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Erkenntnis. Kinder lesen mehr auf Papier, als man bisher dachte.

© dpa

Studie zum Medienverhalten von Kindern: Online beliebt, offline beliebter

Sie sind die Generation der Digital Natives, aber sie verhalten sich nicht so. Die Medien gehören zu ihrem Leben, bestimmen es aber nicht

Vor zehn Jahren kam das erste iPhone auf den Markt. Mit ihm drang das digitale Zeitalter in die letzten Lebensbereiche der Menschen vor. Kommunikation, Musik, Internet, Nachrichten und Film – alles vereinte die neue Plattform hinter einer innovativen Wischtechnik.

Mit der Smartphone-Revolution brach ein neues Zeitalter der digitalen Vernetzung an, das seinen Preis hat – Dauererreichbarkeit und permanente Ablenkung. In den Feuilletons stimmten die Kulturkritiker ihren Abgesang auf die Gesellschaft an. Der Tenor: Die Telefone werden smarter, die Menschen werden dümmer.

Die erste Generation der sogenannten Young Digital Natives steht mittlerweile an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Sie kennt ein Leben ohne Smartphone nicht. Doch noch immer warnen Wissenschaftler in alarmistischen Tönen: Wenn Eltern nicht aufpassen, würden ihre Kinder zu einer verlorenen Generation von digitalen Einsiedlern. Belege für diese Gefahr gab es bis jetzt nicht.

Sechs der größten Verlage für Kinderzeitschriften gaben nun die „Kinder-Medien-Studie 2017“ in Auftrag, die das Freizeitverhalten von Vier- bis 13-Jährigen untersuchte. In diesem Rahmen interviewte ein Marktforschungsinstitut in einer repräsentativen Umfrage mehr als 2000 Kinder und deren Eltern.

Freunde sind das Wichtigste

Das wichtigste Ergebnis: Das Offline-Leben schlägt nach wie vor das Online-Dasein. So nannten 87 Prozent aller Kinder ihre Freunde als wichtigen Bestandteil der Freizeitgestaltung, 82 Prozent spielen gerne im Freien. Nahezu alle Befragten gaben an, ein Fahrrad zu besitzen, und klassische Gesellschafts- und Kartenspiele sind deutlich beliebter als digitale Unterhaltungsangebote. Knapp drei von vier der Befragten lesen mehrmals pro Woche auf Papier. In der Gruppe der Sechs- bis 13-Jährigen holt das Internet aber deutlich auf.

In der Mediennutzung stehen Fernsehen, Musikhören und Lesen aber mit Abstand vor Aktivitäten wie Chatten, Computerspielen und Youtube. Erst bei den Zehn- bis 13-Jährigen steigen WhatsApp und Telefonieren zum Hauptbestandteil des Zeitvertreibs auf.

Deutlich wird, dass die Tendenz zur digitalen Nutzung mit dem Alter stark zunimmt. Belegt wird dies vor allem mit der Verbreitung von Internetelektronik: Während ein Viertel der Sechsjährigen ein Smartphone besitzt, steigt der Anteil bei unter Zehnjährigen bereits auf fast zwei Drittel – mit 13 Jahren ist es fast überall vorhanden. Doch entgegen aller Erwartung kommunizieren junge Menschen doppelt so gern direkt am Telefon wie über SMS und WhatsApp.

Taschengeld für Süßigkeiten und Zeitschriften

Der Großteil des Taschengelds verschwindet derweil noch immer in den Süßigkeitentüten beim Bäcker oder im Zeitschriftenladen und nicht in den Weiten der Appstores.

Vom Leseverhalten der Kinder im Bezug auf Magazine und Zeitschriften können die Hersteller von Publikationen für Erwachsene nur träumen. Beinahe alle Gefragten lasen die Produkte komplett und ohne ablenkenden Medienkonsum. Für die Auftraggeber der Studie ein Zeichen der hohen Wertschätzung für „Micky Maus“ und „Bravo“. Bereits zwei Drittel der Sechs- bis Neunjährigen dürfen selber bestimmen, welche Zeitschrift sie kaufen, ohne Aufsicht im Internet surfen hingegen nur 19 Prozent. Im Hinblick auf Wertevermittlung, Lerninhalte und Glaubwürdigkeit schnitten Printmedien bei Eltern in allen Bereichen stärker ab als Fernsehen, Internet und Radio.

Die Young Digital Natives haben ein analogeres und sozialeres Leben als befürchtet. Das Einzige, was ihre Generation verloren hat, so scheint es, ist das ihnen entgegengebrachte Vertrauen der Gesellschaft.Hannes Soltau

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