zum Hauptinhalt
Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, steht am 20.11.2017 in Berlin neben Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, vor Beginn der Sitzung des Grünen-Parteirates. Die FDP hatte die Jamaika-Sondierungsgespräche zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer Regierung abgebrochen. Foto: Michael Kappeler/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

© dpa

Die Grünen geben noch nicht auf: „Wir werden gesprächsbereit bleiben“

Die Grünen sind zusammengerückt in den Verhandlungen – und stehen weiter bereit, sagt ihre Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt.

Katrin Göring-Eckardt kann die mahnenden Worte des Bundespräsidenten noch gar nicht gehört haben, als sie am Mittag in der Bundesgeschäftsstelle vor die Presse tritt. Doch die Grünen-Fraktionschefin bleibt auch so bei dem, was ihre Partei in den letzten Wochen wie ein Mantra vor sich hergetragen hat: „Wir werden gesprächsbereit bleiben“, sagt sie. In den letzten Wochen hatte die Grünen-Verhandler manchmal der Verdacht beschlichen, FDP-Chef Christian Lindner wolle sie so lange provozieren, bis sie von sich aus den Tisch verließen. Doch die Grünen blieben, sie verhandelten einfach immer weiter.

Dabei war ihnen von Anfang an klar gewesen, wie schwierig Jamaika für sie werden würde. Im Laufe der Verhandlungen wurde immer wieder offensichtlich, wie groß die Differenzen zu Union und FDP bei vielen Themen sind – nicht nur beim Klimaschutz und der Flüchtlingspolitik. Und doch zeigten die grünen Verhandler sich immer wieder kompromissbereit. „Wir sind aus Verantwortung für unser Land an die Schmerzgrenze gegangen, für manche von uns auch darüber hinaus“, sagt Parteichef Cem Özdemir, der mit Göring-Eckardt das Team der Grünen geleitet hat. Aber: „Diese Bereitschaft beruhte nicht auf Gegenseitigkeit.“

Die Grünen hatten bis zuletzt versucht, auch in der umstrittenen und symbolisch aufgeladenen Asylpolitik Bewegung in die Verhandlungen zu bringen. Sie hatten sogar angeboten, einen Rahmen von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr zu akzeptieren. Doch bei der FDP habe es am Wochenende „offensichtlich die Suche nach einer Exit-Strategie“ gegeben, sagt Özdemir. Immer wenn es von Unions-Seite Versuche gegeben habe, eine Einigung zu finden, sei das von den FDP-Verhandlungsführern sofort unterbunden worden. Diese hätten angekündigt, dann wieder die Ursprungsposition übernehmen zu wollen, berichtet der Parteichef.

Habeck: Manche in CSU und FDP wollten Jamaika nicht

Der Schleswig-Holsteiner Robert Habeck findet allerdings nicht nur die Rolle der FDP problematisch. In Kiel regiert er seit einiger Zeit erfolgreich in einer Jamaika-Koalition, im Bund musste er erleben, wie viel schwieriger ein solches Bündnis dort ist. In den Gesprächen habe man gemerkt, dass es Kräfte in der FDP und der CSU gebe, die eigentlich Jamaika nicht wollten – „zumindest nicht zu dem Preis, etwas geben zu müssen“.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist es angesichts des Pakets, das am Ende auf dem Tisch gelegen habe, „ein Rätsel“, warum die FDP die Verhandlungen abgebrochen habe. „Die FDP hätte den Abbau des Solidaritätszuschlags bekommen. In dieser Legislatur wären 75 Prozent der Zahler entlastet worden, alle anderen dann in der nächsten Legislaturperiode“, sagte Hofreiter dem Tagesspiegel. Beim Thema Flucht, Asyl und Migration habe man „kurz vor einem bedeutenden Kompromiss“ gestanden, „von Claudia Roth bis Alexander Dobrindt“. Je näher eine Einigung gerückt sei, desto nervöser sei FDP-Chef Lindner geworden. „Irgendwann sind sie dann einfach rausgelaufen“, sagt Hofreiter.

Der linksgrüne Flügelmann findet das bedauerlich. In einer Gesellschaft, die beim Thema Migration so gespalten sei, hätte ein solcher Kompromiss „versöhnend“ wirken können, glaubt er. In den harten Verhandlungen hätte „durchaus ein vernünftiges Ergebnis“ rauskommen können: etwa der Ausstieg aus der Kohle, ein Stopp von Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien – aber auch das Ende der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, wofür die Grünen gemeinsam mit der FDP gekämpft hatten.

Hofreiter: Es lag ein „durchaus ein vernünftiges Ergebnis“ vor

Der Schuldige am Scheitern der Sondierungsgespräche ist für die Grünen also identifiziert, doch wie geht es nun parteiintern weiter? Am Samstag treffen sich die Grünen zum Parteitag in Berlin. Eigentlich wollten sie hier über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen beraten. Doch nun werden sie stattdessen über den Verlauf der Sondierungsgespräche reden und darüber, wie es in den nächsten Monaten weiter gehen soll.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Strittige Debatten angesichts der Kompromissbereitschaft der Grünen-Verhandler sind zwar durchaus zu erwarten, aber mit einem Aufstand der Basis rechnet im Moment keiner. „Ich glaube, dass es auch Grüne gibt, die unsere Kompromisse schwierig fanden“, sagt Hofreiter. Vielen sei aber bewusst, dass man unterscheiden müsse zwischen der grünen Position und einem Kompromiss, den man in einer Koalition eingehen müsse. „Niemand hat erwartet, dass wir unser Wahlprogramm eins zu eins umsetzen.“

Hilfreich könnte außerdem sein, dass das Grünen-Verhandlungsteam in den letzten Wochen sehr geschlossen auftrat. „Die Partei hat ein Zentrum gefunden“, sagt der Kieler Umweltminister Habeck. Es seien Gräben überwunden worden, und womöglich auch „biographische Wunden“ geheilt worden, sagte er mit Blick auf erbitterte Flügelstreitigkeiten der Vergangenheit.

Zur Startseite