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Beim ZDF funktioniert’s. Harald Lesch erklärt in „Leschs Kosmos“ das Sonnensystem, zu späterer Stunde vor fast zwei Millionen Zuschauern (11,2 Prozent Marktanteil).

© ZDF und Benedikt Baldrian

Wissenschaftsformate im RBB: Wieso? Weshalb? Warum?

Komplexes verständlich machen: Themen aus Forschung & Wissenschaft sind von immer wichtigerem Interesse – dennoch hat der RBB sein Wissensformat eingestellt.

Institut für Gesundheitsforschung, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Leibniz-Gemeinschaft, Hasso Plattner Institut, Klimafolgenforschung, vier große Unis, zuletzt das Angebot, die Central European University (CEU), die in Ungarn unter Druck gesetzt wird, nach Berlin zur FU zu holen: Wissenschaft und Forschung in der Region Berlin-Brandenburg sind spitze, nur dem Rundfunk Berlin-Brandenburg ist das Thema kein eigenes TV-Format mehr wert. Und das zu einer Zeit, wo immer komplexere Zusammenhänge verständlich dargestellt werden sollten. Quasi klammheimlich wurde „RBB Wissen“ aus dem Programm genommen – aus Quotengründen.

Das bestätigte ein RBB-Sprecher auf Tagesspiegel-Anfrage. Es sei im Zuge der anstehenden Programmreform beim Sender zum Jahreswechsel um die Frage gegangen, ob es einen festen Sendeplatz „Wissenschaft“ am späten Montagabend geben sollte. „Aus unserer Sicht hatte sich das nicht bewährt. Der Publikumszuspruch war begrenzt, zuletzt unter drei Prozent, die Vielfalt der Wissenschaftsregion fand ebenso wenig einen angemessenen Ausdruck wie die hier erzielten Forschungserfolge.“

Diese Entwicklung hätte sich schon bei „Ozon unterwegs“, einer monothematischen Reportagesendung, abgezeichnet. Das Vorgänger-Magazin von „RBB Wissen“ war im September 2016 im RBB-TV eingestellt worden.

Das Nachfolgemagazin hat sich nicht lange gehalten. Das soll kein Kahlschlag sein. RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus legt Wert auf die Feststellung, dass der RBB weder Mittel noch Personal in der Wissenschaftsberichterstattung kürze. „Leider fanden unsere bisherigen Formate kaum Anklang, deshalb entwickelt unser Wissenschaftsteam neue Angebote.“ Man schaffe nichts ab, man gestalte neu. „Die Zeit, die das braucht, nehmen wir uns auch.“

Dabei ist der RBB, was Wissenschaft angeht, im Radio gut aufgestellt

Vielleicht fehlt es beim RBB-Fernsehen, notorisch Quotenschwächster unter den Dritten Programmen, an der Balance zwischen Wissensvermittlung und Unterhaltung, an Mitteln, komplexere Zusammenhänge aus Natur und Wissenschaft anschaulich darzustellen. Man denke da an erfolgreiche öffentlich-rechtliche TV-Formate: „Bilder aus der Wissenschaft“, „Aus Forschung und Technik, „KnoffHoff-Show“, „Hobbythek“.

Dabei ist der RBB heute, was Wissenschaft angeht, im Radio gut aufgestellt. Nicht ohne Grund, gerade Potsdam ist eine Stadt mit einer der höchsten, vermutlich sogar der höchsten Wissenschaftlerdichte auf die Bevölkerung bezogen. „Wir haben die Entscheidung des RBB, sein Wissenschaftsformat abzusetzen, gegenüber der Intendantin ausdrücklich kritisiert“, sagt Jann Jakobs, Oberbürgermeister in Potsdam und Vorsitzender von proWissen Potsdam, einem Netzwerk von Hochschulen, wissenschaftlichen Institutionen, Wirtschaft, Kultur, Politik.

Man könne über Art, Inhalte und Sendeplätze diskutieren, aber ein solches Format ersatzlos abzuschaffen, bedeute das Eingeständnis, Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Schwache Quoten dürften für einen öffentlich-rechtlichen Sender, besonders da das „Postfaktische“ an Popularität gewinnt, kein Argument dagegen sein, sich mit Wissenschaft und Forschung, die es in Brandenburg und Berlin in exzellenter Qualität gibt, auseinanderzusetzen.

Wichtige Institutionen sind das eine, immer drängendere Themen aus Natur, Wissenschaft, Umwelt und Technik das andere. Wie man es populärwissenschaftlich machen kann, zeigen wöchentlich ARD („W wie Wissen“) und das ZDF mit einem breiteren Spektrum in „Terra X“ (bis zu fünf Millionen Zuschauer) oder monatlich in „Leschs Kosmos“, dazu diverse Wissensformate auf Kika.

Immerhin, der RBB verweist auf den Spielraum anderer, auch neuer TV-Formate für Verbraucher, Gesellschaft und Geschichte. Wissenschaftsthemen sollen dort sendeplatzunabhängig und nach Möglichkeit medienübergreifend für den RBB aufbereitet werden.

Nach dieser Logik könnte man aber auch andere Formate (Religion, Sport) auflösen und Themen im Programm streuen. Was passiert mit dem Klima? Welcher Roboter fährt demnächst mein Auto? Antworten auf diese und andere Fragen muss sich der RBB-Zuschauer in seinem Dritten Programm zusammensuchen.

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