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Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) spricht am Freitag im Bundestag über Familiennachzug.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Update

Debatte im Bundestag: De Maizière wirbt für Pläne zum eingeschränkten Familiennachzug

Die SPD verteidigt ihr Ja zur Verlängerung der umstrittenen Regelung gegen Kritik von Grünen und Linken. Auch die AfD will dem Unionsantrag zustimmen.

Noch vor dem SPD-Parteitag, der über Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden soll, hat die SPD ihr Ja zum weiteren Familiennachzugs-Stopp angekündigt, den CDU und CSU am Freitag in den Bundestag eingebracht haben. Sie fordern allerdings noch Änderungen am Gesetzentwurf.

SPD: Ja nur, wenn der Entwurf geändert wird

Mit dem nur wenige Zeilen kurzen Entwurf der Union wird die Regelung verlängert, mit der im März 2016 für zunächst zwei Jahre verhindert wurde, dass in Deutschland auf Zeit („subsidiär“) geschützte Flüchtlinge ihre Kinder, Ehepartner oder - falls sie selbst Kinder oder Jugendliche sind - ihre Eltern nachholen können. Der Text verweist darauf, dass es bis Ende Juli neue Regeln für diese Gruppe geben soll, und damit auf die Sondierungsvereinbarungen mit der SPD. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach im Bundestag von einer „Kontigentlösung“ anstelledes Rechtsanspruchs auf Nachzug.
In ihren Sondierungen hatten SPD, CDU und CSU verabredet, künftig nur noch tausend Familienangehörige im Monat nachziehen zu lassen. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl erklärte, ihre Fraktion werde, um die Frist Mitte März zu wahren, dem Unionsantrag zustimmen, aber „nur, wenn das Datum 31.7. fest verankert wird“. Der Text enthält nur eine Absichtserklärung. Eine „Aussetzung in alle Ewigkeit“ komme nicht infrage, sagte Högl. Außerdem müssten mit dem Stichtag 16. März Anträge auf Familiennachzug wieder möglich sein und auch bearbeitet werden können. Die Übereinkunft mit der Union nannte Högl „aus SPD-Sicht nicht befriedigend, aber immerhin ein Weg, dass Familiennachzug zu subsidiär Geschützten wieder möglich wird“. Die Union hatte ihn auf Dauer verhindern wollen.
Grüne und Linke griffen die SPD für ihr Ja heftig an. Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, sagte, in Wahrheit werde ein Menschenrecht, zu dem auch die SPD sich bekenne, nicht ausgesetzt, sondern abgeschafft: „Aus Menschenrecht wird Gnadenrecht.“ Es sei nicht zu verstehen, warum die SPD sich erneut von der Union „hinter die Fichte führen“ lasse. Schon 2016 habe die SPD „gejammert“, die Koalitionspartnerin habe ihr das Ja mit falschen Zusicherungen abgehandelt.

AfD will Minderjährige zwingend untersuchen lassen - alle Fraktionen dagegen

Die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke nannte das Vorhaben„klar verfassungswidrig“. Wer das Grundrecht auf Familie verweigere, mache „jegliche Integration kaputt“ und spalte die Gesellschaft. Bürokratische Hürden schreckten auch Menschen ab, die Flüchtlingen mit Familien im Ausland helfen wollten. „Auch das ist nicht hinnehmbar.“
Beifall erhielt der knappe Verlängerungs-Entwurf der Union von der AfD. Der Abgeordnete Martin Sichert kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, weil er inhaltlich dem eigenen entspreche. Der Antrag, die die AfD bereits am Donnerstag ins parlamentarische Verfahren gebracht hatte, fordert die Abschaffung des Familiennachzugs auf Dauer. Auch die frühere AfD-Vorsitzende Frauke Petry, die die Partei verlassen hat, kündigte an, mit Ja zu stimmen. In der anschließenden Debatte über einen AfD-Antrag, künftig verpflichtend medizinisch zu prüfen, ob unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wirklich jünger als 18 sind, wandten sich alle anderen Fraktionen. Die CDU-Abgeordnete Nadine Schön sagte, er behandle junge Flüchtlinge nur als „Kostenverursacher, Lügner, Schwerverbrecher und Kriminelle“. Es handle sich aber um Menschen, die Schlimmes erlebt hätten und Hilfe brauchten. Die Standardprüfung hatte allerdings auch die CSU auf ihrer Klausur Anfang Januar in Seeon gefordert.

Wie lange bleiben auf Zeit Geschützte wirklich?

Den Antrag zum Familiennachzug will die Union im parlamentarischen Eilverfahren bis März durchsetzen. Er war bereits ein Spitzenthema in den später gescheiterten Jamaika-Verhandlungen mit Grünen und FDP. Am Freitag ging es im Parlament auch wieder um die Zahl der Betroffenen. Eine wissenschaftliche Berechnung geht von 0,3 Nachzüglern pro anerkanntem Flüchtling aus, also 50- bis 60 000 Menschen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte eine höhere Schätzung – eins zu eins – vor einiger Zeit zurückgezogen. Ob subsidiär Geschützte wirklich nur kurz bleiben, ist sogar zwischen Union und SPD umstritten. Während der Innenminister erklärte, die Familie selbst „verfestige“ den Aufenthalt, sagte SPD-Frau Högl, der Krieg in Syrien werde nicht „übermorgen“ enden, auch Subsidiäre blieben vermutlich „nicht nur vorübergehend“.

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