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Wir essen, wir trinken. Nichts kommt Verbrauchern so nahe wie Lebensmittel.

© Vadim Ghirda/dpa

Fipronil-Skandal: Lebensmittel müssen strenger kontrolliert werden

Die Nahrungsindustrie ist ein weltweiter Markt, der Verbrauchern so nahe ist wie nichts sonst. Umso genauer sollten Behörden hinsehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Und, haben Sie Angst vor Fipronil im Frühstücksei? Wenn nicht, sind Sie in der Mehrheit: 61 Prozent der Deutschen sehen laut ZDF-„Politbarometer“ ihre Gesundheit durch den abermaligen Lebensmittelskandal nicht gefährdet. Motto: Haben wir nicht bereits Gammeldöner, Dioxin im Fisch, Mäusekotmozzarella, Pferdelasagne oder Glykol im Wein unbeschadet überstanden? Das führt zu der Frage: Sind Lebensmittelskandale eigentlich skandalös, wenn niemand Schaden nimmt, oder sind sie nur ganz normale Wirtschaftskriminalität?

Dass Lebensmittel von der Handelswarte aus betrachtet Waren sind wie alle anderen auch, zeigt sich an den Spuren, die sie über die Welt ziehen. Die Fipronil-Eier oder Teile von ihnen (etwa das Eigelb) sind inzwischen in 15 EU-Ländern, in der Schweiz und in Hongkong aufgetaucht, die Eierbranche ist, was vielleicht nicht jeder auf Anhieb gewusst hätte, international weit verzweigt.

Dass es Produkte sind, die man dem Gefühl nach lieber aus der Nachbarschaft hätte, ist ein besonderes Moment in der Beziehung der Menschen zum Essen. Wegen dieser Besonderheit erregen Betrügereien in der Lebensmittelbranche mehr Aufsehen als in anderen Branchen, vom aktuellen Dieselskandal mal abgesehen. Die Lebensmittelbranche kommt dem Menschen so nah wie sonst keine: Sie produziert, was der sich einverleibt, was er isst oder trinkt, mehr Nähe geht nicht.

Allzu genau will es der Verbraucher oft gar nicht wissen

Und weil man ja weiß, dass die Lebensmittel nicht so gut und rein und regional sind, wie sie präsentiert werden, und weil man ahnt, dass man gar nicht wissen will, wo das eingeschweißte Fleisch herkommt, wie die Ökobilanz der Erdbeeren aus Spanien aussieht oder die Zutatenliste vom Tiefgekühlten, ist der alltägliche Selbstbetrug an der Supermarktkasse ein fast notwendiger Teil des Lebensmittelerwerbs. Bei genauerer Betrachtung würde man vieles womöglich nicht essen oder trinken wollen.

Neben den Verbrauchern, die sich gern täuschen lassen, zeigt dieser abermalige Lebensmittelbetrug auch eklatante Schwächen im System EU. In Belgien und den Niederlanden, wo die Fipronil-Eier herstammen, wussten die Behörden jeweils schon lange Bescheid, bevor sie sich bequemten, die Informationen weiterzugeben, auch die EU-Kommission war offenbar bereits seit Juli darüber im Bilde, dass Millionen Eier, die mit dem Insektizid verpestet sind, kreuz und quer durch Europa gehandelt werden. Das Warnsystem, das es geben soll, funktionierte nicht. Daraus sollen jetzt Lehren gezogen werden. Gut so!

Auch das ergab das „Politbarometer“: Die Menschen hätten gern strengere Kontrollen. Ebenso bitter nötig sind aber auch Sanktionen und Strafen gegen die betrügerischen Betriebe in möglichst abschreckenden Ausmaßen.

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