zum Hauptinhalt
Da versuchen sich zwei zu beeindrucken. Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Trump.

© Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

Angela Merkel bei Donald Trump: Mit Vertrauen spielt man nicht

Der US-Präsident und die Kanzlerin heben das Verbindende zwischen den USA und Deutschland hervor. Aber wie lange wird die Einsicht anhalten? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Sie wollen es sich nicht miteinander verderben. Donald Trump und Angela Merkel wissen: Sie brauchen einander. Deutschland und die USA fahren in dieser konfliktreichen Welt besser miteinander als gegeneinander. Ihr Interesse an Gemeinsamkeit haben sie nun endlich auch öffentlich demonstriert, selbst wenn nicht alle ihre Anhänger dies gutheißen. Das ist ein beruhigender Kontrast zum Auftreten Recep Erdogans oder Jaroslaw Kaczynskis. Die zählen formal ebenfalls zur westlichen Gemeinschaft, zerstören aber rücksichtslos Brücken zu ihren Partnern, wenn sie sich davon innenpolitische Vorteile versprechen.

Ein Frühlingstag macht noch keinen Sommer

Ein Frühlingstag macht freilich noch keinen Sommer. Merkel und Trump wollten bei ihrem ersten persönlichen Treffen das Verbindende betonen. Als Symbol dienten ihnen Wirtschaftsthemen. Hunderttausende Amerikaner arbeiten bei deutschen Firmen, hunderttausende Deutsche bei den Töchtern von US-Konzernen; die deutsche Berufsausbildung, Innovationsfähigkeit und Exportstärke sind ein Vorbild für die USA – und die sind der stabilste große Absatzmarkt für deutsche Firmen. Umgekehrt bleibt Silicon Valley Weltführer in den Zukunftstechnologien. Die wertvollsten Warnungen erhält die deutsche Terrorabwehr von US-Diensten. Mit dem aggressiven Wladimir Putin kann Europa leben und ruhig schlafen, weil im Zweifel auf den Beistand der Amerikaner Verlass ist.

Es war dringend nötig, dass Trump und Merkel an das Verbindende öffentlich erinnern. Zuvor hatten Negativschlagzeilen das gegenseitige Vertrauen untergraben. Auch Wohlmeinende verlieren allmählich die Freude an der transatlantischen Begegnung, wenn die Beschimpfungen ausufern. Die deutsche Flüchtlingspolitik sei eine einzige Katastrophe und der ärmliche Wehretat ein Ausweis von Trittbrettfahrerei? Der US-Präsident umgekehrt eine Witzfigur ohne seriöse Agenda? Ein nettes Treffen wird den Schaden nicht reparieren. Das kann nur gelingen, wenn der neue, kooperative Ton anhält. Ist Trump dazu bereit? Werden alle deutsche Parteien der Versuchung widerstehen, mit antiamerikanischen Ressentiments im Wahlkampf zu punkten?

Die Erfahrungen mit Erdogan und Kaczynski sind eine Warnung

Die Erfahrungen mit der Türkei und Polen sind eine Warnung. Das stete Schüren nationaler Vorurteile vergiftet die Beziehungen selbst dann, wenn die angegriffene Seite nicht verbal zurückkeilt. Die Folgen populistischer Verleumdung lassen sich nicht nach Belieben an- und wieder ausschalten. Gewiss, diesen Ton hat nicht Deutschland gesetzt. Aber es hat den Schaden. Der entsteht in jedem Fall – sogar unabhängig davon, ob eine Regierung weich reagiert, wie Deutschland auf Kaczynski, oder hart, wie der niederländische Premier Rutte auf Erdogan. Wahltaktisch hat Rutte gewonnen. Doch wer glaubt ernsthaft, die scharfe Rhetorik bleibe folgenlos für das Verhältnis zwischen Einheimischen und Zuwanderern in den Niederlanden?

Merkel und Trump haben sich fürs Erste besonnen. Reale Alternativen zu einer guten Partnerschaft hat weder Amerika noch Europa. China als letzte, beste Chance für den Freihandel, wenn die USA protektionistisch werden? Da kommen deutschen Firmen mit China-Erfahrung die Tränen. Trump darf dankbar sein, dass BMW, Siemens & Co bei der Reindustrialisierung der USA helfen und dass Merkel ihm Sorgenthemen wie die Ukraine abnimmt. Mal sehen, wie lange diese Einsichten anhalten.

Zur Startseite