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Angela Merkel versucht derzeit, Konflikte mit der SPD zu vermeiden.

© Maurizio Gambarini, dpa

Update

ARD-Sommerinterview: Merkel pocht auf Besuchsrecht für Nato-Stützpunkt Konya

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich im ARD-Sommerinterview deutlich gegen eine Obergrenze für Flüchtlinge aus. Auch zu den Klimazielen und dem SPD-Zukunftsplan bezog sie Stellung.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht nach der Absage der Türkei auf ein Besuchsrecht für Bundestagsabgeordnete bei den Bundeswehrsoldaten auf dem Nato-Stützpunkt Konya. Auf die Frage nach einem möglichen politischen Handel mit Ankara stellte Merkel am Sonntag in Berlin klar, dies würde die Bundesregierung „rundweg“ ablehnen. „Es gibt keine Verhandlungssache“, sagte sie im ARD-Sommerinterview.

Hintergrund der Absage eines bereits geplanten Besuchs deutscher Parlamentarier durch die Türkei sind die aktuell stark belasteten bilateralen Beziehungen. „Das Ganze ist misslich, ausgesprochen misslich“, sagte Merkel. Sie betonte, das Besuchsrecht gelte unbeschadet irgendwelcher Nebenforderungen: „Das ist vollkommen klar.“ Man müsse die Gesamtsituation sehen. Der - auch von Konya aus geführte - Kampf gegen die Terrormiliz IS sei in einer entscheidenden Phase. Da müsse man Verlässlichkeit gegen dieses Recht abwägen: „Aber Randbedingungen wird es da mit Sicherheit mit uns nicht geben.“

Abgeordnete hätten ein Recht, die Soldaten in Konya zu besuchen

Merkel betonte, die Bundestagsabgeordneten hätten natürlich ein Recht, die Soldaten zu besuchen. Nicht nur die Bundesregierung werde mit der Türkei sprechen, sondern auch die Nato. Gespräche müssten in Ruhe erfolgen. Diese sollten abgewartet werden, ehe Schlüsse gezogen würden.

Die Türkei hatte zuletzt scharf kritisiert, dass türkische Offiziere nach dem Putsch vor einem Jahr in Deutschland Asyl bekommen hatten. Merkel sagte, sie kenne keine Forderungen der Türkei - etwa nach Auslieferung solcher Offiziere. Die Frage einer Asylgewährung in Deutschland und des Besuchrechts hätten „nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun“.

Zuvor war es zwischen Berlin und Ankara bereits zu erheblichen Verstimmungen gekommen wegen des Anspruchs deutscher Parlamentarier auf Besuch bei Bundeswehrsoldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Da es darüber keine Einigung gab, hat die Bundeswehr inzwischen mit dem Abzug aus diesem türkischen Standort begonnen.

Bundeskanzlerin reagiert gelassen auf Zukunftsplan der SPD

Auf den „Zukunftsplan“ von SPD-Herausforderer Martin Schulz reagierte Merkel gelassen. Im ARD-Sommerinterview am Sonntag hielt sie sich mit scharfer Kritik an dem zuvor vorgelegten Zehn-Punkte-Plan des SPD-Kanzlerkandidaten zurück und verwies darauf, dass die Union teils andere Schwerpunkte setzt.

Beim angestrebten Ausbau staatlicher Investitionen etwa sei nicht das fehlende Geld das Hauptproblem, sondern eine zu langsame Planung. In der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes seien zusätzliche Investitionsmittel schon an vielen Stellen festgeschrieben, sagte Merkel und betonte zugleich. „Wir können zurzeit das Geld, was wir haben, nicht ausgeben.“

Deshalb setze die Union in ihrem Regierungsprogramm darauf, die Planungsverfahren zu beschleunigen und für vorrangige Projekte die Zahl der Instanzen zu verringern, vor denen geklagt werden könne. Von den Mehreinnahmen des Staates sollte mindestens ein Drittel investiert werden. „Es kann auch mehr sein“, sagte Merkel weiter. Es müsse nur verbaut werden können.

