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Stress. Opferschutzkommissar Carlos Benede (Matthias Koeberlin, rechts) begleitet Alexander (Joshio Marlon, Zweiter von rechts) zum Prozess, in dem er als Zeuge gegen seinen Vater (Ilir Rexhepi) aussagen wird. Der ermordete Alexanders Mutter.

© ZDF und Barbara Bauriedl

Schauspieler Matthias Koeberlin: „Mir reicht es mit den Kommissaren“

Interview mit Matthias Koeberlin über Krimis, sein „Mann fürs Grobe“-Image und ärgerliche Filmtitel.

Matthias Koeberlin spielt in dem sensibel inszenierten ZDF-Fernsehfilm „Der Polizist, der Mord und das Kind“ eine reale Figur: Der Münchener Opferschutzpolizist Carlos Benede adoptierte einen elfjährigen Jungen, dessen Mutter vom Vater getötet wurde.

Herr Koeberlin, wie gefällt Ihnen der Titel des heutigen ZDF-Films: „Der Polizist, der Mord und das Kind“?
Ironisch gesagt: Vielleicht hätte man noch mehr Schlagwörter finden können, dann hätte man den Film komplett erzählt. Ich ärgere mich oft über Titel. Vor Kurzem strahlte das ZDF den Film „Der Kommissar und das Kind“ aus. Wenig später einen Film mit einem ähnlichen Titel zu senden, finde ich befremdlich.

Was ist Ihr Vorschlag?

Der Arbeitstitel: „Benede“. Das Gegenargument ist, dass damit keiner etwas anfangen kann und der Titel kein Interesse weckt. Aber der jetzige Titel ist eher abschreckend.

Hat man da als Hauptdarsteller keinen Einfluss?

Nein, das entscheidet die Redaktion allein.

Nun klingt es, so als sei der Film ein Krimi.

Das ist viel zu kurz gegriffen. Es geht zwar um einen Kriminalfall, aber nicht in dem klassischen Sinne, dass man dem Kommissar bei der Tätersuche folgt.

Treffen mit Opferschutzpolizisten

Carlos Benede, den Opferschutzpolizisten, den Sie spielen, gibt es tatsächlich. Haben Sie ihn getroffen?

Ja, in Dachau, in dem Heim der „Weitblick-Jugendhilfe“, die er gegründet hat. Er ist ein wahnsinnig humorvoller, sympathischer Mensch.

Worauf kommt es an, wenn man einen solchen Menschen verkörpert?

In erster Linie muss er mit meiner Darstellung zufrieden und glücklich sein. Es geht darum, nachvollziehbar zu machen, wie er gehandelt hat. Das äußere Erscheinungsbild oder der Akzent stehen nicht im Vordergrund.

Manches möchte man kaum für möglich halten.

Wenn es keine wahre Geschichte wäre, könnte man denken: Das kann nicht sein. Aber es wurde nichts hinzugedichtet, der Film hält sich fast zu hundert Prozent an die wahre Geschichte.

Will der Film um Verständnis werben für „schwierige“ Jugendliche?

Hoffentlich kann er das. Und mein zweiter Wunsch wäre, dass bei Gewalt generell genauer hingeschaut wird und dass man vielleicht auch mal zum Hörer greift, wenn man das Gefühl hat, da läuft in der Nachbarschaft etwas grundlegend falsch. Die Entwicklung der letzten Jahre finde ich erschreckend – dieses Wegschauen, diese Ignoranz. Auch wenn man bedenkt, was sich Rettungskräfte anhören müssen. Ein Film kann wohl wenig ausrichten, aber vielleicht hallt er ein bisschen nach.

Eher ungewöhnlich, dass Sie den ruhenden Pol in einem Film spielen.

Solche Rollen versuche ich zu finden. Nach „Tornado – Zorn des Himmels“ und „Vulkan“ war ich der Mann fürs Grobe. Da hieß es: Wenn’s kracht und rummst, frag doch mal den Koeberlin. Ich schäme mich nicht dafür, das gehört zu meiner Vita und hat alles seine Berechtigung. Jetzt dieses Image abzustreifen, ist echt mühsam. Aber mit 43 kann ich auch sagen: Nun können mal andere ran.

Koeberlin spielt zwei ZDF-Kommissare

Sie spielen bei einem einzigen Sender, dem ZDF, gleich in zwei verschiedenen Krimi-Reihen eine Hauptrolle, in „Kommissar Marthaler“ und „Die Toten vom Bodensee“.

Ja – das ist eine Menge Krimi (lacht).

Das lässt sich generell vom deutschen Fernsehen sagen.
Mir reicht es inzwischen auch mit den Kommissaren. Ich weiß nicht, warum es bei uns die große Sehnsucht nach Mord und Totschlag gibt.

Ist geplant, eine Reihe aufzugeben?

Nein, der Sender ist mit den Zuschauerzahlen glücklich. Ich muss vielleicht irgendwann mal eine Entscheidung treffen, aber noch ist es nicht so weit.

Sie wollten Journalist werden. Was war Ihr Antrieb, warum kam es anders?

Der ursprüngliche Wunsch war sehr naiv. Ich fand das spannend und wollte das nächste Watergate aufdecken. Es gab nicht so viele Sachen, die ich mir vorstellen konnte in meiner Jugend, aber das fand ich faszinierend, auch weil ich immer ein bisschen selbst geschrieben habe. Doch dann war ich in der Schule so schlecht, dass ich mir das selber verbaut habe. Nach dem Zivildienst brachte mich meine Mutter auf die Idee mit dem Schauspielstudium.

War die Schauspielerei Liebe auf den ersten Blick?

Im Gegenteil, die ersten beiden Studienjahre an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg fand ich ziemlich befremdlich. Nach und nach kamen der Spaß und auch das Verständnis dafür, was der Job bedeutet. Vom reinen Handwerk mal abgesehen, ist das, was ich am meisten mitgenommen habe vom Studium, dass man eine möglichst gesunde Einstellung zu dem Beruf entwickeln muss. Man muss auch Geduld haben und warten können.

Es wird immer mehr Serien geben

Sie haben in der ersten Staffel von „Charité“ mitgespielt. Ist eine Serienrolle zurzeit ein Muss für einen Schauspieler?

Serien werden mehr und mehr Raum einnehmen. Klar bin ich gerne dabei, wenn man die Möglichkeit hat, eine Figur nicht in 90 oder 120 Minuten zu erzählen, sondern in sechs oder acht Folgen. Das ist spannend.

Was sind Ihre nächsten Projekte?

Mit den „Toten vom Bodensee“ wird es im März, April weitergehen. Ansonsten spreche ich im Winter Hörbücher ein und lese Drehbücher. Mal schauen, wohin die Reise im nächsten Jahr geht.

Kennen Sie das, Existenzsorgen zu haben?

Es gab eine Phase, als ich schon Familie hatte, in der es wie vernagelt war. Ich werde nicht schnell zittrig, aber da habe ich zum ersten Mal Existenzängste gehabt. Das war schlimm, aber den Zustand zu kennen, nicht zu wissen, ob man im nächsten Monat die Rechnungen bezahlen kann, nordet einen wieder ein. Und zu erleben, dass man zurückgeworfen werden kann und danach wieder neue Türen aufgehen, ist ganz heilsam.

Das Interview führte Thomas Gehringer.

„Der Polizist, der Mord und das Kind“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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