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Tornados der Bundeswehr werden wohl bald ihre letzten Starts in Incirlik absolvieren.

© Falk Bärwald, dpa

Bundeswehr-Abzug aus Incirlik: Warum Jordanien eine Alternative für die Tornados ist

Die Bundeswehr verlässt Nato-Gebiet und zieht nach Al Asrak in Jordanien um. Dort dürfen die Bundestagsabgeordneten - anders als in der Türkei - die Soldaten besuchen.

Noch im November hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel betont, dass der türkische Militärstandort Incirlik für die Bundeswehr-Aufklärungsjets nicht zur Disposition stehe. Aber weil ein letzter Vermittlungsversuch von Außenminister Sigmar Gabriel in der Türkei am Montag scheiterte, wird das Bundeskabinett am Mittwoch mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verlegung der deutschen Tankflugzeuge und Aufklärungs-Tornados nach Jordanien beschließen. Auf den ersten Blick wirkt es überraschend, dass die Wahl ausgerechnet auf ein Land in der unruhigen Nahost-Region fällt. Dies hat verschiedene Gründe.

Enge Kontakte zum Königshaus

Jordanien grenzt an Israel, Syrien, Saudi-Arabien und den Irak. Anders als die Türkei ist Jordanien kein Nato-Land. Aber die engen politischen Kontakte zum jordanischen Königshaus geben der Bundesregierung eine Sicherheit, die sie im Falle der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan derzeit nicht mehr hat: das Besuchsrecht für die Bundestagsabgeordneten.

Der Grund für die Verlagerung entspringt also keiner militärischen Überlegung: Die Bundeswehr ist - anders als bei den meisten Nato-Partnern - eine "Parlamentsarmee". Der Wunsch der Abgeordneten, die deutschen Soldaten jederzeit besuchen zu können, steht also über militärischen Erwägungen. Das zeigt auch die Tatsache, dass die Bundeswehr-Soldaten aus dem türkischen Nato-Stützpunkt Konya nicht verlegt werden. Denn dort sind Besuche weiter möglich, trotz der Verstimmung über den harten innenpolitischen Kurs der Türkei und trotz der Vorwürfe, dass mutmaßliche Putschisten Asyl in Deutschland erhalten.

Militärische Gründe

Die Bundeswehr hatte acht mögliche Alternativstandorte zu Incirlik identifiziert, die sie "aus militärischer Sicht für grundsätzlich geeignet" hält. Drei davon befinden sich in Jordanien, drei in Kuwait und zwei auf Zypern. In Jordanien sind dies die Luftwaffenstützpunkte Al Asrak, Al Dscharr und Prinz Hassan. Die Wahl fiel nun nach Angaben von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf Al Asrak.

Jordaniens Militär ist sehr eng mit westlichen Streitkräften verwoben, es erhält Unterstützung verschiedener Nato-Länder und gilt nach Angaben der Verteidigungsministerin als "Bollwerk gegen den Terror".

Die Wahl Jordaniens ergibt sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums aus der Nähe zum Einsatzgebiet. Die deutschen Soldaten unterstützen von Incirlik aus nämlich unter anderem mit Aufklärungsflügen die internationale Koalition gegen die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" in Syrien und im Irak. Deshalb sei die geografische Lage Jordaniens die beste unter den drei Staaten. "Von den Flugrouten her ist Jordanien günstiger als Zypern", sagt auch SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold.

Andere Partner sind schon dort

Wichtig seien zudem logistische Gründe und die Anbindung an andere Streitkräfte. Ein Grund ist die schlichte Frage, ob es auf einem Stützpunkt überhaupt ausreichend Platz für weitere Flugzeuge gibt. Zudem muss es für die in Incirlik stationierten Aufklärungs-Tornados und Tankflugzeuge auch die richtige Infrastruktur geben - etwa zum Nachtanken oder Überspielen ausgewerteter Daten. Ebenfalls erforderlich ist das richtige Zusammenspiel mit den anderen Partnern in der Anti-IS-Allianz.

In Al Asrak sind bereits Flugzeuge anderer westlichen Partner stationiert, die logistischen Voraussetzungen für den Umzug der knapp 300 Bundeswehr-Soldaten gelten dort als gut. Das ist wichtig, um die Probleme während des Umzugs möglichst klein zu halten. Immerhin beziffert das Verteidigungsministerium die nötige Unterbrechung der Arbeit in der Anti-IS-Mission mit rund zwei bis drei Wochen für die Tankflugzeuge und zwei bis drei Monate für die Aufklärungs-Tornados.

Deutschland hat die militärische Zusammenarbeit mit Jordanien ohnehin erheblich aufgestockt. Jordanien ist eines der Länder der sogenannten "Ertüchtigungsinitiative" der Bundeswehr, in dessen Rahmen die Bundesregierung militärisches Gerät liefert. Dies umfasst auch Lastwagen und Kommunikationsgeräte.

Politische Gründe

Bundeskanzlerin, Außenminister und Verteidigungsminister betonen regelmäßig die Anstrengungen des Königreiches, Stabilitätsfaktor in einer zunehmend unruhigen Umgebung zu sein. Die jordanische Regierung steht ihrerseits massiv unter Druck, weil es auch in diesem Land islamistische Strömungen gibt, die Regierung aber an ihrem pro-westlichen Kurs festhält. Merkel würdigte zudem die enormen Anstrengungen bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge. Jordanien soll deshalb verstärkt politische und wirtschaftliche Hilfe erhalten. Eine offizielle Stationierung der Bundeswehr wäre für alle ein klares Zeichen des Vertrauens, heißt es in der Bundesregierung. (rtr)

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