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Boris Palmer während eines Talkshow-Auftritts Anfang Oktober

© Horst Galuschka/imago

Update

Asyl und Grüne: Tübingens OB: Kriminelle abschieben, mehr Rechte für Integrierte

Tübingens OB steht mit seinen Asylpositionen meist allein bei den Grünen. Seine neue Stellungnahme ist dafür sehr nah an der FDP.

Vorschläge des Grünen Oberbürgermeisters von Tübingen, Boris Palmer, finden den Beifall der FDP. Palmer hatte sich für eine harte Abschiebepolitik gegen „Problemfälle“ unter Asylsuchenden ausgesprochen. Kriminelle und Asylbewerber, die „sozial untragbares Verhalten“ an den Tag legten, sollten nicht Integrationsmaßnahmen erhalten, sondern in zentrale Aufnahmestellen der Länder zurückgeschickt werden. Dort müssten ihre Anträge „als erste erledigt“ und sie selbst schnellstmöglich ausgewiesen werden, hatte Palmer am Wochenende in einem Beitrag für die „Bild“-Zeitung geschrieben. Im Gegenzug solle allen die Einwanderung gestattet werden, „die sich nichts zuschulden kommen lassen, die Deutsch lernen und einen Beruf ergreifen, in dem wir dringend Nachwuchs suchen“. Dies sollte auch für bereits abgelehnte Asylbewerber gelten.

Auch die Liberalen wollen den "Spurwechsel" für Asylsuchende

Für Palmers Doppelvorschlag – hartes Vorgehen gegen Straffällige oder die, die „zur Gefahr für die Helfergesellschaft“ werden plus mehr Rechte für Integrierte - hat Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) Sympathien. Er sagte dem Tagesspiegel, „Integrationsverweigerer, Kriminelle und Gefährder" müssten abgeschoben werden. „Das muss Priorität haben.“ Es sei „niemand zu vermitteln, dass wir gut integrierte Arbeitnehmer abschieben, gleichzeitig aber Kriminelle und Gefährder nicht loswerden.“ Wer „sich von Anfang an um Integration bemüht und eine Arbeit gefunden“ habe, solle „nach klaren Kriterien ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen können“. Stamp plädierte auch dafür, nicht auf das geplante Einwanderungsgesetz zu warten, sondern bereits „zeitnah“ Lösungen zu finden für die, die bereits in Deutschland seien.
Die FDP-Pläne in der Migrationspolitik, für die Stamp wesentlich verantwortlich zeichnet, sehen zudem jenen sogenannten Spurwechsel vom Flüchtling zum Arbeitsmigranten vor, von dem auch Palmer spricht. Die FDP will Migranten insgesamt mit einer „Chancenkarte“ ermöglichen, sich ein Jahr lang in Deutschland zu bewerben und Deutsch zu lernen – wofür sie Punkte erhalten. Wie die Grünen ist auch die FDP für ein Ende der Kettenduldungen. Wer straffrei sei und sich selbst ernähre, solle ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen, erklärte Stamp am Montag auf dem Internetportal der FDP.

Das Einwanderungsgesetz akzeptieren jetzt alle

Tübingens Oberbürgermeister steht vor allem in der Migrations- und Flüchtlingspolitik quer zu Linie und Mehrheiten in seiner Partei. Von Grünen-Fachleuten war kein Kommentar zu seinen neuesten Äußerungen zu bekommen. Palmer hatte sich bereits zustimmend zum Kompromiss von CDU und CSU geäußert. Die Union allerdings bleibt skeptisch in puncto "Spurwechsel": "Von dem Vorschlag, abgelehnten Asylbewerbern einen sicheren Aufenthaltsstatus in Aussicht zu stellen, halte ich nichts", sagte der Unionsinnenpolitiker Stephan Mayer (CSU) dem Tagesspiegel. "Dies käme einer Einladung zu noch mehr ungesteuerter Zuwanderung nach Deutschland gleich.“ Es sei aber "erfreulich, dass sich nun auch die Grünen Gedanken darüber machen, wie wir mit Asylbewerbern umgehen, die unsere Regeln und Gesetze missachten." Mayer will, wie auch Stamp, eine Zentralisierung der Asylverfahren: "Wenn wir nun noch die Asylverfahren aller Neuankömmlinge in Entscheidungs- und Rückführungszentren bündeln, wäre vielen Kommunen in Deutschland geholfen."

Am Donnerstag wird es in den Koalitionssondierungen erstmals um Migrationspolitik gehen. Dass es ein Einwanderungsgesetz geben soll, ist inzwischen kein Streitthema mehr für eine mögliche Jamaika-Koalition. Die Unionsschwestern hatten sich in ihrem Kompromiss vom 8. Oktober zu einem solchen Gesetz bereiterklärt. Grüne und FDP fordern es seit langem.

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