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Präsident Trumps Gesundheitsminister Tom Price (rechts) sagt unverblümt: Es geht nur noch darum, "den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden".

© Carlos Barria / Reuters

Der US-Senat und die Gesundheitsreform: Abstimmen, bis eine Variante klappt

Verzweifelt suchen die Republikaner nach einem Erfolg. Um Kosten und um die Bürger geht es nicht mehr, nur um "den kleinsten gemeinsamen Nenner". Eine Analyse.

US-Gesundheitsminister Tom Price spricht mit entwaffnender Offenheit über die Strategie der Republikaner zur Korrektur der Gesundheitsreform: Es gehe nur noch darum, „den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden“. Vorbei ist es mit dem Anschein, die Konservativen wollten eine bessere Gesundheitsversorgung zu einem niedrigeren Preis, wie sie das im Wahlkampf vorgetragen hatten. Damals hieß es, „Obamacare“ funktioniere nicht und habe die Versicherungsprämien drastisch steigen lassen.

Zeitdruck vor der Sommerpause

Je näher der Beginn der parlamentarischen Sommerpause an diesem Wochenende rückt, desto größer wird der Zeitdruck. Die Republikaner brauchen irgendeinen Abstimmungserfolg – egal, was der Inhalt ist und ob er den Bürgern nutzt oder schadet. In der Nacht zu Mittwoch waren sie mit einem umfassenden Reformansatz im Senat gescheitert; und in der Nacht zu Donnerstag mit dem Versuch, „Obamacare“ abzuschaffen, ohne eine andere Regelung an die Stelle zu setzen.

Nun wollen sie noch vor dem Wochenende über eine abgespeckte Reformvariante abstimmenSpitzname: „Skinny Obamacare Repeal“ – nach der Devise: Wir versuchen es so lange, bis irgendetwas die nötige Mehrheit findet.

Sie wollten die Kosten senken. Die neue Variante würde sie erhöhen

Diese jüngste Variante hätte zur Folge, dass 15 Millionen Bürger ihre Absicherung verlieren, und beinhaltet zugleich das Risiko, dass die Prämien um 20 Prozent steigen. Im Kern geht es den Republikanern darum, die Versicherungspflicht abzuschaffen, die unter Barack Obama eingeführt worden war. Für sie ist es eine Freiheitsfrage, ob der Staat das vorschreiben darf oder Bürger frei entscheiden, ob sie sich versichern möchten. Und ob Firmen ihren Mitarbeitern die Krankenversicherung im Arbeitsvertrag anbieten.

Die Prämien für die Versicherten würden dann steigen, so die Prognosen, weil Bürger, die jung sind und sich gesund fühlen, keine Versicherung abschließen, sondern damit warten, bis ihr Krankheitsrisiko steigt. Für die Versicherer würde sich die Mischung aus „guten Risiken“ und „schlechten Risiken“ verschieben. Sie würden die Prämien erhöhen.

"Obamacare" ist zu populär, um es abzuschaffen

In Wahrheit zeigen die Abstimmungsmisserfolge der vergangenen Tage im Senat, wie gering die Einigkeit in der Republikanischen Partei über die Ziele ist. Als politische Waffe im Wahlkampf war das Versprechen willkommen, „Obamacare“ abzuschaffen. Doch sobald es um die Details geht, wächst die Angst vor negativen Reaktionen der Wähler. Trotz all der schlechten Worte über „Obamacare“ ist allgemein bekannt, dass viele Elemente der Reform von 2010 populär sind. Es gibt keine Obergrenze der Kostenerstattung pro Leben mehr. Niemandem darf die Versicherung mehr verweigert werden, weil Vorerkrankungen bekannt sind. Eltern können Kinder in Ausbildung bis 26 Jahre mitversichern.

Der konservative Flügel der Republikaner findet die ganze Richtung falsch und will „Obamacare“ ersatzlos abschaffen. Der moderate Flügel möchte eine Nachbesserung, bei der die inzwischen offenkundigen handwerklichen Fehler der Obama-Reform behoben werden, im Idealfall gemeinsam mit Senatoren und Abgeordneten als überparteiliches Projekt.

In der selbst gestellten Falle der Abstimmungstricks

Fürs Erste stecken die Republikaner im Kongress in einer selbst gebauten Falle. Weil sie wussten, wie schwer es wird, die Stimmen für ein neues Gesetz zusammenzubekommen, nutzen sie Geschäftsordnungstricks, die nur für Budgetfragen zulässig sind und bei denen 50 statt der sonst nötigen 60 Stimmen im Senat reichen. Sie haben 52 Senatoren, aber nicht alle stimmen wie erhofft. Der gewählte Weg hat zwei Nachteile. Die Korrektur der Gesundheitsreform darf nur Budgetrelevantes enthalten, nicht aber politische Ziele ändern. Und wenn bis Ende des Budgetjahres am 30. September nichts beschlossen ist, beginnt alles von vorn. Schon spekulieren manche, für den Kongress werde die Sommerpause ausfallen.

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