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Die Ruine eines DDR-Plattenbaus in dem Dorf Wittenborn im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

© dpa/Stefan Sauer

Deutsche Einheit: Was Ost von West unterscheidet - eine Aufzählung

Seit 27 Jahren ist Deutschland wiedervereinigt. Ist das messbar? Zahlen und Fakten zum Unterschied zwischen Ost und West.

Zum Wohlsein

Der Osten ist häufiger gesundheitlich angeschlagen. Der Krankenstand lag hier 2016 bei 4,9 Prozent, die westlichen Bundesländer landeten 1,1 Prozentpunkte darunter. Negativer Spitzenreiter in der Statistik ist Sachsen-Anhalt mit 5,1 Prozent, am anderen Ende liegt Baden-Württemberg mit 3,3 Prozent.

Schrumpfen

Die Bevölkerung im Osten schrumpft. 1990 lebten hier 14,8 Millionen Menschen, 2015 waren es noch 12,6 Millionen. Sachsen-Anhalt verlor am meisten - ein Minus von 22 Prozent. Im gleichen Zeitraum wuchs die Bevölkerung im Westen um sieben Prozent.

Eher Geschlecht als recht

Der Westen kann viel vom Osten lernen, was eine gerechte Bezahlung von Männern und Frauen angeht. Der sogenannte Gender Pay Gap liegt im Westen noch immer bei 23 Prozent, wenn man die verschiedenen Lebensumstände von Frauen und Männern außen vorlässt, also etwa Mutterschutz, Elternzeit, Teilzeit und so weiter. Im Osten geht es sehr viel fairer zu. Hier liegt die Kluft bei sieben Prozent.

Alte Bundesländer

Der Osten altert schneller als der Westen. Sehr viel schneller. Insbesondere die Erwerbstätigen zwischen 20 und 65 Jahren werden beständig weniger. Bis 2030 52 Prozent statt bisher 59 Prozent. Schon heute ist beinahe jeder vierte Ostdeutsche älter als 65, 2030 wird es knapp jeder Dritte sein. Im Westen wird dieses Niveau erst etwa 30 Jahre später erreicht sein.

Bleibende Barriere

Hier hat es der Osten doppelt schwer: Mit der alternden Gesellschaft wächst der Bedarf an altersgerechten Wohnungen. Die sind im Osten noch schwieriger zu finden als im Westen. Im Osten liegt die Zahl bei 4,4 Prozent, im Westen immerhin bei 9,3 Prozent.

Ausländeranteil

Der Anteil der Ausländer lag 2015 im Westen mit rund zwölf Prozent mehr als dreimal so hoch wie im Osten, wo gerade einmal vier Prozent der Bewohner Ausländer sind.

Heiraten

Bei Familien mit Kindern ist die Ehe nach wie vor in der gesamten Bundesrepublik die am weitesten verbreitete Lebensform, im Westen mit fast 74 Prozent allerdings deutlich ausgeprägter als im Osten mit knapp 52 Prozent.

Auf eigene Faust

Die Zahl der Alleinerziehenden ist im Osten (25,7 Prozent) deutlich höher als im Westen (18,4 Prozent). Das geht aus einem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes von 2016 hervor.

Behütet

In Ostdeutschland werden Kinder unter drei Jahren eindeutig häufiger betreut als im Westen. Im März 2016 lag die Quote derer, die eine Kita besuchen, in den alten Bundesländern bei 28,1 Prozent, in den neuen Bundesländern dagegen bei 51,8 Prozent.

Fleischeslust und gescheiterte Ehen

Ein Hochzeitspaar in Steinhöfel, Brandenburg. Im Osten hielten 2008 gut 80 Prozent der Ehen. (Archiv)
Ein Hochzeitspaar in Steinhöfel, Brandenburg. Im Osten hielten 2008 gut 80 Prozent der Ehen. (Archiv)

© dpa/Patrick Pleul

Fleischeslust I

Es geht eben um die Wurst. Und da hätte im Osten knapp jeder Dritte gern, dass drin ist, was draufsteht. Angebote wie „Veganes Schnitzel“ und „vegane Currywurst“ führten in die Irre und sollten deshalb in Schulkantinen verboten werden, sagen 31 Prozent der Ostdeutschen. Im Westen sieht das nicht einmal jeder Vierte so.

Fleischeslust II

Im Osten ist der Badeanzug die bevorzuge Bademode. 52 Prozent der Ostdeutschen liegen am liebsten in dem klassischen Einteiler an Müritz, Ost- und Müggelsee. Im Westen sagen das nur 43 Prozent. Überraschung: Die kürzlich noch von Gregor Gysi zitierte Freikörperkultur ist einer Emnid-Umfrage zufolge ein rein westdeutsches Phänomen. Dort gaben zwei Prozent der Befragten an, am liebsten nackt zu baden. Im Osten: Null. Einigkeit herrscht hingegen bei sieben Prozent der Befragten in Ost und West. Sie gaben an, nie baden zu gehen.

Ewige Einheit

Ehen werden im Westen häufiger geschieden. 2008 war beinahe jeder vierte Bund fürs Leben dann doch keiner, im Osten scheiterte knapp jeder fünfte. Doch die neuen Bundesländer holen auf. Schon 2008 lagen beide nur 4,7 Prozentpunkte auseinander, 1991 lag der Westen noch 14,3 Punkte vorn.

