zum Hauptinhalt
Damit Schulen nicht als Militärbasis oder Waffenlager genutzt werden, soll Ende Mai die „Save Schools Declaration“ unterzeichnet werden.

© Thomas Mukoya/Reuters

Deklaration zum Schutz von Schulen: Menschenrechtler empört über Deutschland

Die Bundesrepublik will eine internationale Erklärung zum Schutz von Schulen in Konfliktgebieten nicht unterzeichnen – und tut sich schwer mit einer Begründung. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezichtigt Deutschland der Blockade.

Menschenrechtler erheben schwere Vorwürfe gegen Deutschland. Ende Mai soll in Oslo eine Deklaration zum Schutz von Schulen in bewaffneten Konflikten verabschiedet werden. Deutschland will sie nach jetzigem Stand nicht unterzeichnen. Doch das ist nicht alles. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft Berlin vor, bei den Vereinten Nationen Stimmung gegen die Erklärung zu machen. „Deutschland versucht, den Prozess zu blockieren“, sagt Bede Sheppard, stellvertretender Direktor für Kinderrechte bei Human Rights Watch.

Schulen sollen vor militärischen Missbrauch geschützt werden

In der völkerrechtlich nicht bindenden Erklärung wird die Nutzung von Schulen und Universitäten als Militärbasen oder Waffendepots in bewaffneten Konflikten verurteilt. Die Gründe liegen auf der Hand: Schulen werden damit zu militärischen Zielen, die Schüler zu menschlichen Schutzschilden. Selbst wenn Schüler oder Studenten die Gebäude während eines Konflikts verlassen, hat die Übernahme durch das Militär für sie erhebliche negative Auswirkungen – der Schulbetrieb wird lahmgelegt, bei einer Zerstörung der Schule möglicherweise auf lange Sicht. „Es ist für uns unverständlich, warum Deutschland dies nicht unterstützt“, sagt Sheppard. Das Auswärtige Amt in Berlin tut sich mit einer Begründung offensichtlich schwer. Dort heißt es ganz allgemein: „Deutschland setzt sich seit Jahren aktiv für den Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten ein“. An den Verhandlungen über die „Safe Schools Declaration“ arbeite Deutschland ebenfalls mit. Allerdings war Deutschland neben Kolumbien das einzige Land, das den Vorschlag für die Erklärung abgelehnt hat.

Berlin kritisiert vor allem die sogenannten Leitlinien zum Schutz von Schulen und Universitäten, die die „Save Schools Declaration“ ergänzen. Sie wurden von verschiedenen UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen erarbeitet, darunter auch Human Rights Watch. In einer Stellungnahme Deutschlands dazu, die dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es unter anderem, die Leitlinien seien „motiviert von der Absicht, das Ermessen militärischer Befehlshaber einzuschränken, was im geltenden Recht nicht verankert ist“. Dazu sagt Human- Rights-Experte Sheppard: „Es ist wirklich schockierend, dass sich Deutschland dafür starkmacht, militärischen Kommandeuren die Möglichkeit zu geben, Schulen für ihre Zwecke zu missbrauchen, statt sich für das Recht von Kindern einzusetzen, in diesen Schulen unterrichtet zu werden“.

Deutschland hat einen eigenen Deklarationsentwurf

Das Ministerium reagierte zunächst nicht auf den Vorwurf. Stattdessen heißt es dort: „Die Bundesregierung setzt sich für die konsequente Umsetzung des geltenden Völkerrechts ein, welches zivile Objekte – darunter auch Schulen – vor der Zerstörung oder Beschädigung in bewaffneten Konflikten zu schützen sucht“. Das Amt verweist auch auf die Federführung Deutschlands bei der Verabschiedung der UN-Resolution 1898 zum Schutz von Schulen und Krankenhäusern im Jahr 2011. Danach werden Kriegsparteien, die Schulen angreifen, auf eine Schwarze Liste gesetzt. Deutschland habe damit einen wichtigen Prozess angestoßen, lobt auch Sheppard. „Aber gerade deshalb ist die jetzige Reaktion unakzeptabel.“ Eine weitere UN-Resolution (2143) bekräftigte im vergangenen Jahr die Ziele der deutschen Initiative und problematisiert auch die militärische Nutzung von Schulen. „Darin werden ausdrücklich konkrete Maßnahmen gegen einen solchen Missbrauch gefordert. Und in diesem Sinne verstehen wir die Erklärung und besonders die Leitlinien“, sagt Sheppard. Staaten, die die Erklärung unterzeichneten, verpflichteten sich schließlich, die Leitlinien umzusetzen. Auch das Internationale Rote Kreuz unterstütze die Leitlinien, ergänzt er. Dennoch hat Deutschland einen eigenen Deklarationsentwurf aufgesetzt für den es nun wirbt. Hauptunterschied: Die acht konkreten Verpflichtungserklärungen aus dem Original sind darin nicht mehr enthalten – die Umsetzung der Leitlinien etwa, aber auch Angriffe auf Schulen zu untersuchen, zu dokumentieren und zu kriminalisieren.

Zur Startseite