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Weiß-blauer Protest: Demonstrantinnen gegen die CSU vor einer Woche.

© dpa

CSU-Amigo-Affäre: Nicht alle wollen Geld zurückzahlen

Während Ministerpräsident Seehofer auf ein rasches Ende der CSU-Affäre hofft, prüft nun auch Bayerns Rechnungshof, wer alles im Landtag Verwandte beschäftigt hat. Dabei ist die Rückzahlungsmoral der betroffenen Mitglieder höchst unterschiedlich.

Geht es nach Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), dann ist die Affäre um die Beschäftigung von Ehefrauen und anderen Verwandten in den Reihen seines Kabinetts beendet. Bis zum Sommer könnte das Thema weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden sein und würde die CSU im Wahlkampf womöglich nicht mehr sehr beschädigen. Am 15. September wird der neue bayerische Landtag gewählt, eine Woche darauf der Bundestag. Seehofer pocht darauf, dass die aus der Staatskasse geflossenen Gelder von den Ministern und Staatssekretären zurückgezahlt werden. Teils ist das schon geschehen.
Doch eine Umfrage des Tagesspiegels bei den betroffenen Politikern zeigt, dass es weiter an Transparenz mangelt, dass manche Kabinettsmitglieder einige Angaben nicht öffentlich machen wollen und andere gänzlich mauern. Insgesamt bleiben dadurch Fragen offen. Die wichtigste: Was ist mit den geleisteten Sozialabgaben, bleiben die Steuerzahler auf diesen Ausgaben für die Beschäftigten sitzen?
Es ist etwas kompliziert, wer auf welche Weise von der Familienhilfe in der Staatsregierung betroffen ist. Da sind als Beschäftigte zum einen die Verwandten ersten Grades, also Ehepartner, Kinder und Eltern. Für sie galt die heftig kritisierte „Altfallregelung“, wenn sie schon vor dem 1. Dezember 2000 gearbeitet hatten. Darunter fallen fünf Kabinettsmitglieder, allesamt von der CSU: Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, Kultusminister Ludwig Spaenle und die Staatssekretäre Gerhard Eck (Innen), Franz Pschierer (Finanzen) und Bernd Sibler (Kultus). Auch Justizministerin Beate Merk zahlt Geld zurück für die Beschäftigung ihrer Schwester – obwohl sie nicht unter die Altfallregelung fällt, weil sie nur eine Verwandte zweiten Grades ist.
Besonders emsig im Sinne eines florierenden Familienbetriebes war etwa Landwirtschaftsminister Brunner aus Regen tief im Bayerischen Wald. Auf Nachfrage des Tagesspiegels erklärt er, dass er seine Nichte von 1999 für zweieinhalb Jahre und seine Schwester neun Jahre lang beschäftigt hatte. Beide Frauen erhielten maximal 325 und 400 Euro monatlich. Größter Posten aber waren über zehn Jahre hinweg die Zahlungen an die Ehefrau, „919 Euro netto“.

Steuern und Sozialabgaben seien abgeführt worden, sagt Brunner. Er habe wie seine Kabinettskollegen „das zurück überwiesen, was Familienangehörige in der Zeit meiner Kabinettsangehörigkeit netto verdient haben". Dies seien exakt 13 666 Euro. Daraus aber ist zu schließen, dass die Sozialabgaben wie etwa die Beiträge für die Rentenversicherung nicht zurückbezahlt wurden. Das Geld hat Brunner an die Staatskasse überwiesen und nicht, wie er es noch zum Wochenbeginn vorhatte, an eine soziale Organisation gespendet.
Die Bezahlung von dem, „was netto übrig blieb“, hält auch Horst Seehofer für das „richtige Signal“, wie er in einem Interview sagte. Andernfalls müsste man die Arbeitsverträge rückabwickeln, was nicht gehe.
Kultusminister Ludwig Spaenle erklärte, er habe 34889 Euro bereits Anfang der Woche an die Staatskasse überwiesen. Spaenles Frau war nach seinen Angaben seit Dezember 2008 in Teilzeit tätig und erhielt im Schnitt monatlich 658 Euro netto. Spaenle hatte als erster angekündigt, das Geld für die Beschäftigung seiner Frau zurückzuzahlen. Von Finanz-Staatssekretär Franz Pschierer gibt es keine Auskünfte, ein Sprecher erklärt lapidar: „Wir bitten um Verständnis, dass Ihre Fragen nicht beantwortet werden können.“ Laut Berichten will Pschierer 42 000 Euro zurück überweisen.
Keine Angaben über die Einkünfte seiner Frau in seinem Stimmkreisbüro macht auch Innen-Staatssekretär Gerhard Eck. Er teilt aber mit, dass er das Geld an die Staatskasse zurückzahlt – und betont, dass dies kein „Schuldeingeständnis“ sei, sondern ein „Beitrag zur Befriedung der Gesamt-Situation“. Kein Geld will Kultus-Staatssekretär Bernd Sibler überweisen. Er argumentiert, dass er Mutter und Frau nicht mehr beschäftigt hatte, als er ins Kabinett einzog. Für Horst Seehofer ist das „in Ordnung“. Justizministerin Beate Merk schließlich hat sich quasi freiwillig der Rückzahlung angeschlossen. Sie gilt seit der Affäre um den zu Unrecht in der Psychiatrie einsitzenden Gustl Mollath als angeschlagen. Allerdings macht sie keine Angabe darüber, wie viel Geld ihre Schwester dafür erhalten hatte, dass sie die Hompage der Ministerin aufbaute und pflegte.
Auch Bayerns Landtag wird das leidige Thema auf absehbare Zeit nicht los: Der Oberste Rechnungshof nämlich hat angekündigt, alle Verträge in der Landtagsverwaltung zu prüfen und hat auch einen genauen Blick auf das neue Gesetz, das die Familienbeschäftigung verbieten soll. Für ihre Arbeit beziehen die Prüfer, die immer wieder durch kritische Bemerkungen auffallen, sogar ein eigenes Büro im Landtag, voraussichtlich bis zur parlamentarischen Sommerpause, die Mitte Juli beginnt.

Für den wegen der Gehälteraffäre zurückgetretenen CSU-Fraktionschef Georg Schmid wird es immer enger: Die Landtagsverwaltung hat keine Einwände gegen die Aufhebung seiner Immunität als Abgeordneter, nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Augsburg wegen des Verdachts der Beschäftigung seiner Frau als Scheinselbstständige. Sie hatte als eigene Unternehmerin bis zu 5500 Euro im Monat erhalten - ohne dafür Sozialabgaben zahlen zu müssen. Manches spricht für den Verdacht: Frau Schmid hatte keine anderen Auftraggeber außer ihrem Mann und hatte sich auch nie um andere Aufträge gekümmert. Zudem hatte sie immer wieder sinngemäß gesagt, dass ihr Mann und sie auch beruflich ein bestens eingespieltes Team seien.

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