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Bundestagswahl 2017: Welche Ersparnisse die Parteien versprechen

Viele Parteien kündigen den Bürgern zur Wahl finanzielle Verbesserungen an. Wer wird dabei bevorzugt – und wer benachteiligt? Ein Überblick.

Einkommenssteuer

Die Einkommensteuer-Pläne der Parteien lassen sich nicht ganz einfach vergleichen, was schon daran liegt, dass CDU und FDP in ihren Programmen über allgemeine Entlastungsversprechen hinaus wenig Konkretes verlauten lassen. Wirkt da die schlechte Erfahrung der Koalition von 2009 nach, in der sich beide Parteien beim Thema Steuern zankten? Bei der SPD wird, was die Entlastung betrifft, erst im Zusammenwirken mit anderen Vorschlägen ein Schuh daraus. Freilich ist eines klar: Eine direkte Entlastung bei der Einkommensteuer setzt ohnehin bei Familien mit Kindern erst im mittleren Bereich ein, weil darunter gar keine Steuer gezahlt wird wegen der Freibeträge.

Doch wenn Bezieher nicht ganz so hoher Einkommen in die Steuerbelastung reinrutschen, dann langt der Staat bei ihnen besonders kräftig zu – denn die Progression, die mit der Höhe des Einkommens wachsende steuerliche Belastung, ist im unteren Bereich sehr steil. CDU, SPD und FDP wollen diese Wirkung über einen anderen Progressionsverlauf abschwächen – was letztlich aber alle Steuerzahler entlastet. Den Spitzensteuersatz von 42 Prozent will die CDU erst ab 60000 Euro greifen lassen, was ebenfalls die Mitte entlastet.

Die Sozialdemokraten schlagen das auch vor, allerdings würden sie einen neuen Spitzensatz von 45 Prozent ab 76200 Euro einführen und zudem die Reichensteuer um drei Punkte auf 48 Prozent erhöhen. Gutverdiener würden so Entlastungen in der Mitte bezahlen. Ähnlich, aber noch massiver zugunsten der breiten Mitte geht die Linke vor: Durch einen höheren Grundfreibetrag von 12600 Euro (derzeit 8820 Euro) werden alle Einkommen bis zu 7100 Euro brutto zum Teil deutlich entlastet. Dafür langt die Partei zum Ausgleich bei den Reichen mit drastischen Spitzensätzen von bis zu 75 Prozent zu. Auch die Grünen gehen so vor, aber erreichen wohl weniger Entlastungswirkung: höherer Grundfreibetrag ohne konkrete Zahl, höherer Spitzensteuersatz ab 100000 Euro. Die AfD setzt ebenfalls beim Grundfreibetrag an, der an das pfändungsfreie Einkommen gekoppelt werden soll – er wäre also abhängig von der Zahl der Unterhaltsberechtigten und würde derzeit bei 1133 Euro netto im Monat beginnen.

Solidaritätszuschlag

Der Solidaritätszuschlag, vor gut einem Vierteljahrhundert erstmals erhoben, geht seinem Ende entgegen. Jedenfalls versprechen Union, SPD und FDP, ihn irgendwie aus der Welt zu schaffen. Vor allem die FDP prescht voran: Der „Soli“ soll nach ihrem Wunsch schon Ende 2019 völlig abgeschafft werden. Ein hübsches Plus vor allem für Besserverdienende wäre das – denn der „Soli“ ist ein Zuschlag von 5,5 Prozent auf die individuelle Einkommensteuer, und je höher die ausfällt, umso höher ist auch die Entlastung.

Geringerverdiener mit Kindern zahlen ihn oft gar nicht, also gibt es für sie gar keine Entlastung. Die Union will ihn langsam auslaufen lassen, also jährlich abschmelzen, und zwar ab 2020 (wobei Bayerns Finanzminister Markus Söder vorschlug, ihn schon 2022 enden zu lassen). Die SPD hat sich ausgedacht, den Zuschlag zunächst bei kleinen und mittleren Einkommen nicht mehr zu erheben (was natürlich nur die Haushalte, die ihn auch zahlen, wirklich entlasten würde – also vor allem Singles und Paare ohne zu versorgende Kinder). Nach einigen Jahren würde er dann aber wohl für alle abgeschafft.

