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Das große Hadern. Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, bei ihrer ersten Sitzung im Bundestag.

© Kay Nietfeld/dpa

Bundestag: Der schwierige Umgang mit der AfD im Parlament

Im neuen Bundestag wird die AfD wichtige Posten einnehmen. Es gibt Widerstand. Vor allem in Bezug auf den Kulturausschuss.

Von Antje Sirleschtov

Wie umgehen mit der AfD im Bundestag? Diese Frage wird in den kommenden Wochen in gleich mehrfacher Hinsicht an Bedeutung gewinnen. Schon an diesem Mittwoch muss der sogenannte Vor-Ältestenrat des Bundestages über ganz praktische Fragen sprechen: Wo wird die rechtspopulistische Partei im Parlament ihren Platz finden, wo wird der Platz der Fraktion im Reichstag sein?

Zur ersten öffentlichen Auseinandersetzung wird es aber über die Besetzung des Bundestagspräsidiums kommen. Nachdem sich die AfD-Fraktion vergangene Woche mehrheitlich zu einer Nominierung des Abgeordneten Albrecht Glaser als Vizepräsidenten entschieden hatte, deutet sich nun Widerstand gegen diese Personalie an. So gab Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bekannt, dass sie Glaser nicht wählen werde, und deutete an, dass dies auch andere in ihrer Fraktion nicht tun wollen. Einen Kandidaten, „der das Grundgesetz nicht akzeptieren und allen Menschen muslimischen Glaubens ihr Recht auf Religionsfreiheit absprechen will“, sagte sie der „Bild am Sonntag“, „kann ich nicht wählen“. Glaser hatte in einer Rede im April dem Islam das Grundrecht abgesprochen.

Der Bundestag muss spätestens am 24. Oktober zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten und wird dann das Präsidium wählen. Ähnlich wie Göring-Eckardt hatte sich auch FDP-Fraktionschef Christian Lindner dafür ausgesprochen, der AfD das Recht auf die Nominierung eines Vizepräsidenten nicht zu verwehren. Ob Lindner seiner Fraktion die Wahl von Glaser ebenfalls nicht empfehlen will, ließ er aber offen und betonte lediglich, Bedeutung und Würde des Amtes ergäben sich „aus dem Charakter des Amtsinhabers“. Auch der Erste Parlamentarische Geschäftführer der SPD, Carsten Schneider, sieht das so. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ mahnte er, „potenzielle Kandidaten müssen natürlich auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und insbesondere die Grundrechte respektieren“.

Ausschussvergabe nach Proporz?

Auch die Besetzung der Fachausschüsse des Bundestages und die Frage, in welchen die AfD den Vorsitz übernehmen soll, wird Hinweise auf den Umgang mit den Rechtspopulisten in den nächsten vier Jahren geben. Einer einzelnen Fraktion den Ausschussvorsitz zu verwehren war bislang nicht üblich. Lediglich über die Besetzung der Spitze bestimmter Ausschüsse gab es beim Eintritt der Linken in das Plenum Debatten, letztmalig vor vier Jahren, als die Linken das traditionelle Recht beanspruchten, als größte Oppositionsfraktion den Vorsitz des Haushaltsausschusses zu übernehmen. Nach anfänglichem Streit darüber war später über die Führung des Gremiums durch Gesine Lötzsch jedoch keine Kritik mehr zu hören.

Schon weit vor den Beratungen über die Ausschussverteilung deutet sich jetzt Widerstand dagegen an, der AfD-Fraktion den Vorsitz des Kulturausschusses zu überlassen, der unter anderem auch für Denkmale und Kulturgüter verantwortlich ist. „Viele AfD-Vertreter haben mit unakzeptablen Äußerungen bewiesen, dass sie keinen Wert auf unsere Erinnerungskultur legen und dies zur parteipolitischen Provokation missbrauchen“, sagt SPD-Mann Schneider dem „Spiegel“ und auch aus der Union hieß es, das Gedenken an den Völkermord dürfe den Rechtspopulisten nicht überlassen werden. Die Fraktionsführungen von Linken und Grünen ließen sich ähnlich ein. Zahlreiche Künstler und Politiker hatten einen Brief an den Ältestenrat des Parlaments geschrieben, wonach der Posten nicht an die AfD fallen soll.

Die Ausschussvergabe wird zwischen den Fraktionen entweder einvernehmlich oder, wenn es Streit gibt, nach einem mathematischen Proporzverfahren geregelt, wobei der Zugriff nach der Reihenfolge der Fraktionsstärke erfolgt. Die AfD hätte danach als drittstärkste Kraft das Zugriffsrecht gleich nach Union und SPD.

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