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Dogan Akhanli, deutscher Schriftsteller mit türkischen Wurzeln.

© AFP

Dogan Akhanli: Seine Bücher thematisieren den Völkermord an den Armeniern

Der Autor Dogan Akhanli hat zahlreiche Bücher über sein Herkunftsland verfasst. Warum er von Erdogans Regime verfolgt wird.

Als Dogan Akhanli im Sommer 2010 seinen im Sterben liegenden Vater besuchen wollte und bei der Einreise in der Türkei festgenommen wurde, warf man ihm vor, Mitglied einer Terrororganisation zu sein und als solches den Namen Dogan K. zu tragen. Wie Josef K. in Kafkas „Prozess“-Roman habe er sich die vier Monate im Gefängnis gefühlt, sagte Akhanli danach in Interviews, nicht zuletzt in dem Wissen, dass es sein Einsatz für die Aussöhnung von Türken, Kurden und Armeniern und vor allem seine Schriften und Bücher sind, die den türkischen Behörden missfallen und ihn zu einem verfolgten Autor machen.

Ende der neunziger Jahre erschien von Akhanli eine Trilogie, deren letzter, 2007 auch ins Deutsche übersetzter Teil „Die Richter des jüngsten Gerichts“ sich mit dem Völkermord der Türken 1915 an den Armeniern beschäftigt. Akhanli erzählt darin auf mehreren Ebenen zudem die Vorgeschichte dieses Genozids, von Massakern, die es schon 1895/96 gegeben hat, überdies von der Leugnung und Verdrängung der Ereignisse in der jüngeren türkischen Geschichte. Auch in seinem 2012 in Berlin im Theater unterm Dach und in Köln uraufgeführten Stück „Annes Schweigen“ ist der Völkermord an den Armeniern Thema. Darin entdeckt die in Deutschland aufgewachsene und sehr national eingestellte junge Türkin Sabhiba nach dem Tod ihrer Mutter, dass diese einen armenischen Hintergrund hatte.

Historische Stoffe

Immer wieder setzt sich der 1957 geborene deutsch-türkische Schriftsteller mit historischen Stoffen auseinander. In dem 2005 erschienenen Roman „Madonna’nin Son Hayali“ behandelt er den Fall eines Schiffes mit 769 jüdischen Flüchtlingen an Bord, das 1942 im Schwarzen Meer versenkt wurde. Und in „Fasil“, einem 2010 in der Türkei veröffentlichten Roman, geht es um das späte Zusammentreffen eines Folteropfers zur Zeit der türkischen Militärdiktatur mit seinem Peiniger.

Auf Deutsch erschien von Akhanli zuletzt im Klagenfurter Kitab Verlag der Roman „Tage ohne Vater“, der einen erkennbar autobiografischen Hintergrund hat. Sein Held ist der Musiker Mehmet Nazim, der in den neunziger Jahren die Türkei verlassen muss und nach Köln flieht, ins politische Asyl. Seine Kindheit in einem kleinen türkischen Dorf und die Erinnerungen an den Vater, einen genialischen Mathematiker, lassen ihn nicht los, auch die politischen Kämpfe in der Türkei in den siebziger Jahren nicht. Und einmal sagt Nazim: „Ich werde in die Türkei zurückkehren, (...), es gibt kein Verfahren gegen mich. Und wenn doch, weiß ich, dass ich die Konsequenzen auf mich nehmen kann.“

Dass nicht nur die Türkei der Gegenwart ein unsicherer Ort für ihn ist, hat Akhanli nun gerade wieder am eigenen Leib erfahren müssen.

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