Merkel lehnt Obergrenze für Flüchtlinge weiter strikt ab

Im Unionsstreit über die Flüchtlingspolitik lehnt die Bundeskanzlerin die von der CSU geforderte Obergrenze weiter strikt ab. „Zur Obergrenze ist meine Haltung klar: Das heißt, ich werde sie nicht akzeptieren“, sagte Merkel am Sonntag in Berlin im ARD-Sommerinterview. Mit einer Reduzierung der Flüchtlingszahlen, mit Steuerung und mit dem Kampf gegen Fluchtursachen könne etwas erreicht werden auch ohne eine solche Obergrenze für den Flüchtlingszuzug. CSU-Chef Horst Seehofer fordert nach wie vor eine Obergrenze. Für das gemeinsame Wahlprogramm der Union hatten sich CDU und CSU zuletzt zusammengerauft. Die umstrittene Obergrenze ist dort nicht enthalten.

Außerdem machte sie deutlich, dass für das Erreichen der deutschen Klimaziele bereits für 2020 zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind. Zugleich bekannte sie sich am Sonntag im ARD-"Sommerinterview" zu dem Versprechen, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu verringern. Über die dafür notwendigen weiteren Anstrengungen müsse in den nächsten Jahren gesprochen werden.

Merkel bekräftigt: Trete für vier Jahre an

Die Bundeskanzlerin bekräftigte zudem, im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl Ende September für vier weitere Jahre die Regierung zu führen. Das stellte sie am Sonntag in Berlin im ARD-Sommerinterview klar: „Ich habe deutlich gemacht, als ich wieder angetreten bin, dass ich für vier Jahre antrete.“ Sie habe „die feste Absicht, das auch genauso zu machen, wie ich es gesagt habe“. Dies gehöre zum Vertrauen dazu. Ein Garantie dafür abgeben könne sie nicht: „Nun haben wir alle über unser Leben bedingt Verfügungsgewalt.“ 

Umstrittener G20-Gipfel: Merkel stützt Olaf Scholz

Bundeskanzlerin Angela Merkel steht zu der umstrittenen Wahl Hamburgs als Ort des G20-Gipfels und will sich nach eigenen Worten nicht aus der Verantwortung stehlen. Das sei natürlich auch ihre Entscheidung gewesen, sagte Merkel am Sonntag in Berlin im ARD-Sommerinterview. Mit Blick auf die massiven Krawalle und Zerstörungen in Hamburg rund um den Gipfel der Staats- und Regierungschefs der großen Wirtschaftsmächte (G20) sagte die CDU-Vorsitzende: „Dafür habe ich genauso die Verantwortung wie Olaf Scholz und drücke mich auch nicht davor.“ 

Der der SPD angehörende Bürgermeister Scholz hatte sich bei den Hamburgern entschuldigt. Merkel sagte, die Gewalt sei deutlich zu verurteilen. Sie danke ausdrücklich den Sicherheitsbehörden.

Zur Forderung der Hamburger CDU nach einem Rücktritt von Scholz sagte sie, die CDU sei eine vielfältige Partei. Sie habe mit der Hamburger CDU gesprochen und „ganz deutlich gesagt“, dass sie die Rücktrittsforderungen für falsch halte. Das gesamte Parteipräsidium und der Bundesvorstand - mit Ausnahme Hamburgs - stünden zu dem Gipfel und unterstützten Scholz. Sie und die Bundesregierung seien G20-Gastgeber gewesen, sagte Merkel weiter: „Da sich jetzt hinterher auseinanderdividieren zu lassen, wäre aus meiner Sicht abenteuerlich.“
Über die scharfe Kritik von Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) an den Gipfelergebnissen sei sie nicht verärgert, sagte Merkel. (Tsp, dpa)

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