Die Grünen und die Linken haben sich nicht in die Abschaffungsfront eingereiht. Beide Parteien sind der Meinung, dass man so eben nur die entlastet, die ohnehin mehr im Geldbeutel haben – „Chefarzt statt Krankenschwester“, wie es bei den Grünen heißt. Speziell die Linke will das Symbolthema wohl auch wegen der Kernwählerschaft im Osten nicht anrühren – der Zuschlag heißt halt „Soli“ und war mal für den Aufbau im Osten gedacht. Das dürfte auch der Grund sein, warum die AfD in ihrem Programm zum „Soli“ kein Wort verliert. afk

Kindergeld

Kurz vor der Wahl hat SPD-Familienministerin Katarina Barley ein interessantes Angebot gemacht: Sie will Eltern 393 Euro Kindergeld zahlen – allerdings nur, wenn die Eltern lediglich über kleine Einkommen verfügen. Barley will das derzeitige Kindergeld von 192 Euro für das jeweils erste und zweite Kind um den Kinderzuschlag von 170 sowie zusätzlich 31 Euro aufzustocken. Dadurch entsteht ein Betrag von 393 Euro. Für die dritten Kinder sollen 399 Euro gezahlt werden, für vierte und mehr Kinder 416 Euro. Die Leistung soll mit steigendem Einkommen der Eltern kontinuierlich absinken, allerdings langsam: Für zehn Euro, die die Familie mehr verdient, sollen nur vier Euro Kindergeld abgezogen werden.

Die Union will das Kindergeld um 25 Euro auf 217 Euro pro Kind erhöhen und das Ehegattensplitting durch ein Kindersplitting ergänzen, außerdem verspricht sie ein „Baukindergeld“. Das Programm der Linken stellt als Sofortmaßnahme eine Erhöhung des Kindergelds auf 328 Euro in Aussicht, später soll eine eigenständige, individuelle Kindergrundsicherung in Höhe von 573 Euro garantiert werden, die allerdings versteuert werden muss.

Auch die Grünen wollen wie die SPD Geringverdiener besserstellen. Ihr Kindergeldbonus soll bei bis zu 364 Euro liegen, mit Kindergeld sollen maximal 460 Euro erreicht werden. Als Basis für alle will die Öko-Partei eine einkommensunabhängige Kindergrundsicherung einführen, die Kindergeld und Kinderfreibeträge ersetzt. Auch die Liberalen wollen die Leistungen vom Einkommen abhängig machen. Konkrete Zahlen nennt ihr Programm nicht, ein neues „Kindergeld 2.0“ besteht aus dem einkommensunabhängigen Grundbetrag, dem einkommensabhängigen Kinder-Bürgergeld und Gutscheinen für Bildung und Teilhabe. Im Wahlprogramm der AfD fehlen Aussagen zum Kindergeld.

{Kitagebühren, Rente und Krankenkassen}

Kitagebühren

Ein wichtiger Punkt in der Bildungsoffensive, die SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verspricht, ist die Gebührenfreiheit aller staatlichen Angebote – von der Kita bis zur Uni. Eltern könnten also darauf hoffen, bei einem SPD-Wahlsieg keine Kita-Gebühren mehr zahlen zu müssen. Allerdings hat der Bund in dieser Frage wenig zu melden, Schulz verspricht also eine Leistung, für die er nicht zuständig ist. Kita-Gebühren sind in Ländern und sogar in einzelnen Kommunen unterschiedlich geregelt. Einige SPD-regierte Länder haben die Kita-Gebühren schon abgeschafft. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) scheint der Schulz-Forderung trotzdem Wirkung zuzutrauen: Sie versprach inzwischen, sie wolle mit den Ministerpräsidenten über eine Vereinheitlichung der Kita-Gebühren reden.

