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Bundeskanzlerin Angela Merkel und die britischen Premierministerin Theresa May auf dem EU-Gipfel.

© rtr/Francois Lenoir

EU-Gipfel: Merkel zeigt May die kalte Schulter

Die Bundeskanzlerin macht ihrer britischen Amtskollegin auf dem EU-Gipfel in Brüssel sehr deutlich: Die Zukunft der EU 27 ist ihr wichtiger als die Brexit-Verhandlungen.

Bei seinem ersten EU-Gipfel hat der neue französische Präsident Emmanuel Macron seine Vorstellung von der EU skizziert. Er wolle „ein Europa, das schützt“, sagte er. Die Bürger sollten sich beschützt fühlen vor dem Terror, vor militärischen Bedrohungen an den Außengrenzen und vor unfairen Geschäftspraktiken von fernen Wirtschaftsmächten. Macron kündigte zudem an, sich in der Europapolitik eng mit Berlin abstimmen zu wollen: „Wir machen das Hand in Hand mit Deutschland.“

Gegen Macron ist der Hausherr des Gipfels, EU-Ratspräsident Donald Tusk, ein echter Routinier. Nach eigenen Angaben ist es der 80. Gipfel für den Polen, den er entweder als Ratspräsident oder als Regierungschef erlebt. Tusk erlaubte sich daher einen Ausflug in die Welt der Utopien. Er hielt es für möglich, dass den Briten die Lust am Brexit noch vergehe, und zitierte John Lennons Lied „Imagine“: „You may say I am a dreamer, but I am not the only one.“ (Deutsch: Du wirst vielleicht sagen, ich sei ein Träumer – ich bin aber nicht der einzige.“)

Merkel und Macron spielen sich ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel bereitete der britischen Premierministerin Theresa May einen deutlich kühleren Empfang. Merkel sagte, „die Zukunftsaufgaben der EU müssen Vorrang haben vor den Verhandlungen mit Großbritannien über den Austritt“. Die Anfang der Woche begonnenen Verhandlungen seien zwar wichtig und sollten in einem „guten Geist“ geführt werden. „Der klare Fokus muss aber auf der Zukunft der 27 Mitgliedstaaten liegen. Hier müssen wir Resultate liefern.“ Merkel griff den Hinweis von Macron zum deutsch-französischen Motor auf: „Die Kreativität und Impulse, die von Frankreich und Deutschland ausgehen, werden Europa gut tun.“

Theresa May wirkt wie ein Fremdkörper auf EU-Gipfeln. Umso mehr, weil sie nach ihrer verheerenden Wahlniederlage um Unterstützung im eigenen Lager bangen muss. May lobte den Auftakt der Brexit-Gespräche als „konstruktiv“. Sie wolle den Kollegen skizzieren, wie sie sich die Rechte der EU-Bürger auf der Insel nach dem Austritt des Landes vorstellen würde. Wie zu hören ist, soll ihr Status quo gewahrt bleiben. May verstand dies offensichtlich als ein großzügiges Angebot, in Brüssel brachen darüber indes keine Jubelstürme aus. „Das ist eine Selbstverständlichkeit“, sagte ein EU-Diplomat.

Verteidigungspolitik und Militärmissionen auf der Agenda

Inhaltlich stand am ersten Tag des Gipfels die Außen- und Sicherheitspolitik im Vordergrund. Der Lissaboner Vertrag sieht vor, dass auch einzelne Mitgliedstaten die Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik vertiefen können. Sie müssen dabei nicht darauf warten, bis alle 28 Mitgliedsländer an einem Strang ziehen. Bis auf Dänemark und Großbritannien wollen nun alle Hauptstädte hier einen Schritt weiter kommen. Sie wollen eine umfassende und ehrgeizige „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ (Pesco) in der Verteidigungspolitik beschließen. Innerhalb von drei Monaten wollen die Mitgliedstaaten dann Kriterien für die Zusammenarbeit aufstellen. Es soll auch recht konkret werden: So sollen die drängendsten militärischen Missionen identifiziert werden. Dafür soll es einen konkreten Zeitplan geben.

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