zum Hauptinhalt
Nordsee ist Mordsee. Fredo Schulz (Armin Rohde) ertränkt seine Trauer um Frau und Sohn im Alkohol und wartet darauf, dass die Wellen über ihm zusammenschlagen.

© dpa

ZDF-Krimi "Der gute Bulle": Vom Trinken zum Ertrinken

Armin Rohde spielt im Krimi „Der gute Bulle“ einen alkoholkranken Fahnder. Und "Tatort"-Held Axel Prahl mal einen Bösewicht

Armin Rohde hat sich zu Beginn seiner Filmkarriere mit der „Bierchen“-Nebenrolle in Sönke Wortmanns „Kleine Haie“ unsterblich gemacht. 25 Jahre später wäre der Spitzname „Schnäpschen“ im ZDF-Fernsehfilm „Der gute Bulle“ untertrieben. Der Mülleimer vor der Hütte von Fredo Schulz quillt über mit Schnapsflaschen. Der Ex-Kommissar selbst steht bis zum Bauchnabel in der Nordsee, nimmt ab und zu einen großen Schluck und wartet auf die Flut. Ein gewissermaßen doppelter Versuch zu ertrinken, den Schulz jeden Tag unternimmt und dabei jeden Tag scheitert. Weil er den letzten Schritt dann doch nicht geht. Ein Routinejob für den örtlichen Lebensretter, der das traurige Schauspiel gelangweilt vom Deich aus verfolgt.

Eine solch verzweifelt komische Szene trägt unverkennbar die Handschrift von Autor und Regisseur Lars Becker. Und Rohde ist einer seiner Lieblings-Darsteller. 23 Filme haben die beiden bereits zusammen gedreht, allein 14 in der „Nachtschicht“-Reihe im Zweiten. Rohde als gefährlich nahe am persönlichen Abgrund kippelnde Polizeifigur, das ist beinahe ein Selbstläufer. Im Krimidrama „Der gute Bulle“ bekommt der an die Nordsee geflüchtete Berliner Ex-Kommissar eine zweite Chance.

Schulz hat Frau und Sohn verloren

Fredo Schulz war in seinem Vorleben auf verhängnisvolle Weise der „bad cop“. Weil er das Geständnis eines mutmaßlichen Kindermörders mit Gewalt erzwungen hatte, musste Roland Bischoff (Axel Prahl) laufen gelassen werden. Zwei Kinder waren damals spurlos verschwunden, Schulz, der zudem seine Frau und seinen Sohn bei einem Flugzeugabsturz verloren hatte, quittierte den Dienst. Nun wird er vom Berliner LKA wieder zu Hilfe gerufen, weil mit der siebenjährigen Ashley ein drittes Mädchen vermisst wird. Wie die beiden Opfer zuvor hatte sie sich gerade ein Eis gekauft – in einer Eisdiele, in der auch Roland Bischoff Stammgast ist.

Lars Becker erzählt hier keine Großstadt-Ballade wie in den „Nachtschicht“-Filmen, auch wenn die eine oder andere Szene in einer Bar spielt, weil Ashleys Vater Jimmy (Max Simonischek) als Barkeeper arbeitet. Bei seinem ersten Besuch bleibt Schulz standhaft und sieht dem Eis in seinem Whiskey nur beim Schmelzen zu. „Ich weiß auch so, wie der schmeckt“, sagt er tapfer. Ashleys Mutter Melissa (Melika Foroutan) gibt er das Versprechen, dass er ihre Tochter zurückbringen werde. Es dauert nicht lange, und Melissa kassiert an Schulz' Zimmertür im Hotel die halb leer getrunkene Schnapsflasche ein. Der Ermittler bleibt ihre große Hoffnung, auch als rückfälliger Alkoholiker. Der spezielle Humor und Dialogwitz, sonst ein Markenzeichen der Becker-Filme, ist hier etwas heruntergedimmt. Auf die Darstellung einer aufgebrachten Öffentlichkeit, in Fällen von Verbrechen gegen Kinder ein häufiges Motiv in Krimis, verzichtet der Autor und Regisseur ebenfalls.

Axel Prahl mal als Bösewicht

Dafür gibt er seiner Geschichte relativ früh eine überraschende Wende. Plötzlich steht Felix Montabaur (Thomas Heinze) im Kommissariat. Ashley ist entführt worden, als Lösegeld hätten die Kidnapper von ihm drei Millionen Euro gefordert. Montabaur hat in eine reiche Unternehmer-Familie eingeheiratet und erklärt, Ashley nicht zu kennen. Bischoff scheint damit entlastet zu sein, nur Schulz will das nicht wahrhaben. Den Pädophilen zur Strecke zu bringen, ist zu seiner zweiten Sucht geworden.

Axel Prahl, als Kommissar im Münsteraner „Tatort“ einer der Publikumslieblinge der Fernsehnation, darf hier endlich mal wieder einen ziemlich ungemütlichen Bösewicht spielen. „Der gute Bulle“ hat allerdings nicht nur das Duell zwischen Rohde und Prahl zu bieten. Gegen den Strich gebürstet ist auch die Besetzung mit Gaby Dohm. Der einstige Star gemütlicher Serien wie „Schwarzwaldklinik“ und „Um Himmels willen“ ist in der Rolle von Bischoffs Mutter zu sehen, der nach und nach dämmert, was für ein Typ ihr Sohn wirklich ist. Wieso erst jetzt, bleibt allerdings rätselhaft.

„Der gute Bulle“, ZDF, Montag, um 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false