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Immer mehr US-Serien wie der Netflix-Thriller „Ozark“ mit Laura Linney und Jason Bateman spielen in jener amerikanischen Provinz, die Trump zum Wahlsieg verhalf.

© Netflix

Sommerpause im TV?: Was Amazon und Netflix bieten

„Ozark“ oder „Transparent“: Während das klassische Fernsehen zur Zeit eher auf leichte Kost setzt, wagen sich die Streamingdienste auch an kontroverse Themen.

Wenn es in den Ferien wieder einmal regnet, ist die Versuchung groß, den Fernseher anzuschalten. Aber die klassischen Fernsehprogramme zeigen in der warmen Jahreszeit traditionell eher Wiederholungen. Denn die Sender, die zu einem festgelegten Termin ausstrahlen, vermeiden den Start einer neuen Serie oder die Erstausstrahlung eines erfolgreichen Films in den Ferienmonaten. Nicht nur, dass die meisten Zuschauer im Urlaub sind – wenn dann am Premierentag die Sonne scheint und das Publikum draußen grillt oder im See badet, sackt die Quote in den Keller. Und sowohl die öffentlich-rechtlichen als auch die privaten Sender haben sich von diesen Zahlen abhängig gemacht. Um das Risiko einer schlechten Quote zu minimieren, stellt das ZDF seine neuen Serien „Das Pubertier“ und „Zarah“ schon ab Mitte August in die Mediathek – zwei Wochen vor dem Sendetermin. Ob der Versuch, dadurch mehr Aufmerksamkeit zu erreichen, gelingen wird, bleibt abzuwarten.

Wer im Sommer trotzdem ein attraktives Programm sucht, ist bei den Streamingdiensten gut aufgehoben, denn die stellen ihre Produktionen das ganze Jahr über zur Verfügung. So steht bei Netflix die gesamte Erfolgsserie „Orange Is the New Black“ auf der Plattform. Die Zuschauer können, obwohl die Serie derzeit in die fünfte Staffel geht, jederzeit mit der ersten Folge einsteigen.

Der Anbieter aus den USA, der gerade bekannt gegeben hat, mehr als 100 Millionen Abonnenten zu haben, startet im Sommer aber auch mit neuen Produktionen. Im Juli stellte er die mit Jason Bateman und Laura Linney hochkarätig besetzte Eigenproduktion „Ozark“ online. In der zehnteiligen Thrillerserie wird ein Finanzberater zusammen mit seiner Familie von einem Drogenboss in das provinzielle Ozark gezwungen. In dem kleinen Touristenort soll er die illegalen Gewinne des brutalen und erpresserischen Gangsters waschen. Hinter der Fassade des Spannungsgenres erzählt die Serie auch über die amerikanische Mittelstandsfamilie und ihre inneren Zerwürfnisse.

Das ländliche Amerika im Blick

Immer mehr US-Serien wählen das ländliche, abgelegene Amerika, das Donald Trump zum Sieg verholfen hat, als Schauplatz der Geschichten. In „Ozark“ ist der Gegensatz zwischen der aufgeklärten Familie aus der Stadt und dem Mittleren Westen treibender Motor der Handlung. Im Unterschied zu den klassischen Sendern, die mit jeder ihrer Produktionen ein möglichst breites Publikum erreichen wollen, leisten sich die Streamingdienste Filme und Serien, die auf ein präzises Zuschauersegment zugeschnitten sind. So hat Amazon mit „Transparent“ die emotional anrührende Serie über die Transgender-Hauptfigur Maura Pfefferman im Programm. In bisher drei Staffeln erzählt die Drehbuchautorin Jill Soloway die Geschichten aller Familienmitglieder, nachdem Vater Mort sich als transsexuell outet und beschließt, als Frau mit dem Namen Maura weiterzuleben.

Die Streamingdienste wagen sich an komplexe und kontroverse Themen, während bei den deutschen Sendern im Sommer die leichte Kost geboten wird. Nicht nur mit ihren Serien gehen die Anbieter künstlerisch und inhaltlich innovative Wege. Mit dem Spielfilm „To the Bone“ hat Netflix aktuell eine kontrovers diskutierte Eigenproduktion im Angebot. Im Zentrum steht eine junge Frau, die an Magersucht leidet. Schon die Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ über den Selbstmord einer Schülerin hat zum Teil wütende Reaktionen von Betroffenen hervorgerufen. Mit „Atypical“ traut sich Netflix, vom 11. August an auf komödiantische Art von einem autistischen Jungen in der Pubertät zu erzählen. Unter dem Motto „Normal ist überbewertet“ stellt die achtteilige Serie die Suche nach der ersten Freundin ins Zentrum. Die Selbstfindung zwingt nicht nur ihn, sondern auch seine Familie, sich mit dem eigenen Leben zu beschäftigen.

Zu den außergewöhnlichen Neuerscheinungen bei Amazon gehört die ebenfalls von Jill Solloway produzierte Serie „I love Dick“ nach einem Roman der amerikanischen Schriftstellerin Chris Kraus. Ironisch und formal spielerisch erinnern die acht Folgen an die Filme von Woody Allen. Hier allerdings mit dem explizit weiblichen Blick auf Männer, das Leben und die Kunst.

In der bei den klassischen Sendern schwachen Jahreszeit spielen die Streamingdienste ihre Stärken aus. Sie punkten sowohl mit ihren Erfolgsserien als auch mit neuen Angeboten. Dies dürfte auch in Deutschland zu steigenden Abonnentenzahlen bei Netflix und Amazon führen.

Oliver Schütte

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