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Brasiliens Schwimmstar Daniel Dias holt das erste Gold.

© Reuters

Schwimmen: Auftakt nach Maß

Schwimmstar Daniel Dias holt die erste Goldmedaille im Schwimmen für Brasilien. Er kann zum erfolgreichsten Athleten der Paralympics werden.

In Schwimmstadien kann es mitunter sehr laut werden. Am Donnerstagabend im Aquatics Stadium von Rio war es ohrenbetäubend laut. Schuld daran war Daniel Dias, der scheinbar jeden der rund 10.000 Zuschauer auf der Tribüne auf seiner Seite hatte. Statt auf große Gesten am Beckenrand konzentrierte sich der 28-Jährige auf seine Stärken im Wasser – mit Erfolg: auf 200 Meter Freistil ließ er die Konkurrenz klar hinter sich. Mit 2:27.88 Minuten lag Dias rund zehn Sekunden vor dem Silbermedaillengewinner Roy Perkins aus den USA.

Einen neuen Weltrekord konnte er aber nicht aufstellen. Dem Publikum war das egal und gab dies seinem Protagonisten lautstark zu spüren: „Ich wollte den Rekord brechen und habe mein Bestes dafür gegeben. Am Ende war ich einfach nur erschöpft. Als die Zuschauer dann so gejubelt haben, war ich dennoch zufrieden. Diese Unterstützung ist unbezahlbar“, sagt Dias.

Der große Auftritt des Mannes aus Bragança Paulista war dabei nur die erste von insgesamt neun Episoden, in denen jeweils der erste Platz fest im Drehbuch vermerkt ist –  Weltrekorde weiterhin jederzeit erwünscht. Nach vier Goldmedaillen in Peking und sechs in London sind dies die Ambitionen eines Athleten der Superlative. Die Paralympics im eigenen Land zu absolvieren sind dabei Motivation und Druck zugleich: „Ich bin noch motivierter mit den Fans im Rücken. Es ist eine unglaubliche Zeit, nicht nur für mich, sondern für alle brasilianische Athleten. Wir müssen unser Bestes geben, dürfen bei allem Druck aber nicht vergessen, es auch zu genießen.“   

Den sportlichen Erfolg, der den Schwimmer in Brasilien immer bekannter machen dürfte, will Dias auch nutzen, um eine Botschaft zu senden: „Gott hat für jeden von uns ein einzigartiges und in unterschiedlicher Weise besonderes Leben geschaffen! Das möchte ich durch mein Schwimmen zum Ausdruck bringen.“ Der Brasilianer ist ohne Hände und mit einem verkürzten Bein geboren. Als Schulkind kam er oft weinend nach Hause, seine Behinderung schien für andere ein schwerwiegendes Problem, ein offener und unverkrampfter Umgang damit war nicht möglich. Doch es kam der Moment, so sagt Dias selbst, an dem er sich dazu entschieden hat, glücklich zu sein. Inspiriert von den Paralympics in Athen 2004 kam er schließlich zum Schwimmen. Sein jetziger Trainer Marcos Rojo attestierte von der ersten Begegnung an außergewöhnliches Talent: „Ein Rohdiamant mit einer außergewöhnlichen Flexibilität!“ Jede weitere Medaille verleiht diesem Diamanten inzwischen weiteren Glanz.

Daniel Dias kann so nicht nur zum gefeierten Nationalheld werden – er könnte am Ende womöglich auch zum erfolgreichsten noch aktiven Paralympioniken aufstreben. Noch ist das der schwedische Schütze Jonas Jakobsson. Aufgrund der ungleichen Anzahl der Medaillenentscheide liegt es aber an Dias selbst, dies in den nächsten Tagen - bei seinen Heimspielen - zu ändern.

David Hock

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