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Nicht alle Alba-Fans finden die Mannschaftspolitik von Alba-Manager Marco Baldi richtig.

© dpa

Kompletter Kader-Tausch: Tschüss, Alba-Dauerkarte!

Nur die Mannschaft ist der Star. Das will Marco Baldi, Manager der Basketballer von Alba Berlin, den Fans weismachen. Doch wo vor der Saison nahezu der komplette Kader ausgetauscht wird, fehlt irgendwann jede Identifikation mit der Mannschaft.

Nein, dieses Jahr keine Alba-Dauerkarten für uns. Schluss. Aus. Erstmals seit 15 Jahren. Wir wollen uns das nicht wieder antun – einen Start in die Saison der Basketball-Bundesliga mit so vielen Fremden. Die gesamte Mannschaft ausgetauscht, nur ein Spieler ist geblieben vom Kader der vergangenen Saison, mit dem wir mitfieberten bei engen Spielen, jubelten bei Siegen, mitlitten bei verlorenen Partien und den Schmerz fühlten, wenn sich jemand verletzte. Dafür: zwölf Neue. Angefangen mit Leon Radosevic. Oder Clifford Hammonds, David Logan und Vojdan Stojanovski. Ach, Reggie Redding, Alex King, Akeem Vargas, Jonas Wohlfarth-Bottermann, Bar Timor und Ismet Akpinar wollen wir nicht vergessen. Ismet wer? Eben! Da kommen keine Familiengefühle auf, egal wie talentiert und sympathisch die Neuen sein mögen. Eine Mannschaft, die nur Namen hat, aber keine Gesichter, und vor allem keine Seele.

Immerhin einer kennt die Neuen: Alba-Manager Marco Baldi, er hat sie schließlich verpflichtet. Aber Identifikation der Zuschauer mit einzelnen Spielern? Die findet genau dieser Baldi offenbar vernachlässigenswert. Gesichter werden überschätzt, hat er dem Tagesspiegel im Sommer gesagt. Am Ende ist nur die Mannschaft der Star, will Baldi den Alba-Anhängern weismachen. Wer spielt, ist gleichgültig? Im Eishockey, etwa bei den Berliner Eisbären, würden auch nach jeder Saison die Spieler ausgetauscht, behauptete Baldi da. Da allerdings könnte sich der Alba-Manager auf dem kurzen Dienstweg belehren lassen. Die Eisbären, die wie Alba in der O2-Arena spielen, sind in die neue Saison bis auf zwei Neue nahezu komplett mit der letztjährigen Formation aufs Eis gegangen.

Passionierter Alba-Fan Gerd Nowakowski.
Passionierter Alba-Fan Gerd Nowakowski.

© Kai-Uwe Heinrich

Wechsel gehört zum Sport dazu, nicht aber ein Kahlschlag, der die Emotionen rasiert

Ein bisschen erinnert das, was Baldi bei Alba derzeit macht, an das einstige Geschäftsgebaren eines Dieter Hoeneß. Der schaffte es seinerzeit, als Hertha-Manager mit erratischen Transfers und panischen Trainerwechseln den Fußball-Bundesligisten fast in den Abgrund zu schubsen. Baldi scheint ihm nachzueifern. Er nennt eine „Reinigung“, was eine Komplettverabschiedung einer eingespielten und ausbaufähigen Mannschaft ist. Die trotz enormen Verletzungspechs zuletzt den Pokal gewann, es bis in die Zwischenrunde der Euroleague schaffte und gegen europäische Spitzenmannschaften achtbar abschnitt. Das nervt. Denn schon in den Jahren davor hieß es jede Saison, sich auf eine weitgehend veränderte Mannschaft einzustellen. Wechsel gehört zum Sport dazu, nicht aber ein Kahlschlag, der die Emotionen rasiert. Teams müssen wachsen können über Jahre. Natürlich wollen Fans Erfolge, aber nicht mit einer Retortenmannschaft, bei der man keine Lust hat, sich hinterher abzuklatschen am Spielfeldrand. Deswegen ist Schluss mit Dauerkarte. Nicht mit uns.

Wie man es anders machen kann, zeigt Dauerkonkurrent Bamberg. Der Meister der letzten Jahre hält den Kern der Mannschaft fest zusammen und hat das Team nur vorsichtig ergänzt. Selbst Alba-Fans kommen deswegen die Namen des Bamberg-Teams flüssiger über die Lippen als die der Alba-Spieler. Da war das Alba-Management mal weiter – oder klüger. Die älteren Fans erinnern sich, dass die früheren Erfolge von sieben Meisterschaften hintereinander ebenfalls von einer Mannschaft errungen wurden, die über Jahre im wesentlichen personell zusammen blieb.

Aber Fans spielen scheinbar eh keine Rolle. Vergessen, dass ein Verein auch noch Zuschauer benötigt? Alba hat in Europa den höchsten Zuschauerschnitt aller Clubs. Mehr als 10 000 kommen Woche für Woche. Den Fans ist nicht egal, dass es keine Identifikationsfiguren wie den Nationalmannschafts-Kapitän Heiko Schaffartzik mehr gibt, dass der Wirbler DaShaun Wood weg ist. Vor allem nicht den Inhabern von Dauerkarten, die seit vielen Jahren den Club begleiten, die schon in der Charlottenburger Sömmeringhalle dabei waren, die Albas Serie der Meistertitel in der Max-Schmeling-Halle miterlebt haben und in der O2-Arena zuverlässig für Stimmung sorgen. Doch auch ihre Geduld ist endlich. Die Warnzeichen sind da: In der vergangenen Saison kamen pro Heimspiel fast 1000 Zuschauer weniger als im Jahr davor.

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