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Flüchtlinge auf dem Deck des Rettungsbootes "Golfo Azzurro". Sie wurden im Mittelmeer vor der Küste Libyens gerettet.

© Emilio Morenatti/dpa

Flüchtlinge im Mittelmeer: Ermittlungen gegen Dresdner Seenotretter eingestellt

Ein Schiff war noch nicht mal gekauft, da gab es gegen "Mission Lifeline" schon ein Ermittlungsverfahren. Es erwies sich als unbegründet.

Von Matthias Meisner

Die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer bleibt in Deutschland bis auf weiteres ohne juristische Konsequenzen: Nach nur wenigen Tagen hat die Staatsanwaltschaft Dresden ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Vorstandsmitglieder des Vereins "Mission Lifeline" aus Dresden eingestellt, der Spendengelder für ein Rettungsschiff sammelt.

Andere Verfahren gegen Seenotretter sind bisher in Deutschland nicht bekannt geworden. Eine Sprecherin der Bundespolizei sagte am Dienstag dem Tagesspiegel: "Ein vergleichbares Verfahren wird bei uns nicht geführt." Zuvor hatte bereits ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärt, Ermittlungsverfahren gegen Marinesoldaten der Bundeswehr, die im Rahmen der EU-Operation "Sophia" Menschen aus Seenot retten, seien ebenfalls nicht bekannt.

Vorwurf des Einschleusens von Ausländern

Die Dresdner Ermittlungsbehörde teilte zur Begründung der Einstellung der Ermittlungen mit: "Nachdem die beiden angezeigten Personen erklärt haben, den Termin bei der Bundespolizei nicht wahrzunehmen, der Verein ,Mission Lifeline' noch kein Boot erworben hat und weitere Erkenntnisse im Sinne der Tatbestandserfüllung nicht gewonnen werden konnten, war das Verfahren einzustellen." Eine Strafbarkeit läge nur dann vor, wenn die geplanten Seenotrettungen ohne Einhaltung des Seerechts und ohne Beachtung der Regelungen der zuständigen Behörden - konkret Grenzsschutz, Frontex und Maritime Rescue Coordination Centre (MRCC).

Eine Privatperson hatte bei der Staatsanwaltschaft Dresden eine Strafanzeige gegen den Verein „Mission Lifeline", vertreten durch zwei namentlich benannte Personen, wegen des Verdachts des Einschleusen von Ausländern erstattet. Durch die Aufnahme von Flüchtlingen im Mittelmeer zum Zwecke der Verbringung in einen EU-Staat ohne Einschaltung der zuständigen Behörden könne ein Straftatbestand gemäß Paragraph 96 des Aufenthaltsgesetzes verwirklicht sein.

Verein nennt Anfangsverdacht völlig unbegründet

Der Verein "Mission Lifeline" nannte es am Dienstag "unerfindlich, wie die Staatsanwaltschaft Dresden für die Einleitung der Ermittlungen einen Anfangsverdacht auf Schleuserei zunächst bejahen konnte". Die einschlägige Kommentierung sage klar, dass humanitäre Rettungseinsätze nicht unter den Verbotstatbestand gemäß Paragraph 96 des Aufenthaltsgesetzes fallen würden, sagte ein Sprecher von "Mission Lifeline" dem Tagesspiegel. "Zudem hätte eine einfache Internetrecherche für die Erkenntnis ausgereicht, dass ,Mission Lifeline' noch kein Schiff im Seegebiet vor Lybien im Einsatz hat und die Anlandung von Flüchtlingen nur auf Anweisung der italienischen Behörden stattfindet." Das Ermittlungsverfahren könne demnach "nur mit rechtlicher oder tatsächlicher Ahnungslosigkeit oder politischem Kalkül erklärt werden".

"Mission Lifeline" will im Herbst ein eigenes Schiff zur Seenotrettung ins Mittelmeer entsenden. Von der dafür eingeplanten Spendensumme von knapp 240.000 Euro waren bis Dienstag rund 192.000 Euro beisammen, also etwa 80 Prozent.

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