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Tilman Höfs hat den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs gewonnen, bei dem es auch auf Persönlichkeit ankommt.

©  Johannes Bock

Musik an der UdK: Ein Kraftakt für die Lippen

Ein ganz besonderes Instrument: Tilmann Höfs studiert Horn an der UdK – und hat einen großen Preis gewonnen.

Tillmann Höfs war 15 Jahre alt und spielte schon lang Trompete, als sein Vater – selbst Trompeter – ihm ein Horn in die Hand drückte: „Hier, probier doch mal das. Das ist gar nicht schwer, wenn man schon Trompete spielt.“ Und so wurde Höfs zum Hornisten. Er war begeistert von der Flexibilität eines Instruments, das weich klingen kann, aber im nächsten Moment wieder laut und schmetternd. Dessen Klangfarben mit denen anderer Blechblasinstrumente harmonieren können, die sich aber genauso mit den filigranen Klängen von Holzbläsern und Streichern vereinen.

Seit sechs Jahren spielt Tillmann Höfs Horn und nun hat er, als einer von zwei Solo-Preisträgern, den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs gewonnen. Rund 200 Musiker nahmen teil, darunter elf Hornisten: Allerdings geht es bei diesem Contest eben nicht darum, aus der Gruppe der Kollegen am gleichen Instrument hervorzustechen, vielmehr soll der Musiker im Vordergrund stehen. So kann es sein, dass ein Cembaloprofessor eine Flötistin bewertet, obwohl er möglicherweise nur über geringes Wissen in puncto Spieltechnik von Holzbläsern verfügt. Aber gerade darin liege der Reiz, findet Höfs: „Man setzt sich nicht nur gegen die eigenen Konkurrenten durch, sondern zeigt: Ich kann auch mit Streichern, Pianisten und Holzbläsern mithalten.“

"Für mich ist der Preis eine wunderbare Bestätigung"

2012, gerade mal ein Jahr nach dem Wechsel zum Horn, wurde Höfs als Jungstudent an der Andreas-Franke-Akademie der Hochschule für Musik und Theater Hamburg angenommen. Direkt nach seinem Abitur zog er nach Berlin und studiert seit mittlerweile zwei Jahren zusammen mit 16 Kommilitonen in der Klasse von Professor Christian-Friedrich Dallmann an der Universität der Künste Berlin. „Einen Wettbewerb kann derjenige gewinnen, der das Publikum begeistert. Technik ist die Grundlage, aber entscheidend ist die Persönlichkeit, die senden will, was im Herzen brennt“, sagt Dallmann. Ein gewonnener Wettbewerb sei dann vielleicht der Startpunkt einer Karriere.

Konradin Groth, Professor für Trompete, fügt hinzu, dass schon die Teilnahme an einem Wettbewerb eine entscheidende Vorbereitung für das Berufsleben sei. Denn auch bei einem Probespiel für eine Stelle in einem Orchester müsse man sich gegen viele andere Bewerber durchsetzen. Außerdem erweitere man so sein Repertoire – durch das Einüben der im Wettbewerb verlangten Stücke, darunter oft Neukompositionen, die als innovativ für das jeweilige Instrument gelten.

„Für mich ist der Preis eine wunderbare Bestätigung“, sagt Tillmann Höfs. Ein halbes Jahr lang bereitete sich der 21-Jährige intensiv auf den Wettbewerb vor, übte insgesamt elf Stücke ein, legte sie zur Seite, übte sie erneut, legte sie wieder zur Seite, um sie reifen zu lassen und sie dann erneut zu üben. Die dritte Runde sei besonders kräftezehrend gewesen. Hier erhielten die Teilnehmer die Chance, 40 Minuten selbst zu gestalten, samt Moderation. „Der Arbeitsprozess für diese Runde war komplett neu für mich", berichtet Höfs.

