machen, sind nicht öffentlich verfügbar, was eine Bewertung des Fraport-Angebots schwierig macht.

Befürworter betonen dagegen, dass viele der Flughäfen marode seien und dringend Investitionen benötigten, manche hätten aufgrund ihres desolaten Zustandes nur noch wenige Stunden am Tag geöffnet. Fraport hat laut griechischen Angaben zugesagt, über die gesamte Laufzeit rund 1,4 Milliarden Euro in die Infrastruktur zu investieren.

Deutsche Unternehmen sind nicht die einzigen, die gerne in griechische Flughäfen investieren wollen: Der Flughafen auf Kreta beispielsweise ist nicht in dem Paket enthalten. Hier verhandelt die griechische Regierung angeblich mit chinesischen Investoren, die den Flughafen zum Drehkreuz ausbauen könnten. Ähnlich wie der Hafen Piräus, den China als Umschlagplatz nutzt. Auch am Schienennetz Rosco soll China Interesse haben. Gerade in Nordeuropa, den Häfen Hamburg und Rotterdam, wird dieses Engagement aufmerksam beobachtet.

Die Flughäfen sind dabei nur ein kleiner Teil eines riesigen Programms, das innerhalb der kommenden 30 Jahre insgesamt 50 Milliarden Euro einbringen soll. 25 Milliarden soll für die Bankenrekapitalisierung verwendet werden und der Rest zu gleichen Teilen in die Schuldentilgung und in Investitionen fließen.

Eine Liste, die dem Bundestag bei seiner Abstimmung über das Kreditpaket vorlag – in Griechenland bis dahin dagegen nicht veröffentlicht wurde – nennt 23 Projekte, die kurz- und mittelfristig privatisiert werden sollen: Unter anderem das ehemalige Flughafengelände Hellinikon in Athen, Küstenstreifen nahe Athen und auf der Insel Rhodos, der Gasversorger DESFA, die Häfen Piräus und Thessaloniki und die Konzerne Trainose und Rosco (Bahn). Heftige Kritik gibt es an dem weiterhin geplanten Verkauf der Wasserwerke von Thessaloniki und Athen. Angeblich sollte es auf die Übernahme durch einen französischen Wasserkonzern hinauslaufen, dann aber stoppte das griechische Verfassungsgericht den Transfer. Nichtregierungsorganisationen fordern, die öffentliche Grundversorgung von den Privatisierungen auszunehmen.

Um dem Urteil des Gerichts zu entsprechen, wird laut Bundestagsunterlagen erwogen, dass der Staat nun die Mehrheit mit 51 Prozent behalten soll. Im Fall Fraport ist es noch lange nicht klar, ob es wirklich zur Unterschrift kommt. Bisher hat Fraport lediglich die Ausschreibung gewonnen. Die griechische Zeitung „Kathimerini“ berichtete am Mittwoch, Fraport verlange nun von der griechischen Regierung Investitionsgarantien, falls sich die Stimmung im Land doch erneut gegen eine Privatisierung drehe. Dies könnte auch für die Finanzierung des Projekts entscheidend sein. Bei Fraport will man sich zu den Verhandlungen nicht äußern.

Lesen Sie hier das Multimedia-Spezial Europoly des Tagesspiegels zu den Privatisierungen in den Euro-Krisenländern.

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