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Das Votum in der Vollversammlung der Vereinten Nationen war eindeutig.

© Eduardo Munoz Alvarez, AFP

Abstimmung in der UN-Vollversammlung: Trump soll Jerusalem-Entscheidung zurücknehmen

Die Drohung von US-Präsident Trump wirkte nicht. Die UN-Mitgliedstaaten stimmten mit großer Mehrheit gegen die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt.

Das nennt man wohl einen Einschüchterungsversuch. Einige Betroffene werden es sogar als plumpe Erpressung empfinden. Denn vor der Abstimmung der Vollversammlung der Vereinten Nationen über eine amerikakritische Resolution zu Jerusalem am Donnerstag drohte Donald Trump deren Befürwortern mit der Kürzung finanzieller Zuwendungen. „Sie nehmen Hunderte Millionen Dollar, sogar Milliarden Dollar von uns, und dann stimmen sie gegen uns. Sollen sie doch gegen uns stimmen, dann sparen wir eine Menge Geld“, sagte der US-Präsident.

Die Drohung wirkte nicht. Am Abend forderte die Vollversammlung die USA mit überwältigender Mehrheit auf, die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels zurückzunehmen. Für die Resolution stimmten 128 Staaten, darunter Deutschland, dagegen neun. Vergeblich war damit auch die Warnung, die Trumps UN-Botschafterin Nikki Haley an die Staaten gerichtet hatte. Sie schrieb, die USA würden die Länder, die für die Resolution stimmten, sehr genau registrieren. Ihr Land und ihr Präsident nähmen die Angelegenheit „persönlich“.

Israels Regierungschef: UNO ist Haus der Lügen

Ägypten steht an erster Stelle der Liste von Ländern, die von den angedrohten finanziellen Folgen betroffen sein könnten. Die Regierung in Kairo ist eine treibende Kraft bei den Bemühungen, die US-Initiative zu Jerusalem zu verurteilen. Mit rund 1,3 Milliarden Dollar an amerikanischer Militärhilfe im Jahr ist das Land am Nil jedoch auch stark abhängig von der Unterstützung der USA. Das Beispiel Ägypten zeigt jedoch, dass die Warnung von Trump nicht ohne Weiteres umzusetzen ist. Die Hilfe für Kairo ist im US-Kongress gesetzlich verankert und Teil des Staatshaushaltes, kann also nicht einfach per Federstrich des Präsidenten abgeschafft werden. Selbst bei entsprechenden Mehrheiten im Parlament würde eine Gesetzesänderung möglicherweise Monate dauern.

Außerdem ist Ägypten einer der wichtigsten Partner Amerikas im Kampf gegen den islamistischen Extremismus und Irans Einfluss im Nahen Osten. Eine militärische Schwächung Kairos würde also amerikanischen Interessen zuwiderlaufen. Auch wäre eine weitere Annäherung Ägyptens an Russland zu erwarten; die Zusammenarbeit zwischen Kairo und Moskau war erst jüngst intensiviert worden. Amerikas Verhältnis zum Nato-Partner Türkei könnte ebenfalls durch den Streit ums UN-Votum noch mehr Schaden nehmen. Präsident Recep Tayyip Erdogan wetterte, Trump werde „die türkische Demokratie nicht mit Dollar kaufen“ können.

Dagegen kann sich Trump auf Israel verlassen. Regierungschef Benjamin Netanjahu teilte vor der Abstimmung kräftig gegen die Vereinten Nationen aus. „Jerusalem ist unsere Hauptstadt, ob die UN dies anerkennen oder nicht“, erklärte Netanjahu vor dem geplanten Votum der Vollversammlung. Und der Premier – ein scharfer Kritiker der Weltorganisation – ging mit ihr ins Gericht: Er nannte sie ein „Haus der Lügen“. Doch das werde sich ändern, fügte er hinzu. Die Haltung gegenüber Israel sei derzeit in vielen Ländern im Wandel.Christian Böhme/Thomas Seibert

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