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Andrea Nahles, Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

© Mike Wolff

Diskussion über große Koalition: Nahles: Neuwahlen sind nicht vom Tisch

Große Koalition? Es fehlt an Vertrauen. Minderheitsregierung? Von zweifelhaftem Sinn. Neuwahlen? Nicht ausgeschlossen. Die SPD-Fraktionschefin sagt, ihre Partei ist auf alles vorbereitet.

Von Michael Schmidt

Große Koalition, Tolerierung, Neuwahlen: Die SPD hält sich alle Optionen offen – Fraktionschefin Andrea Nahles allerdings hat erstmals erhebliche Zweifel am Modell einer Minderheitsregierung geäußert. Sie könne sich zwar durchaus vorstellen, dass die Wähler für eine Übergangszeit eine solche Lösung akzeptieren würden – „aber ob es unser Land wirklich voran bringt, bezweifle ich“, sagte Nahles wenige Tage vor dem SPD-Bundesparteitag in Berlin.

Zugleich widersprach die 47-Jährige dem Eindruck, eine Wiederauflage der großen Koalition sei bereits ausgemachte Sache nach dem Gespräch der Parteichefs von CDU, CSU und SPD bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag. „Das ist wirklich falsch“, betonte Nahles. In der Parteiführung prallten die gleichen Argumente aufeinander, die auch an der Basis diskutiert werden. Auch Neuwahlen seien deshalb nicht ausgeschlossen. Die SPD strebe sie nicht an, sei aber vorbereitet, wenn es dazu komme: „Diese Option ist ja nicht vom Tisch.“

Die Debatte über das weitere Vorgehen wird von Donnerstag an den Parteitag bestimmen. Sollte es am Ende grünes Licht für Gespräche mit der Union geben, gehe sie da „sehr offen rein, aber auch sehr kritisch und aufmerksam“, sagte Nahles. Um das gegenseitige Vertrauen der Gesprächspartner sei es nicht gut bestellt. „Angela Merkel hat die SPD noch Anfang Oktober auf absehbare Zeit für nicht regierungsfähig erklärt. Das war nicht in Ordnung“, sagte Nahles und erinnerte auch an den Alleingang von Agrarminister Christian Schmidt (CSU) bei der Glyphosat-Zulassung: „Ein schwerer Vertrauensbruch“.

Nahles fordert mehr Selbstbewusstsein von ihrer Partei

Mit Blick auf etwaige weitere Gespräche mit der Union ruft Nahles ihre Partei zu einer optimistischen Grundhaltung auf. Verzagtheit könne sich die SPD nicht leisten: „Es geht jetzt darum, selbstbewusst alle Möglichkeiten für eine stabile Regierung zu prüfen.“ Nur mit einer klaren Haltung könne die Sozialdemokratie auch in einer möglichen großen Koalition Profil gewinnen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil appellierte unterdessen an die sozialdemokratischen Delegierten, Verhandlungen mit der Union im Bund zuzustimmen. „Ich wünschte mir ein Verhandlungsmandat für die Parteispitze. Es kann der SPD nicht egal sein, ob die Regierungsbildung gelingt oder scheitert“, sagte Weil der Funke-Mediengruppe. Er hatte der SPD in Hannover die Macht gerettet und führt nun selbst eine große Koalition.

Vor dem Parteitag gibt es an der Basis erhebliche Skepsis gegen den Kursschwenk von Parteichef Martin Schulz. Dieser hatte nach der Wahlschlappe im September den Gang in die Opposition angekündigt. Nach dem Scheitern der Koalitionsbildung von Union, FDP und Grünen und unter dem Druck von Bundespräsident Steinmeier hatte er sich aber zu ergebnisoffenen Gesprächen über eine Regierungsbildung mit der Union bereiterklärt. In der SPD sind unter anderem die Jungsozialisten entschieden gegen eine GroKo.

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