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Ja, der Reformweg wird lang und holprig.

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Alexis Tsipras und die Schuldenkrise in Griechenland: Wo bleibt die Reform der Finanzverwaltung?

Griechenland müsste dringend Reformen einleiten, sonst rutscht das Land bald wieder in die Schuldenfalle. Doch Alexis Tsipras lässt sich Zeit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Höhler

Spätestens seit seinem Wahlsieg ist Alexis Tsipras die dominierende Figur auf der politischen Bühne Griechenlands. Das Schicksal des Landes liegt in seinen Händen. Doch was will Tsipras? Und was kann er?

Für viele Griechen ist er offenbar alternativlos – trotz Bankenschließungen, Kapitalkontrollen, Rückfall in die Rezession und erneut steigender Arbeitslosigkeit. Auch die europäischen Partner beginnen sich mit Tsipras zu arrangieren, seit der Grieche im Juli nach monatelangem Nervenkrieg kapitulierte, die Bedingungen des neuen Rettungspakets widerwillig akzeptierte und sich des linksextremen Flügels seiner Syriza-Partei entledigte. In den Augen mancher Europäer entwickelt sich der Störenfried Tsipras bereits zum Staatsmann. Seinen persönlichen Lebensstil hat er dem bereits angepasst: Seinen Sohn meldete er bei einer der teuersten Privatschulen des Landes an. Im August wohnte er in der Strandvilla eines befreundeten Reeders und ließ sich mit dem Helikopter zu seinem Büro fliegen.

Und wie steht es um die Regierungsarbeit? Bei den Steuererhöhungen legt Tsipras Feuereifer an den Tag. Ab Oktober werden die Bürger massiv zur Kasse gebeten. Kein Wunder, denn die Kassen sind wieder einmal leer. Die Einnahmen liegen seit Januar um mehr als vier Milliarden Euro unter dem Plan.

Aber was nützen höhere Steuern, wenn der Fiskus sie nicht eintreiben kann? Wo bleibt die immer wieder angekündigte Reform der Finanzverwaltung? Tsipras drängt auf schnelle Schuldenerleichterungen für sein Land. Doch damit die Erleichterungen wirken, muss die Regierung das Finanzproblem an der Wurzel packen und Reformen umsetzen. Sonst rutscht Griechenland bald wieder in die Schuldenfalle. Wie schnell das gehen kann, weiß Tsipras: Vor einem Jahr schätzte die EU, Griechenland brauche neue Hilfskredite von zehn Milliarden Euro. Nach sieben Monaten Syriza-Misswirtschaft wurden daraus 86 Milliarden.

Die Liste der Aufgaben ist lang, sie umfasst nicht weniger als 201 Punkte

Der Schlüssel zur Lösung der chronischen Finanzkrise sind Strukturreformen, die Griechenlands Wirtschaft wettbewerbsfähig machen und das Land auf einen Wachstumspfad zurückführen. Reformvorgaben sind deshalb der wichtigste Teil des Anpassungsprogramms, das die Regierung umsetzen muss. Die Liste der Aufgaben ist lang. Sie umfasst nicht weniger als 201 Punkte, die bis zum Juni 2018 abzuarbeiten sind. Großen Reformeifer indes lässt Tsipras bisher nicht erkennen. Der Ex-Kommunist scheint immer noch gefangen in seiner Ideologie einer dirigistischen Staatswirtschaft.

Dieses Land zu gestalten ohne es noch weiter zu spalten, ist sicher keine kleine Aufgabe, die einfach aus dem Handgelenk geschüttelt werden kann, auch wenn das die selbsterfüllenden Prophezeiungen nicht ausschliesst.

schreibt NutzerIn pinke

Das zeigt sich auch in der Zusammensetzung des Kabinetts. Zum Energieminister berief Tsipras seinen Vertrauten Panos Skourletis, der eine Privatisierung des Energiemarktes strikt ablehnt und alles daransetzt, den größten privaten Investor, einen kanadischen Goldkonzern, aus dem Land zu vertreiben. Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis lehnt liberale Ladenöffnungszeiten strikt ab – obwohl Griechenland genau das den Geldgebern versprochen hat. Minister für die Handelsmarine blieb Thodoris Dritsas – ein erklärter Gegner der Hafenprivatisierung, zu der sich das Land im neuen Anpassungsprogramm verpflichtet hatte.

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