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Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ US-Präsident Donald Trump nicht ohne einen sanften Rüffel davonkommen.

© Reuters

Angela Merkel trifft Donald Trump: Der Anfang einer schwierigen Beziehung

Angela Merkel und Donald Trump bleiben in Washington bei ihren gegensätzlichen Positionen. Der US-Präsident verweigert der Kanzlerin auch einen zweiten Handschlag für die Fotografen.

Donald Trump grinst sein breitestes Lächeln und schaut die neben ihm stehende Angela Merkel an. Der amerikanische Präsident ist gerade bei der Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin im Weißen Haus gefragt worden, was er denn dazu sagen wolle, dass sein Spitzelvorwurf gegen seinen Amtsvorgänger Barack Obama nach wie vor unbewiesen ist. Das sei so eine Sache mit der Vorgänger-Regierung, antwortet Trump. Dann wendet er sich Merkel zu und schiebt einen Satz nach, damit auch jeder der mehr als hundert Pressevertreter unter den schweren Kronleuchtern im East Room des Präsidialamts versteht, dass er auf Barack Obamas Lauschangriff auf Merkels Handy anspielt: „Zumindest haben wir eines gemeinsam.“

Der Lacher, den Trump damit bei seinem Publikum landet, kann über eine Tatsache nicht hinwegtäuschen: Es waren vor allem Unterschiede, die er und Merkel bei ihrer ersten persönlichen Begegnung feststellten. Dabei ging es noch nicht einmal um die Beschimpfungen, die Trump vor und nach seinem Wahlsieg über Merkel ausgeschüttet hatte. „Wahnsinnig“ hatte der 70-jährige Milliardär die Kanzlerin genannt und ihr einen katastrophalen Fehler bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge vorgeworfen.

Merkel ist niemand, der sich von solchen Ausfällen aus der Ruhe bringen lässt. Man wolle nun nach vorne schauen, hatte es vor dem eintägigen Kennenlern-Besuch der Kanzlerin bei Trump auf deutscher Seite geheißen. Doch so ganz ohne Spitze lässt Merkel ihren Gesprächspartner nicht davonkommen. Es sei immer besser, miteinander zu reden als übereinander, sagt die Berliner Regierungschefin gleich zu Beginn der Pressekonferenz. Auch in diesem Moment lächelt Trump, doch richtig fröhlich wirkt er nach diesem sanften Rüffel nicht.

Wie schwierig das Verhältnis zwischen beiden Politikern ist, zeigt sich bei einem Fototermin im Oval Office. Die Fotografen fordern lautstark einen zweiten Handschlag zwischen Kanzlerin und Präsident; angeblich flüstert Merkel dem Präsidenten die Frage zu, ob er ihr die Hand geben wolle, aber Trump reagiert nicht. Ob das ein bewusster Affront ist, bleibt unklar.

Trump platzierte seine Tochter Ivanka neben der Bundeskanzlerin

Mehrere Stunden lang haben Merkel und Trump im Weißen Haus miteinander geredet. Zum Treffen im Kreis der Delegationen brachte Merkel die Chefs von Siemens, BMW und Schaeffler mit, die in den USA mehr als 60 000 Arbeitsplätze sichern und deren Präsenz dem handelsprotektionistischen Präsidenten vor Augen führen soll, dass eine Abschottung im Zeitalter der Globalisierung sinnlos ist. Trump platzierte seine Tochter Ivanka zur Rechten der Bundeskanzlerin, was als Zeichen der Wertschätzung gemeint gewesen sein dürfte.

Doch mit solchen Gesten sind die Gegensätze nicht aus der Welt zu schaffen. Anders als bei Obama oder dessen Vorgänger George W. Bush kann sich Merkel bei Trump nicht darauf verlassen, dass die USA dem Multilateralismus und dem Freihandel verpflichtet bleiben. Trump mag internationale Bündnisse, Handelsgemeinschaften und andere Allianzen nicht sonderlich. Die Außenpolitik sieht der Ex-Geschäftsmann als eine Reihe von Transaktionen einzelner Staaten.

Merkels Positionen könnten nicht gegensätzlicher sein. Bei der Pressekonferenz betont die Kanzlerin die Bedeutung der Einheit der EU – sie will nicht zulassen, dass Trump die Europäer auseinanderdividiert. Vereinbarungen in der Handelspolitik und beim Klimaschutz sind aus deutscher Sicht wichtige Instrumente zur Lösung internationaler Probleme.

Im East Room geben sich die beiden Politiker nicht sonderlich viel Mühe, ihre Differenzen zu verschleiern. Merkel spricht von „Win-Win-Situationen“ im Handel, Trump davon, wie die Amerikaner von ihren internationalen Partnern bisher über den Tisch gezogen worden seien. Die Deutschen seien bei den Handelsvereinbarungen der Vergangenheit wesentlich geschickter gewesen als die Vertreter Washingtons, klagt er. Das habe den USA geschadet. „Alles was ich will, ist Fairness.“

Merkel fordert einen neuen Versuch für ein transatlantisches Handelsabkommen – und macht gleich klar, dass sie eine Vereinbarung zwischen EU und USA meint, nicht zwischen Deutschland und den USA. Wenn es unterschiedliche Positionen gebe, müsse eben nach Kompromissen gesucht werden, sagt sie.

All das wird von beiden distanziert und ohne erkennbare Sympathie füreinander abgespult. Es ist eine nüchterne Bestandsaufnahme unterschiedlicher Auffassungen. Selbst eine routinierte Politikerin wie Merkel kommt jedoch hin und wieder ins Straucheln. „Tja“, sagt sie ein wenig ratlos, als sie nach ihrer Meinung über Trumps Stil gefragt wird. Ein verlegenes „Tja“ rutscht ihr auch bei der Journalistenfrage an Trump heraus, was er eigentlich gegen die Presse habe.

Ohnehin wird rasch deutlich, wie sehr Trump innenpolitisch unter Druck steht. Die amerikanischen Reporter befragen ihn zur umstrittenen Reform des Gesundheitswesens. Trump antwortet mit dem üblichen großmundigen Versprechen eines „großartigen“ neuen Gesundheitssystem und schwärmt von parteiinterner Harmonie bei seinen Republikanern, die in Wirklichkeit heillos zerstritten sind.

Merkel steht währenddessen an ihrem Pult, schaut sich im Saal um, blickt zu ihrer Delegation und wirkt, als wäre sie gerne woanders. Wenn sie Mitgefühl hat für Trump angesichts von dessen Problemen nach nur zwei Monaten im Amt, dann lässt sie es sich nicht anmerken.

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