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Männer vom Stamm der Potiguaras, brasilianische Ureiwohner, fahren in Rio de Janeiro mit der U-Bahn zum Umweltgipfel im Kongresszentrum.

© AFP

Umweltgipfel Rio+20: Die Suche nach der Bremse

Der Umweltgipfel Rio+20, der am Mittwoch beginnt, bietet die Chance, sich existierenden und kommenden Katastrophen in den Weg zu stellen. Doch für so manches Ökosystem ist es schon zu spät. Und so mancher Politiker kommt nicht in die Gänge.

Eigentlich wissen alle Bescheid. Auf einem begrenzten Planeten kann es kein unendliches Wirtschaftswachstum geben. Doch gerade in den aktuellen Finanz- und Schuldenkrisen will das niemand hören. Stattdessen wird über einen Wachstumspakt mithilfe von noch mehr Schulden verhandelt, als Alternative zum Sparen. Dabei sind die nächsten Krisen längst eingetroffen oder schon in Sichtweite, wie etwa der Zusammenbruch von Ökosystemen: Die Korallenriffe der Welt sind nicht mehr zu retten. Dazu kommen klimabedingte, teure Wetterkatastrophen. Der Deponieraum der Atmosphäre für Kohlendioxid ist mit aktuell 400 Teilchen pro einer Million Teilchen bereits über die kritische Grenze hinaus genutzt. Was danach kommt, lässt sich in einem komplexen System wie der Erde nicht mehr überschauen. Ursache und Wirkung lassen sich nicht mehr genau zuordnen, und selbst kleine Ereignisse können weltweite Wirkungen entfalten.

Die Atmosphäre ist nicht das einzige Erdsystem, das die Grenzen seiner Belastbarkeit erreicht hat. Das gleiche gilt für die Ozeane und das darin verschwindende Leben. Der Weltgipfel Rio+20, der von Mittwoch an drei Tage lang über eine umweltverträglichere Weltwirtschaft diskutiert, wäre ein guter Zeitpunkt, diese Tatsachen nicht mehr zu verdrängen. Weil die Regierungen der Welt zu wenig kooperieren und sich nicht überwinden können, Kompetenzen an übergeordnete Instanzen wie die Gruppe der 20 größten Weltwirtschaften oder die UN abzugeben, werden alle nationalen Regierungen machtloser. Die Politik wird von den Finanzmärkten getrieben. Mit mehr Kooperation ließe sich Entscheidungskompetenz zurückgewinnen. Doch das geht nur über den Weg von mehr Zusammenarbeit. Bundeskanzlerin Angela Merkel als starke Frau der Europäischen Union hätte in Rio alle Chancen, für eine Umkehr zu werben. Dass sie nicht kommen will, ist ein großer Fehler. Als Kanzlerin der Energiewende ist sie glaubwürdiger als andere. Ohne ihre Führungsstärke wird es sehr schwer werden, den Zug, in dem wir alle sitzen, vor dem Abgrund doch noch zum Halten zu bringen. In Rio könnte zumindest damit begonnen werden, nach der Bremse zu suchen.

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