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Läutet der iPhone-Hack eine neue Ära der Unsicherheit ein?

© dpa

Spionage-Software "Pegasus": Das iPhone wird zur Cyberwaffe

Die Spionagesoftware "Pegasus" späht iPhones aus. Wirklich gefährlich wird es, wenn Cyberprogramme digitale Biografien neu schreiben. Ein Kommentar zum Wettrennen zwischen Schützen und Spähen.

Also auch du, iPhone? Wollte Apple nicht alle Welt glauben machen, die Firma habe das beste Smartphone aller Zeiten erschaffen? Auch deswegen ein Premium-Produkt, weil es mit den ultimativen Sicherheitsstandards ausgerüstet sei. Eine Sprechblase, eine Seifenblase. Das Spionageprogramm „Pegasus“ hatte bislang unbekannte Schwachstellen im iOS-Betriebssystem entdeckt, durch den Zugriff konnte die Kommunikation von iPhone-Besitzern geleakt werden, sprich Nachrichten auf dem Handy mitgelesen, Anrufe verfolgt und Tonaufnahmen gemacht werden.

Der arabische Menschenrechtsaktivist und iPhone-Nutzer Ahmed Mansur war als Erster misstrauisch geworden. Schon mehrfach Opfer von Spähattacken, hatte er einen verdächtigen Text mit einem Link erhalten. Über mehrere Stationen wurde die Spur zum israelischen Software-Entwickler NSO zurückverfolgt, der „Pegasus“ auf Trab gebracht hatte. Unklar noch, welche Organisation oder welcher Staat die Spionage-Software genutzt hat.

Apples Nimbus ist dahin

Das iPhone galt als die beste Verteidigungsstrategie gegen Cyberwaffen. Der Nimbus ist nun dahin, auch wenn Apple die Nutzer sofort zum Update des Betriebssystems iOS 9.3.5 aufforderte, um die Sicherheitslücken zu schließen. Doch nach iOS 9.3.5 werden in wahrscheinlich immer schnellerer Folge weitere Updates folgen. Das tägliche Aufrüsten kommt, weil jedes neues Update begleitet sein wird von neuen Spionageprogrammen. Hase und Igel rennen jetzt digital um die Wette.

So stellt sich die Frage: Werden Produzenten von Cyberwaffen eigentlich ebenso scharf beäugt wie die Hersteller von Präzisionsgewehren und Panzern? Gert-Jan Schank, Europa-Chef der IT-Sicherheitsfirma Lookout, fordert eine schärfere Kontrolle von Cyberwaffen-Entwicklern wie NSO, eine „globale Gesetzgebung“ müsse sicherstellen, dass diese Spionageware nicht in falsche Hände geriete.

Das ist weder naiv noch unbillig. „Pegasus“ ist wahrgewordene Scienc-Fiction. Und wer mag ausschließen, dass aus dem Ausspähen von Kommunikation nicht das Erfinden von Kommunikation wird? Smartphones sind längst Lebensbegleiter, mit ihnen werden der Alltag geregelt und viel intimere Dinge. Dieses technische Gerät ist Ausdruck von Identität, in jedem Smartphone steckt die Individualität seines Nutzers. Ein iPhone ist nicht mehr und nicht weniger als die digitale Biografie seines Besitzers. Die nächste Spy-Ware wird sie mitschreiben können. Apple & Co. sind gefragt. Noch größer müssen die Anstrengungen, die Belohnungen für noch bessere Schutzwälle werden. Und der Nutzer muss mitmachen: Updates sind lästig, „Pegasus“ aber zeigt, wie notwendig sie sind.

Schweigen ist Gold als Alternative?

Oder aber: Brieftauben? Schweigen ist Gold? Gebärdensprache? Das Leben ist längst durchdigitalisiert, immer mehr Dienstleistungen und Bequemlichkeiten gibt es nur noch mit Tippen, Wischen, Schütteln. Der Verzicht auf ein Smartphone ist möglich, aber beinahe schon sinnlos. Also drücken wir den Herstellern die Daumen, dass der Igel immer schneller sein wird als der Hase. Der Optimismus ist da – die Apple-Aktie reagierte überhaupt nicht auf die neue Aufregung.

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