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Comeback. Jörg Wontorra talkt bei Sky Sport News HD (re., n. Dirk Grosse).

© dpa

Viel Fußballtalk, weniger freie Journalisten: Das ist mein Experte!

Ein Sportsender bindet zum Comeback von Moderator Jörg Wontorra diverse Journalisten exklusiv an sich: Wie sich Sky und Sport1 Talkgäste wegnehmen.

In Sachen Fußball-Bundesliga gibt es in Deutschland so viele Experten wie Fans, so rund 40 Millionen. Genug Publikum und Gesprächsbedarf also zur Frage, ob Franck Ribéry auf dem Platz die Schnürsenkel der Schiedsrichterin aufmachen darf, oder was der neue Videobeweis wirklich bringt. Der Fußballtalk ist ein so solider Programmpunkt, dass sogar bunte Formate laufen, bei denen Menschen in einer Kneipe stundenlang über Szenen reden, die nur sie gerade sehen, aber nicht die Zuschauer vorm Bildschirm (wie dienstags beim Sport1-„Fantalk“). Am Sonntagvormittag gab es nun gleich zwei Talks, die in direkter Konkurrenz gegeneinander antraten: der Klassiker „Doppelpass“ mit Thomas Helmer auf Sport1 und „Wontorra“, der neue Fußballtalk auf Sky Sport News HD.

Sinnvollerweise war der Protagonist von „Wontorra“ bis 2015 Gastgeber des „Doppelpass“. TV-Bundesliga-Urgestein Jörg Wontorra wollte nach seinem Abschied von Sport1 eigentlich in Rente gehen. Nun taucht er bei Sky auf und legt dort zur selben Zeit los wie bei seinem alten Arbeitgeber. Und nicht nur das. Um „Wontorra“ eine gewisse Exklusivität zu verleihen, wurden von Sky einige Journalisten unter Vertrag genommen, die nur bei „Wontorra“ auftreten dürfen. Was selten genug passiert in der Branche.

„Alles Märchen“, blockte Hoeneß ab

Diese Maßnahme hat „Wontorra“ zum Start am Sonntag aber nicht geholfen. Erster Gast im Studio: Bayern–Präsident Uli Hoeneß. Publikum fehlte, Experten fehlten, Journalisten fehlten, Hoeneß konnte allen Wontorra-Fragen problemlos ausweichen. Maue Vorbereitung beim FC Bayern, zu maues Training unter Carlo Ancelotti? Der neue Sportdirektor Salihamidzic eine Verlegenheitslösung? „Alles Märchen“, blockte Hoeneß ab.

Darauf hätte man gerne Marcel Reif oder Thomas Strunz kontern hören. Die saßen zur selben Zeit beim Fußballtalk auf Sport1 am Münchner Flughafen und diskutierten über Sinn und Unsinn des Videobeweises. Viel Gesprächspotenzial. Viel zu sehen auch. Sport1 hat einen Trumpf im Ärmel: entsprechende Senderechte, darf auch künftig wichtige Spielszenen im Rahmen des „Doppelpass“ zeigen. Darauf muss „Wontorra“ verzichten.

Der „Doppelpass“ wurde denn auch nur behutsam verändert. Wer regelmäßig rund eine Million Zuschauer hat, dürfte wenig zu befürchten haben. Der „Doppelpass“ sei das Leitmedium in Sachen Fußballtalk und das Original, etabliert seit über 20 Jahren, gibt sich Dirc Seemann, Chefredakteur von Sport1, selbstbewusst.

Es wird allerdings spannend sein, zu beobachten, wie der kleine Münchner Sender in den nächsten Wochen an journalistische Gäste kommt. Ob es da wegen der Bindung an Sky nicht Gäste-Notstand gibt, wo doch RTL mit „100% Bundesliga“ auf Nitro am Montag noch ein weiteres Format ins Rennen schickt? Stoff für 40 Millionen Fans.

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