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Die FN-Vorsitzende Marine Le Pen am Sonntagabend in ihrem Wahlkreis in Hénin-Beaumont.

© Francois Lo Presti/AFP

Frankreich: Zerreißprobe beim Front National

Der rechtsextreme Front National wird bei der Parlamentswahl sein Minimalziel - die Bildung einer Fraktion - wohl verfehlen. Jetzt wird Kritik am Kurs der Partei laut.

Als Marine Le Pen am Sonntagabend in ihrem Wahlkreis im Département Pas-de-Calais vor die Kameras trat, zeigte sie sich kampfbereit. Die Chefin des rechtsextremen Front National (FN) beschwor nach der ersten Runde der Parlamentswahl das „beachtliche Stimmenreservoir“, welches der FN bei der zweiten Runde am kommenden Sonntag noch ausschöpfen könne. Es klang ein bisschen wie das Pfeifen im Walde – denn die Schlappe der rechtsextremen Partei bei der Parlamentswahl lässt sich kaum leugnen.

Vier Millionen Wähler gingen von der Fahne

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl hatten im April noch 21,3 Prozent der Wähler dem Front National ihre Stimme gegeben. Im ersten Wahlgang der Parlamentswahl waren es nur noch 13,3 Prozent. Anders gesagt: Dem Front National gingen innerhalb von sieben Wochen mehr als vier Millionen Wähler von der Fahne.

Den Grund dafür lieferte die FN-Vorsitzende Le Pen selbst. Bei der entscheidenden TV-Debatte mit ihrem Konkurrenten Emmanuel Macron, die zwischen den beiden Wahlgängen der Präsidentschaftswahl stattfand, hatte sie sich nicht sonderlich faktensicher gezeigt. Die Fernsehdebatte hatte den Effekt, dass sich Marine Le Pen vor einem Millionenpublikum selbst entzauberte.

FN-Wirtschaftsprogramm erinnert an Linkspolitiker Mélenchon

Hinzu kommt, dass die 48-Jährige im Präsidentschaftswahlkampf bis zuletzt an ihrem Kurs festgehalten hatte, für einen Austritt Frankreichs aus der Euro-Zone und aus der EU zu werben. In der Bevölkerung kam dies allerdings schlecht an. Der Anti-EU-Kurs, der innerhalb der Partei stark umstritten ist, geht auf den Parteivize Florian Philippot zurück. Philippot hatte dem Front National in wirtschaftspolitischen Fragen ein linkes Programm verordnet, das teilweise an die Bewegung „La France insoumise“ („das unbeugsame Frankreich“) des Linkspolitikers Jean-Luc Mélenchon erinnert.

Generalsekretär Bay kritisiert Anti-Euro-Kurs

FN-Generalsekretär Nicolas Bay gab nach der ersten Wahlrunde am Montag in einem Interview mit der Zeitung „Le Parisien“ zu, dass das Ergebnis der Parlamentswahl eine „Enttäuschung“ darstellt. Der Front National müsse sein Programm überdenken, mahnte Bay – eine deutliche Spitze gegen den Linkskurs von Philippot. Dies Forderung eines Euro-Austritts Frankreich habe auf einen Teil der FN-Wähler „abschreckend“ gewirkt, sagte der Generalsekretär weiter.

Vor der Parlamentswahl hatte der FN darauf spekuliert, 45 der 577 Wahlkreise zu erobern. Für den zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag haben sich zwar insgesamt 110 FN-Kandidaten qualifiziert. Aufgrund des Mehrheitswahlrechts kann die Partei nach Berechnungen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos aber höchstens mit zehn Sitzen rechnen. Damit würde der FN sein Minimalziel, die Bildung einer Fraktion, verfehlen – dafür wären mindestens 15 Abgeordnete nötig.

Zu den FN-Abgeordneten, die ins Parlament einziehen werden, wird voraussichtlich Marine Le Pen gehören. Sie landete in ihrem Wahlkreis im Norden Frankreichs in der ersten Runde mit 46 Prozent der Stimmen auf dem ersten Platz. In der Stichwahl tritt sie gegen Anne Roquet an, die Kandidatin der Präsidenten-Partei „La République en Marche“ (LREM).

"Macron auf dem Weg zu einer erdrückenden Mehrheit"

Die LREM kann im zweiten Wahlgang gemeinsam mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem mit einer Mehrheit von über 400 Stimmen rechnen. Zu verdanken hat die Partei dies dem Umstand, dass bei der Wahl in erster Linie die eigenen Anhänger ins Wahllokal gingen. Ob sich das im zweiten Wahlgang ändert, bleibt abzuwarten. „Macron auf dem Weg zu einer erdrückenden Mehrheit“, titelte am Montag die konservative Zeitung „Le Figaro“.

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