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Außenminister Gabriel spricht sich bei der Sicherheitskonferenz mit Innenminister de Maiziere und Entwicklungsminister Müller (l.) ab.

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Entwicklung und Militär: Deutschland wirbt für Paradigmenwechsel

Entwicklungsminister Gerd Müller hat ein Anliegen: Neue Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit sollen genauso hoch sein wie für die Verteidigung.

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Ein Entwicklungsminister hat es nicht leicht auf der Sicherheitskonferenz, schon gar nicht ein geschäftsführender. Gerd Müller (CSU), dessen politische Zukunft offen ist, findet, die Sicherheitskonferenz sei immer noch zu viel „Wehrkundetagung“. „Das Thema Afrika wird komplett unterschätzt“, sagt er bei einem Treffen mit Journalisten im Foyer des Hotels Bayerischer Hof. Einen besseren Raum hat die Konferenz nicht für ihn, er muss über das Klappern der Kaffeetassen hinweg reden.

Müller hat ein Anliegen: Er möchte einen „Paradigmenwechsel“ verkünden in der deutschen Außenpolitik – und darauf hinweisen, dass seine (Noch-)Kabinettskollegen Sigmar Gabriel (SPD) und Ursula von der Leyen (CDU) das sicherlich genauso sehen. Zusätzliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit sollen genauso hoch sein wie zusätzliche Mittel für die Verteidigung. Bekommt ein Ressort mehr, bekommt auch das andere mehr. „Die Botschaft, die ich seit vielen Jahren predige, ist angekommen“, sagt Müller unbescheiden. Im Übrigen wolle er gern Minister bleiben und werde kämpfen.

Tatsächlich haben auch Sigmar Gabriel und Ursula von der Leyen auf der Sicherheitskonferenz für die Gleichrangigkeit von Verteidigungspolitik und Krisenprävention geworben. Der Außenminister wies darauf hin, dass der Koalitionsvertrag vorsehe, dass jeder zusätzliche Euro für die Verteidigung auch einen für die Krisenprävention bedeute. Das sei im Rest der Welt eher umgekehrt. Am Freitag hatte Ursula von der Leyen die USA sehr direkt aufgefordert, nicht nur in Verteidigung, sondern auch in Krisenprävention zu investieren. Das müsse auf beiden Seiten des Atlantiks „Leitbild“ werden, sagte sie. Auch Gerd Müller kritisierte die USA. Er habe gerade auf der Geberkonferenz für den Irak feststellen können, wie wenig die Amerikaner bereit seien, in zivile Projekte zu investieren.

Um das neue Leitbild umzusetzen, wird die Bundesregierung wohl nachsteuern

Um einen starken Anteil der Entwicklungsausgaben vorweisen zu können, muss eine mögliche neue Bundesregierung aber offenbar noch etwas nachjustieren, wie in Gesprächen am Rande der Sicherheitskonferenz deutlich wurde. Im Entwicklungsbereich laufen zahlreiche Projekte aus, entsprechende würden die Mittel wegfallen. Die ODA-Quote, der Anteil der Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit gemessen am Bruttoinlandseinkommens, würde sogar leicht sinken. Auch gäbe es ein stärkeres Ungleichgewicht zwischen Verteidigungs- und Entwicklungsministerium.

Da Mitglieder der Bundesregierung nun aber so lautstark ein neues Leitbild verkündet haben, wird wohl nachgesteuert – das ließen die Verantwortlichen in München durchblicken. Allein um die aktuelle Quote von 0,52 Prozent zu halten, müssen mehrere Milliarden im Entwicklungsetat nachinvestiert werden, hieß es. Bleibt es bei dem Prinzip, dass ein Euro für das eine auch einen Euro für das andere Ministerium bedeutet, dürfte sich auch Ursula von der Leyen auf weitere Milliarden freuen, ohne dass ihr Ressort aktiv um weitere Mittel bitten müsste. Von den seit Jahren versprochenen 0,7 Prozent, die auch wieder im Koalitionsvertrag stehen, ist Deutschland allerdings dennoch weit entfernt. „Paradigmenwechsel“ ist also ein ziemlich großes Wort.

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