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Richter Manfred Götzl gerät im NSU-Prozess durch die Affäre um ein erfundenes Opfer unter Druck.

© AFP

NSU-Prozess nach 237 Tagen: Manfred Götzl: Ein Richter wie ein Monolith

Gegen den Vorsitzenden Richter im NSU-Prozess gab es bereits den siebten Befangenheitsantrag - vergeblich. Manfred Götzl scheint immun gegen Attacken.

Von Frank Jansen

Er hat nun wieder eine Attacke überstanden. Am Montag ist der siebte Befangenheitsantrag gescheitert, der sich gegen Manfred Götzl richtete, den Vorsitzenden Richter im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München. Die Verteidiger der Angeklagten Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben versuchen schon lange, Götzl loszuwerden. Vergangene Woche stießen Wohllebens Anwälte vor, auch gegen Götzls Kollegen im 6. Strafsenat. Doch der kantige, 61 Jahre alte Richter thront wie ein Monolith im Jahrhundertverfahren zu den Verbrechen der Terrorzelle NSU. Dass Götzl zu kippen wäre, erscheint ausgeschlossen. Auch wenn der jetzt von drei Richtern abgewiesene Befangenheitsantrag auf einen Fehler Götzls folgte.

Zweieinhalb Jahre führt er nun den Prozess mit harter Hand, kanzelt Anwälte ab und wird doch allseits respektiert. Anfang Oktober wurde indes bekannt, dass Götzl im April 2013, kurz vor Beginn des Prozesses, die Nebenklage eines Phantoms zugelassen hatte.

„Meral Keskin“ sei bei dem Bombenanschlag des NSU in der Kölner Keupstraße verletzt worden, behauptete der Anwalt Ralph Willms. Die Bundesanwaltschaft warnte Götzl, es gebe keine Hinweise, dass Keskin ein Opfer der Tat vom 9. Juni 2004 war. Die Behörde regte an, die ominöse Frau zu vernehmen. Götzl setzte sich darüber hinweg. Obwohl Keskin das einzige Opfer im NSU-Komplex war, das niemand kannte.

Selbstherrlichkeit ist die Schattenseite von Götzls Dominanz. Das war auch 2013 schon beim Konflikt um die Akkreditierung von Journalisten für den Prozess zu spüren. Der Fall Keskin geriet nun spät, aber mit Wucht zur Blamage. Anwalt Willms musste nach 233 Verhandlungstagen zugeben, seine Mandantin existiere nicht. Willms soll schon über 100 000 Euro aus der Justizkasse bekommen haben.

Der Fauxpas hatte paradoxe Folgen. Die vier Verteidiger von Beate Zschäpe gerieten über den Fall in Streit. Den nutzten Wohllebens Anwälte, um eine Aussetzung des Prozesses zu verlangen, da Zschäpe nicht mehr ordnungsgemäß verteidigt werde. Der Senat wies den Versuch ab, die Verhandlung zum Platzen zu bringen. Wohllebens Verteidiger reagierten mit dem Befangenheitsantrag, auch im Hinblick auf Argumente für eine Revision nach dem Urteil. Das Götzl offenbar schon vorschwebt. Ende September verkündete er die Ablehnung vieler Beweisanträge, selbst der zu Mordwaffen. Aus Götzls Sicht ist das für die „Entscheidung“ nicht mehr von Belang.

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