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Der französische Präsident Emmanuel Macron spricht in einem Flüchtlingszentrum mit einem Geflüchteten.

© AFP

Französischer Präsident in Calais: Macron setzt auf restriktivere Flüchtlingspolitik

Bei einem Besuch in Calais sendet Frankreichs Präsident ein Signal in der Asylfrage. "Die Grenze für die illegale Überschreitung ist geschlossen", sagt er.

Um Calais kommt kein französischer Präsident herum. Die Stadt am Ärmelkanal ist das Symbol für die Flüchtlingspolitik in Frankreich. Emmanuel Macron besuchte Calais am Dienstag, Hintergrund ist ein Gesetzesprojekt, das eine restriktivere Flüchtlingspolitik zum Ziel hat. Macron betonte in einer fast einstündigen Rede gegenüber Einsatzkräften vor Ort: „Die Grenze für die illegale Überschreitung ist geschlossen. Calais ist kein Eingangstor für England. Wir lassen hier keinen Dschungel entstehen.“

Nachdem Polizeieinsätze als brutal kritisiert wurden, rief Macron die Beamten dazu auf, „exemplarisch“ zu sein, die „Humanität“ müsse gewahrt sein. Er betonte in seiner Ansprache auch, dass er auf stärkere Kontrollen an Europas Außengrenzen setze, außerdem müsse es eine bessere Zusammenarbeit, eine „gemeinsame Flüchtlingspolitik“ in Europa geben.

Einst lagerten 7400 Flüchtlinge in Calais und hofften darauf, nach England zu gelangen. Doch vor den Präsidentschaftswahlen ließ Macrons Vorgänger François Hollande im Oktober 2016 den sogenannten „Dschungel“, ein riesiges Zeltlager, abreißen . Mittlerweile befinden sich nur noch rund 400 bis 600 Flüchtlinge in Calais. Die französische Regierung setzt auf Null-Toleranz, damit keine neue Zeltstadt entsteht. Die Überwachung des Eurotunnels und des Hafens ist scharf.

Mit der Verschärfung der Immigrationspolitik antwortet Macron auf eine Stimmung in der Bevölkerung. Das Flüchtlingsthema beschäftigt die Franzosen seit einiger Zeit immer mehr. Eine Umfrage von RTL und Le Figaro ergab, dass der Kampf gegen die illegale Immigration für die Franzosen Priorität hat. 43 Prozent sind dafür, genauso viele wie für die Verstärkung der Antiterrorismus-Gesetze.

Das geplante Immigrationsgesetz erntete bereits heftige Kritik

Innenminister Gérard Collomb gab vor einigen Wochen einige Grundzüge des geplanten Immigrationsgesetzes bekannt und erntete heftige Kritik. Das Projekt, das am 22. Februar im Ministerrat vorgestellt werden soll, gilt vielfach als zu scharf, zwei Menschenrechtsorganisationen verweigerten deshalb ein Treffen mit Macron in Calais. „Uns zu empfangen, ist nur ein Alibi für ein Projekt, das längst feststeht“, sagte François Guennoc von "Auberge des migrants".

Der konservative „Figaro“ fragte sogar: „Ist Macron härter als Nicolas Sarkozy“. Der Ex-Präsident galt in Einwanderungsfragen als unerbittlich. Das Nachrichtenmagazin „L'Obs“ zeigte Macrons Gesicht in Stacheldraht, dazu lautete der Titel: „Willkommen im Land der Menschenrechte.“ In einem offenen Brief in „Le Monde“ kritisierten Intellektuelle und Gewerkschaftler die geplante Einwanderungspolitik, sie sei nicht „humanistisch“, es werden Zelte der Einwanderer zerstört und Decken weggenommen.

Vor allem linke Politiker bemängeln, dass das Gesetz „repressiv“ sein und die Asylrechte einschränke, die Rechte in Frankreich findet es dagegen noch zu lasch, weil zu wenige Illegale abgeschoben werden. Rund 30 Menschenrechtsorganisationen in Frankreich, darunter Ligue des droits de l`Homme, haben es als „unausgewogen“ bezeichnet. Unter anderem sieht das Projekt eine stärkere Überwachung und Registrierung in Aufnahmezentren in Frankreich vor. Wirtschaftsflüchtlinge sollen so schnell wie möglich abgeschoben werden. Deshalb sind zahlreiche der neu eingerichteten Lager in Frankreich nicht voll. Die Flüchtlinge fürchten sich vor der Registrierung, vor allem die, die schon in einem anderen Land als Asylbewerber abgelehnt wurden. Andererseits will Macron die Lage von Asylbewerbern in Frankreich verbessern. Bisher dauerte das Verfahren mit 18 Monaten sehr lange, das soll erheblich verkürzt werden.

2017 wurden in Frankreich 100.412 Asylanträge gestellt

Frankreich hat nach Zahlen des Innenministeriums im vergangenen Jahr 262.000 Aufenthaltserlaubnisse ausgestellt, 13,7 Prozent mehr als im Vorjahr, weil mehr Flüchtlinge ins Land gekommen sind. Allerdings wurden auch mehr Illegale zurückgeschickt, 14.859 Personen, das sind 14,6 Prozent mehr als im Vorjahr. 100.412 Asylanträge wurden 2017 gestellt, 17 Prozent mehr als im Vorjahr, ein historisches Hoch für Frankreich.

Vor dem Hintergrund ist weniger die Integration, sondern die Begrenzung der Immigration Thema, zumal in Frankreichs schwieriger Einwanderungsgeschichte die Integration seit Jahrzehnten nicht wirklich gelungen ist. Während Macron sich im Gegensatz zu seinem sozialistischen Vorgänger Hollande dafür offen zeigt, Flüchtlinge nach Quoten in Europa aufzuteilen, setzt er gleichzeitig auf eine restriktive Politik. Hollande wollte dagegen nur festgelegte Zahl in Frankreich aufnehmen.

Der Präsident hat mit dem Zeitpunkt des Besuches in Calais allerdings noch ein anderes Ziel, als sein Gesetz zu verteidigen. Der Besuch liegt zwei Tage vor dem englisch-französischen Gipfeltreffen bei London. Paris will mehr Geld von London für die Sicherung des Tunnels und wünscht, dass minderjährige Flüchtlinge leichter nach England kommen können.

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