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Pater Tobias Zimmermann ist Rektor des katholischen Canisius-Kolleg.

© Kitty Kleist-Heinrich

Religiöse Vielfalt in Berlin: Katholisches Elitegymnasium stellt muslimische Lehrerin ein

Der Senat streitet weiter über das Neutralitätsgesetz. Tobias Zimmermann stellt als Rektor des katholischen Canisius-Kolleg eine Lehrerin ein, die Kopftuch trägt.

Ein Religionsloser brachte ihn zum Glauben: sein agnostischer Lehrer. Der habe ihn zum Denken angeregt und so sein Leben beeinflusst. Denn beim Grübeln über Gott und die Welt kam Tobias Zimmermann zu ganz anderen Ergebnissen, als sein Pädagoge. Er trat dem Jesuitenorden bei und wurde Priester.

Seit 2011 leitet der gebürtige Münchner das katholische Canisius-Kolleg, ein Berliner Elitegymnasium. In seiner Funktion als Rektor hat der 50-Jährige nun eine Entscheidung getroffen, die den Berliner Umständen geschuldet zu einer außergewöhnlichen wird. Während sich der Senat weiter über das Neutralitätsgesetz streitet, das Kopftuch, Kippa und Kreuz aus den Klassenzimmern verbannt, stellt Zimmermann für seine katholische Schule eine Lehrerin ein, die Kopftuch trägt. „Sie hat sich beworben und mit ihren mathematischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten überzeugt“, sagt er. So pragmatisch, so gut. Als Rektor einer Privatschule kann er frei entscheiden.

Schule schon immer international

Eine große Sache daraus machen, will Zimmermann nicht. Die Schule sei immer international gewesen, habe durch die Flüchtlingskrise viele muslimische Schüler aufgenommen. Die Lehrkräfte seien Christen und Agnostiker, stammen aus Russland, dem arabischen Raum und anderen europäischen Staaten. Jetzt habe er eine muslimische Berlinerin eingestellt, die Kopftuch trägt. Na und?

Schule muss Vielfalt abbilden, sagt der Pater. Bildung muss neutral bleiben, lautet hingegen das Credo der Laizisten. Aber was heißt eigentlich neutral? Meint es bloß religionslos? Ist denn nicht der Ausschluss von Religion auch der Ausdruck einer Weltanschauung? Das sind Fragen, die sich Zimmermann stellt.

"Schule ist keine Dressuranstalt"

Schule sei keine Dressuranstalt, sagt er. Sie gelinge nur, wenn sie zum kritischen Nachdenken anrege. Dazu brauche es Menschen, die offen für andere Haltungen seien, die aber ebenso für ihre eigene einstünden. Und einstehen dürften, ohne dass ihnen Indoktrination vorgeworfen werde.

Religion ist eine solche Haltung. Sie aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, ist für Zimmermann keine Lösung. Deshalb kämpft er für eine Gesellschaft, die Vielfalt lebt und den Mut hat, Unterschiede auszuhalten und zu diskutieren. Auch in der Schule. Die muslimische Lehrerin einzustellen, ist sein kleiner Beitrag dazu. „Wir müssen neue Dinge ausprobieren“, sagt Zimmermann und trifft damit eine unerwartete Entscheidung – wie schon zu seiner Schulzeit.

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