Während die Linke ebenfalls Beitragsfreiheit verspricht, sehen die Grünen einen größeren Effekt für Familien mit einer Qualitätsoffensive für Kitas und besserer Bezahlung von Erziehern statt einer Gebührenfreiheit. Familienökonomen wie Katarina Spieß vom DIW unterstützen diesen Ansatz mit dem Argument, schon heute seien Kita-Gebühren gestaffelt und Eltern, die es sich leisten könnten, würden die Gebühren auch bezahlen. Auch die FDP verspricht keine Gebührenfreiheit, sondern will Kita-Erzieher besser qualifizieren und bezahlen. Die AfD verlangt, der Staat müsse die elterliche Erziehung genauso finanziell unterstützten wie die in Kitas, nennt aber keine Zahlen.

Rente

Ohne größere Korrekturen dürfte das Rentenniveau nach Expertenprognosen bis 2030 auf 44,7 Prozent sinken. Derzeit liegt es bei rund 48 Prozent – und dort muss es aus Sicht der SPD auch bleiben. Gleichzeitig wollen die Sozialdemokraten das Kunststück schaffen, dass der Rentenbeitrag bis dahin dennoch nicht über 22 Prozent steigt. Momentan liegt er bei 18,7 Prozent.

Die Grünen wollen das Niveau ebenfalls stabilisieren. CDU und CSU dagegen legen sich nicht auf konkrete Zahlen fest. Im Wahlkampf, so ihr Argument, wären sie sonst ohnehin bloß überboten worden. Stattdessen verweist die Union auf eine Expertenkommission, die nach der Wahl Vorschläge für ein langfristig „angemessenes“ Niveau machen soll.

Über die Höhe der einzelnen Rente sagt das angestrebte Rentenniveau freilich nicht viel. Es bezeichnet das Verhältnis des aktuellen Durchschnittseinkommens zu der Rente, die ein Durchschnittsverdiener nach 45 Arbeitsjahren erhält. Absolut besehen würden die Renten auch bei sinkendem Niveaus weiter zulegen – dem Rentenbericht zufolge im Durchschnitt pro Jahr um 2,1 Prozent.

Die FDP sorgt sich vor allem um die Jungen, die mit ihren Beiträgen nicht überfordert werden dürften. Forderungen nach gleichbleibendem oder steigenden Rentenniveau seien „abenteuerliche Versprechen“. Die Beiträge müssten dafür auf bis zu 25 Prozent steigen – was Arbeitsplätze gefährden und den Spielraum für die erwünschte zusätzliche Privatvorsorge verkleinern würde. Die Linke hat diesbezüglich weniger Hemmungen. Sie fordert die Rückkehr zu einem „lebensstandardsichernden Rentenniveau“ von 53 Prozent. Im Wahlprogramm der AfD kommt das Rentenniveau überhaupt nicht vor.

Krankenkassen

Der Zusatzbeitrag – also die Kosten, die gesetzlich Versicherte zusätzlich für ihre Krankenkasse aufzubringen haben – liegt derzeit im Durchschnitt bei 1,1 Prozent. Dabei wird es nicht bleiben, trotz eines Finanzpolsters der gesetzlichen Kassen von derzeit 17,5 Milliarden Euro. Weil der Beitragsanteil der Arbeitgeber auf 7,3 Prozent eingefroren wurde, müssen die Arbeitnehmer den unvermeidlichen Kostenanstieg durch medizinischen Fortschritt und immer mehr alte Menschen über diesen, von den Kassen individuell erhobenen Zusatzobolus stemmen. Und der Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, der den Versicherern im vergangenen Jahr ungeahnt hohe Einnahmen beschert hat, ist kein Dauerzustand.

Union und FDP möchten an der ungleichen Belastung von Arbeitgebern und Versicherten nichts ändern – sie halten sie aus wirtschaftlicher Sicht auch in Zeiten guter Konjunktur für geboten. Die SPD dagegen bereut ihren Sündenfall und will zurück zu echter Parität. Auch Grüne, AfD und Linke drängen darauf, dass Arbeitgeber und Versicherte wieder gleich hohe Kassenbeiträge zahlen – wobei letztere sogar versprechen, den Beitragssatz von derzeit 15,7 auf nur noch zwölf Prozent herunterzubekommen. Möglich werde dies, indem man alle – also auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige – entsprechend ihrem Gesamteinkommen einzahlen lasse, heißt es in ihrem Wahlprogramm. Heißt: Auch Aktien- und Vermögensgewinne würden mitverbeitragt.

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