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Im nächsten Jahr amerikanischer Präsident: Donald Trump.

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20 Tage nach der US-Wahl: Trump fällt zurück in den Wahlkampfmodus

Drei Wochen verhielt sich der Sieger präsidial. Nun kommen Zweifel am Wahlergebnis auf. Trump keilt zurück und klagt die Demokraten des Betrugs an. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Wahlnacht vor 20 Tagen wirkte wie eine Scheidelinie. Davor gab es Donald Trump, den Wahlkämpfer; und es war atemberaubend, was der sich alles zu sagen traute. Nach dem Sieg trat Donald Trump, der "President Elect" auf. Und der bemühte sich, zu zeigen, dass er weiß, was die Würde des Amtes von ihm verlangt. Ganz voran die Bereitschaft, die Lagerspaltung zu überwinden auf die Gegner zuzugehen.

Von da an war atemberaubend, wie rasch er die krassesten Wahlversprechen wieder einsammelte. Hillary Clinton war nun nicht mehr eine Verbrecherin, die ins Gefängnis gehört, sondern eine Patriotin, der das Land nicht genug danken könne. Und Noch-Präsident Barack Obama kein Versager, der die USA in den Abgrund geführt hat, sondern "a good man", von dem Trump sich Rat erbitte, vor allem außenpolitischen. Die Gesundheitsreform, die er komplett rückgängig machen wollte, hat plötzlich gute Bestandteile, die er beibehalten möchte. Nicht mehr alle elf Millionen illegalen Zuwanderer wolle er deportieren lassen, sondern höchstens ein Viertel davon, vielleicht aber nur die, die schwerer Verbrechen überführt sind.

Trump: Millionen Stimmen wurden illegal abgegeben

Drei Wochen lang schien es, als sei die Metamorphose vollzogen. Und als gebe es keinen Weg zurück vom präsidialen Donald zu Donald, dem mit Schmutz um sich werfenden Wahlkämpfer. Doch plötzlich lässt der Rüpel Trump wieder von sich hören. Millionen illegale Stimmen seien angeblich für die Demokraten abgegeben worden, behauptet er - ohne konkrete Hinweise dafür vorzulegen.

Denn inzwischen ist eine Debatte entbrannt ob es Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung in drei wahlentscheidenden Staaten gegeben haben könnte: Wisconsin, Michigan, Pennsylvania. Und, gravierender noch, ob Hacker eventuell in die Wahlcomputer eingedrungen waren und sie manipuliert haben. Bisher gibt es dafür keine Belege. Der Verdacht stützt sich auf statistische Auffälligkeiten. Gut möglich, dass die gar nichts mit Manipulation zu tun haben, sondern damit, dass 2016 in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnliches Wahljahr war, das von den statistischen Erfahrungswerten abwich.

Fürs Erste erscheint es unwahrscheinlich, dass die Nachzählung, die die Grüne Jill Stein zunächst in Wisconsin beantragt hat, eine Dynamik in Gang setzt, die Trump den Wahlsieg aberkennt. Hillary Clinton schließt sich der Überprüfung nur halbherzig an. Trump scheint allein schon die Debatte darüber als Majestätsbeleidigung zu empfinden. Zudem erscheinen Zeitungdossiers, die die Interessenkonflikte zwischen Präsident Trump und Businessman Trump herausstellen.

Das Temperament als Risikofaktor

Haben womöglich seine Biografen Recht: Trump ist viel dünnhäutiger, als es sein Rambo-Auftreten erkennen lässt? Er habe Probleme, sein Temperament unter Kontrolle zu halten, und lässt sich dazu hinreißen, jede Kritik mit einem unverhältnismäßig harten Gegenangriff zu beantworten?

Schon im Wahlkampf hatte Trump diesen selektiven Umgang mit potenziellen Wahlfälschungen gezeigt: Er werde das Ergebnis nur akzeptieren, wenn er der Sieger sei. Ein Sieg Clintons sei allein durch Manipulationen erklärbar.

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