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Noch in der vergangenen Woche hatten Wowereit und Henkel erklärt, für einen Rückzug Brauns gebe es keinen Anlass – trotz aller dokumentierten Vorfälle.

© dapd

Berliner Senator: Der korrekte Rückzug des Michael Braun

Der clevere Rechtsanwalt und Notar Michael Braun – ein armes Missbrauchsopfer, erst von fiesen Schrottimmobilienhändlern vergewaltigt, dann auch noch von der Presse?

Die Erklärung der CDU zum Abgang des Senators Michael Braun bereichert dessen Zynismus mit einem Schuss Satire. Erstens haben die Mitglieder des Präsidiums Braun „das volle Vertrauen“ ausgesprochen; zweitens sehen sie keinen Grund, daran zu zweifeln, dass er sich „korrekt verhalten“ hat, da er von unseriösen Geschäftemachern „als Notar missbraucht“ worden sei; drittens ist es Braun angesichts der „einseitigen und andauernden Presseberichterstattung“ nicht möglich, sein Amt „weiter (sic!) zum Wohle der Stadt“ zu führen; viertens hat das Präsidium das Entlassungsgesuch „mit großem Bedauern“ aufgenommen. Brauns Unschuld ist einfach zu groß für ein so niederes Amt.

Selbst wenn diese Erklärung nicht aus freien Stücken erfolgte, sondern schwerstens ausgehandelt ist, also das Ergebnis eines Deals zur Gesichtswahrung des zum Rückzug gedrängten Braun darstellt, wirkt sie angesichts der offensichtlichen Umstände wie ein ganz schlechter Witz. Der clevere Rechtsanwalt und Notar Michael Braun – ein armes Missbrauchsopfer, erst von fiesen Schrottimmobilienhändlern vergewaltigt, dann auch noch von der Presse? Da ist es ein schwacher Trost, dass er als Schmerzensgeld nur ein paar Monate Lohnfortzahlung bekommt, für den „Übergang“. Dabei hat er wirklich viel zu tun gehabt in den paar Tagen, die er Senator war.

Noch am Morgen hatte Braun versucht, sich im Amt zu verbarrikadieren. Lediglich seine Zuständigkeit für den Verbraucherschutz wollte er ruhen lassen, und auch das nur bis zur „sauberen Aufklärung“ der Vorwürfe. Prompt kündigte seine Staatssekretärin, der die Dienstgeschäfte übertragen werden sollten, kurzfristig eine Pressekonferenz an zum Thema „Neue Akzente der Verbraucherschutzpolitik“. Als wenn diese in den vergangenen Tagen durch Brauns Handlung und Haltung nicht bereits mehr als deutlich geworden wären. Bei Rechtsgeschäften moralische Maßstäbe anzuwenden, hatte Braun im Parlament gesagt, „würde nur in Willkür enden, wie in Deutschland schon erlebt“ – so als wäre nicht die herrschende Moral die Grundlage allen Rechts, so als verteidige er mit der fixen Beurkundung von windigen Geschäften zulasten überrumpelter Käufer nur das Abendland vor neuer Barbarei.

Doch damit nicht genug der Groteske. Am Mittag, als die CDU ihren ehrenwerten Herrn Braun endlich aus dem Amt gelobt hatte, verkündete der Regierende Bürgermeister, der respektable Rückzug des Senators zeige, „welch hohen Stellenwert der Verbraucherschutz hat“. Doch hoch ist eine relative Größe: Erst hatte Wowereit dieses Amt jahrelang der Linken überlassen, jetzt eben der CDU, und dort wem auch immer, und sei es dem von ihm wenig geschätzten Braun; es war ihm gerade egal, wie auch der Name der neuen Wirtschaftssenatorin, von der er nach ihrer Benennung sagte, dass er sie erst noch mal kennenlernen müsse.

Noch in der vergangenen Woche hatten Wowereit und Henkel erklärt, für einen Rückzug Brauns gebe es keinen Anlass – trotz aller dokumentierten Vorfälle, die zumindest seine Zuständigkeit für den Verbraucherschutz wie eine Vergärtnerung des Bocks erscheinen ließen. Am Ende haben sie gehandelt, weil es anders nicht mehr ging. Für Wowereit ist das bisher nur lästig, für Henkel aber gefährlich. Keine zwei Wochen ist die CDU wieder dabei, da hat sie ihren Vertrauensvorschuss, den sie sich zehn Jahre nach der Ära Landowsky erarbeitet hatte, schon wieder verbraucht. Sie hätte sich besser vor sich selbst schützen sollen.

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