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Der Leiter der Polizeidirektion Chemnitz, Polizeipräsident Uwe Reißmann - gesehen durch das Okular einer Kamera - bei der Pressekonferenz zum Einsatz in Clausnitz.

© Hendrik Schmidt/dpa

Clausnitz und die Polizei: Eine Haltung, die verstört

Die Polizei schont den rechten Mob und geht gegen Flüchtlinge vor - und verteidigt all das noch auf einer Pressekonferenz. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ruth Ciesinger

Die Polizei hat alles richtig gemacht. Alle „Maßnahmen waren notwendig“ und in „ihrer Art und Weise absolut verhältnismäßig“. Zugespitzt hat sich die Situation erst, als Flüchtlinge „aus dem Bus gefilmt und provoziert“ haben. Gegen drei „Provokateure“ aus dem Bus wird jetzt Strafanzeige geprüft, und zwar wegen Beleidigung. So etwa resümiert der Chemnitzer Polizeipräsidenten Uwe Reißmann das, was in Clausnitz passiert ist.

Diese Pressekonferenz, Cornelius Pollmer hat sie via Periscope übertragen, war verstörend. Ganz ohne auch noch an die rechtsextremen Umtriebe in Sachsen zu denken und die Zurückhaltung an vielen Stellen, dagegen vorzugehen. Es genügt, den Worten Reißmanns zuzuhören, und eine Geisteshaltung tut sich auf, die Angst macht.

Wenn ein rechter Mob einem Bus mit 24 Asylsuchenden über Stunden den Weg zur Sammelunterkunft blockiert, dann ist das ein Bus voller Schutzbefohlener, die von einer organisierten Menge bedroht werden. Sollte man meinen. Doch davon ist keine Rede. Den grölenden Rassisten habe man zwar per Lautsprecher mit „Räumung gedroht“, aber mit dem Wissen, „das nicht durchsetzen zu können“. Stattdessen wurde „die Räumung des Busses vorbereitet“.

Wie es den Flüchtlingen, den Menschen im Bus ging, hat an diesem Abend keine Rolle gespielt. Und die nachträgliche Lageanalyse am Samstag könnte auch einem von Protesten begleiteten Viehtransport gelten. 

Ein etwa zehnjähriger Junge (das Alter hat die Polizei geschätzt) zeigte den Rechtsextremisten, die ihn und seine Familie mit Hass überschütteten den Stinkefinger. Und das ist jetzt einer der Provokateure, die mit „einfachem und unmittelbarem Zwang“, der „vorher abgesprochen“ war, aus dem Bus gezerrt und in die Unterkunft bugsiert werden mussten? „Völlig verhältnismäßig?“ Wer das Video davon und die Angst im Gesicht dieses Kindes gesehen hat, kann dem nicht zustimmen.

Und die Rassisten? Wird gegen diese Menschen vorgegangen? Nun, sie hatten sich „versammelt“. Dass sie auf den Räumungsbefehl nur mit „Gelächter“ reagierten, reicht nicht für den „Tatbestand der Nötigung“ und wird deshalb jetzt auch nicht geahndet. Flüchtlinge bedrohen, vor den Augen der Polizei, bleibt also ungestraft.

Vielleicht ist das aus Paragrafenperspektive so argumentierbar. Doch dass die Polizei an diesem Abend in Clausnitz nicht der Freund und Helfer der Flüchtlinge war und das in Ordnung findet, ist deutlich. Auf der Pressekonferenz hat Uwe Reißmann dann noch über Linksextreme gesprochen, die am Samstagabend zu einer Protestdemonstration wegen der Vorfälle erwartet wurden. Er hat gesagt: „Wir sind gut vorbereitet.“ Warum überrascht einen das nicht?

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