Milchmädchenrechnung

Ostdeutsche Kühe geben mehr Milch. Durchschnittlich erbrachte eine Kuh hier im Jahr 2016 eine Milchleistung von 9278 Kilogramm. Ihr weniger produktives Pendant im Westen der Republik kam laut Statistischem Bundesamt gerade einmal auf 7414 Kilogramm Milch pro Jahr.

Ost, du Fröhliche

21 Euro – dafür bekommt man die komplette "Harry Potter"-Reihe auf DVD, zweimal die Bibel in der Einheitsübersetzung oder dreimal das Kartenspiel „Uno“. Genau so viel planten die Ostdeutschen 2016, mehr für Weihnachtsgeschenke auszugeben als der Westen. In den neuen Ländern konnten sich die Lieben auf Präsente im Wert von 285 Euro freuen, im Westen planten die Schenkenden, bloß 264 Euro auszugeben. Ob es stattdessen mehr Selbstgebasteltes geben sollte, wurde nicht abgefragt.

Westliche Versuchung

Beinahe jeder vierte Westdeutsche griff 2016 täglich zu Schokoriegel, Bonbon und Co. Die Bürger im Osten waren dagegen deutlich disziplinierter. Dort griffen nur elf Prozent der Befragten Tag für Tag zu Süßwaren.

Letzter Wille

Nach ihrem Tod würden sich 33 Prozent der Westdeutschen am liebsten in einem Sarg auf dem Friedhof bestatten lassen. In Ostdeutschland bevorzugen bloß zwölf Prozent der Befragten die Form der letzten Ruhe. Wesentlich populärer ist hier die Urnenbestattung. Auf einem Friedhof wünschen sich das laut einer Emnid-Umfrage 23 Prozent der Befragten, 22 Prozent würden sich, lässt man gesetzliche Vorschriften außer Acht, am liebsten in einer Urne im eigenen Garten beisetzen lassen. Im Westen wünschen sich das lediglich sechs Prozent der Befragten.

Dickes Ding

52,4 Prozent aller Deutschen sind zu dick. Als übergewichtig gilt, wer einen Body-Mass-Index (BMI) von 25 oder höher hat. Das daran gemessen dünnste Bundesland der Republik ist Hamburg, dort liegen nur gut 47 Prozent der Menschen über dem kritischen Wert. Auffallend: Lässt man Berlin außen vor, liegen laut Statistischem Bundesamt auf den Plätzen 1 bis 5 Mecklenburg-Vorpommern mit fast 60 Prozent, gefolgt von Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Sachsen – also alle neuen Bundesländer.

Demokratieverständnis

Nur 46 Prozent der Ostdeutschen sind mit der Demokratie zufrieden oder sehr zufrieden. In Westdeutschland liegt die Zustimmung mit 62 Prozent deutlich höher. Hier gaben neun Prozent der Befragten im Deutschlandtrend von Oktober 2016 an, gar nicht zufrieden mit der Demokratie zu sein, im Osten sagten das zwölf Prozent.

Schwerwiegende Entscheidung

Beim zutiefst persönlichen Thema Schwangerschaftsabbrüche ist der Westen konservativer als der Osten. In den neuen Bundesländern befürworten 68,4 Prozent der Befragten laut einer Allbus-Umfrage von 2012, dass eine Frau abtreiben können soll, wenn sie zwar verheiratet ist, aber kein weiteres Kind mehr wünscht. Im Westen stimmten dem nur 44,4 Prozent der Befragten zu. Deutlich größer ist die Akzeptanz von Schwangerschaftsabbrüchen nach einer Vergewaltigung. In Ostdeutschland sprechen sich 95,6 Prozent für die Möglichkeit aus, im Westen bloß 88,5 Prozent.

Im Wunderland

Der Einfluss der Kirchen ist offensichtlich im Westen weiterhin deutlich größer als im Osten. In den alten Ländern glauben einer Allbus-Umfrage von 2012 zufolge 54,7 Prozent an Wunder. Im Osten betrachtet man das nüchterner, hier halten nur 39,9 Prozent das eigentlich Unmögliche für möglich. 10,8 der Ostdeutschen glauben an die Hölle, im Westen fürchten 26,0 die Existenz eines solchen Ortes.

Schöner Wohnen

Der Osten steht leer, jedenfalls leerer als der Westen. Nur Berlin ist die große Ausnahme. Ansonsten unterscheidet sich der Mietmarkt in beiden Landesteilen deutlich. Beim letzten Zensus 2011 wurde für den Osten - ohne Berlin - ein Leerstand von 8,1 Prozent festgestellt, im Westen lag die Quote bei 3,8 Prozent. Bis 2015 stieg die Zahl im Osten bereits um einen Prozentpunkt, bis 2030 werde sie sich voraussichtlich verdoppeln, prognostiziert der Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2017.

Kopflos

Der Westen regiert in den Ministerien. In 11 von 14 Bundesministerien gibt es nach Recherchen der „Mitteldeutschen Zeitung“ keinen einzigen Abteilungsleiter aus Ostdeutschland. In den anderen drei Ministerien waren es vier von 17 Abteilungsleitern. Das macht einen Anteil von vier Prozent, während der Anteil der Ostdeutschen an der Gesamtbevölkerung 17 Prozent beträgt. 

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