Dallmanns Klasse nimmt jährlich zwei bis vier neue Studenten auf

Wenn gerade kein Wettbewerb bevorsteht, übt Tillmann Höfs an einem normalen Wochentag um die fünf Stunden. Dafür kommt er morgens um 10 Uhr in die Uni und bleibt dort bis 18 Uhr. Zwischendurch macht er Pausen, denn seine Lippen brauchen Zeit zur Regeneration. „Die 110 Dezibel, die wir mit dem Horn schaffen, benötigen hartes Training. Das ist wie Sport, Atemmuskulatur und Gesichtsmuskulatur müssen fit sein“, erklärt Dallmann. Das Horn ist zwar der Resonanzraum und seine Form macht den Klang aus, aber der Ton an sich entsteht im Kopf des Hornisten und wird allein durch die Lippen erzeugt, die wie die Stimmbänder eines Sängers vibrieren – ein Kraftakt, der von außen nicht unbedingt sichtbar ist.

Dallmanns Klasse nimmt jährlich zwei bis vier neue Studenten auf, die vor allem Begeisterung für das Instrument mitbringen sollen und gute Ohren, aber eben auch Vorbildung: jahrelanges Training. Von den 17 Studenten in Dallmanns Klasse haben schon viele eine Stelle im Orchester und die, die keine haben, werden von ihrem Professor dazu animiert, Muggen – das heißt kurzfristige Engagements – wahrzunehmen. „Das Instrument Horn hat sich in seiner Grundstruktur seit 300 Jahren nicht verändert, aber der Anspruch hat sich vervielfacht. Die Besten bekommen eine Stelle, die Faulen haben keine Chance“, erzählt Dallmann. Disziplin, Geduld und Toleranz gegenüber der eigenen Frustration seien Grundvoraussetzungen, um eine feste Stelle zu finden, auch im orchesterreichsten Land. Und das, obwohl Hornisten fast immer in stärkerer Besetzung spielen als andere Bläser. Habe man dann eine Stelle, müsse man sich von Anfang an beweisen. „Welpenschutz“ gibt es nicht.

Jetzt warten auf ihn Konzerte und eine CD-Produktion

An der Ausbildung für Blechbläser habe sich kaum etwas verändert, berichtet Konradin Groth, der selbst an der Vorgängerinstitution der UdK Berlin studierte. Die Bachelor- und Masterstudiengänge seien lediglich etwas strenger strukturiert und das Campusgefühl sei ein wenig verloren gegangen, seitdem die Blechbläser, von den anderen Orchestermusikern getrennt, in der Lietzenburger Straße untergebracht sind.

„Die UdK ist riesig. In den ersten Semestern muss man sich zunächst einen Überblick verschaffen, aber dann lernt man schnell ihre Vorzüge kennen“, erzählt Tillmann Höfs. Gerade sei er an einem Theaterstück beteiligt und arbeite mit Studenten aus dem Studiengang Bühnenbild zusammen. Das, was die UdK als Wahlpflichtfächer anbietet, kann er dank seines Erfolgs beim Wettbewerb in diesem Sommer weiter vertiefen: Auf ihn warten neben einer CD-Produktion und 40 Konzerten auch Seminare, in denen die Grundlagen des Musikerberufs vermittelt werden sollen. Hier wird es um den Einstieg in die Künstlersozialkasse gehen, um Rechte, die GEMA und um Methoden, musikerspezifischen Krankheiten vorzubeugen. „Das Horn ist ein schweres Instrument und man hält es sehr weit vom Körper entfernt – das geht auf die Schultern und das Schlüsselbein. Man muss sich täglich darin üben, so locker wie möglich zu sein“, erzählt der Hamburger.

Das Preisgeld, 5000 Euro, möchte er unter anderem für Meisterkurse nutzen. Man könne von Glück reden, wenn die Eltern in der Lage sind, privaten Unterricht in der Schulzeit zu finanzieren, aber in der Studienzeit würden die Kosten nicht geringer. „Ein kleiner Teil des Geldes wird aber natürlich auf den Kopf gehauen“, gesteht Höfs lachend. Ins Orchester möchte er im Moment nicht. Stattdessen möchte er schauen, was sich hinter den solistischen Türen verbirgt, die ihm der Wettbewerb aufgeschlossen hat.

Helena Davenport

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