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Die Bildkombo zeigt die am 21.12.2016 vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichten Fahndungsfotos des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri.

© Bundeskriminalamt/dpa

Berlin-Attentäter: Vertraulicher Bericht: Amri war nahezu wöchentlich Thema bei Behörden

Der Berlin-Attentäter Anis Amri war nach Darstellung der Regierung kein V-Mann und sollte auch keiner werden. Ein Thema für die Behörden war er jedoch - mehr als bisher bekannt.

Der Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri ist seit Ende 2015 nahezu wöchentlich Thema bei deutschen Behörden gewesen. Dies geht aus einer vertraulichen Chronologie der Bundesministerien des Innern und der Justiz zu den Behördenabläufen im Fall Amri hervor. Die Aufstellung lag der Deutschen Presse-Agentur am Montag vor, sie sollte am Nachmittag in einer Sondersitzung des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr) erörtert werden.

Zuvor hatten unter anderem die „Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR sowie die „Welt am Sonntag“ über Details aus dem Papier berichtet. Ein nicht näher identifizierter „Anis“ wurde nach der Chronologie erstmals am 19. November 2015 aktenkundig. Er habe „hier“ (gemeint war demnach wohl Deutschland) etwas machen wollen. Am 11. Januar 2016 konnten die Behörden „Anis“ dann per Abgleich mit Fotos aus Italien „mit einiger Sicherheit“ einer Person mit dem Namen Anis Amri zuordnen - in Deutschland war Amri zu dem Zeitpunkt nur unter Aliasnamen bekannt.

Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in eine Budengasse auf einem Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert. Bei dem Anschlag tötete er 12 Menschen, rund 50 wurden teils schwer verletzt. Wenige Tage später war er bei einer Polizeikontrolle in Italien erschossen worden.

Was hat der Verfassungsschutz gewusst

Der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums zum Umgang der Sicherheitsbehörden, André Hahn (Linke), hohen Aufklärungsbedarf angemeldet. Es gebe eine "ganze Reihe offener Fragen", sagte Hahn am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Es gehe darum, was der Verfassungsschutz oder der Bundesnachrichtendienst gewusst hätten. Auch die Frage nach V-Mann-Kontakten steht Hahn zufolge im Raum. "Die Fakten müssen auf den Tisch", forderte er. Ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bekräftigte, dass der Tunesier kein V-Mann der Sicherheitsbehörden des Bundes gewesen sei.

Er könne klar sagen, dass Amri "zu keinem Zeitpunkt weder V-Mann des Bundeskriminalamtes noch des Bundesamts für Verfassungsschutz war, noch dass eine der beiden genannten Institutionen jemals versucht hätte, ihn als solchen anzuwerben", sagte der Sprecher. Ob dies "in Absolutheit für dritte Stellen gilt", könne er nicht sagen. Für die Landesämter für Verfassungsschutz sind die jeweiligen Bundesländer verantwortlich.

Bildung einer internen Ermittlergruppe gefordert

Der Vorsitzende der Geheimdienst-Kontrolleure des Bundestags, Clemens Binninger (CDU), hat die Bildung einer internen Ermittlergruppe angeregt. „Das wird nachher im Gremium zu diskutieren und zu beschließen sein“, sagte Binninger am Montag in Berlin vor einer Sitzung des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr). Die Kontrolleure hätten in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit solch einer Task Force gemacht.

Ähnlich äußerte sich der SPD-Vertreter in dem Gremium, Burkhard Lischka. Der Fall müsse auf verschiedenen Ebenen möglichst rasch aufgeklärt werden. Das Gremium wollte sich bei seiner Sondersitzung mit einer Übersicht der Behördenabläufe in dem Fall befassen, die das Bundesinnen- und das Bundesjustizministerium am Dienstag veröffentlichten. (dpa, AFP, reuters)

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