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Das Spiel ist doch erst morgen. Das Verhältnis der Rostocker Ermittler Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) ist nicht mehr ganz so eindeutig.

© NDR/Christine Schroeder

Rostocker "Polizeiruf" über Hooligans: Ein Krimi wie ein Schlag in die Magengrube

Der Rostocker „Polizeiruf“ taucht tief ein in die Hooligan-Szene. Und entdeckt ungewöhnliche Formen der Annäherung.

Handfeste Prügeleien zwischen Frauen und Männern, zwischen Polizisten und Hooligans, zwischen Hooligans und Hooligans; Gewalt, die den Grundton setzt, selbst die Zuneigung und Liebe, die die Rostocker TV-Ermittler untereinander zu entwickeln scheinen, sehen hier wie ein Kampf aus.

Der „Polizeiruf“ vom NDR war noch nie etwas für zarte Gemüter. Rau, rotzig, wie das Meer, die Ostsee vor der Tür. Regisseur Matthias Tiefenbacher (Drehbuch: Wolfgang Stauch) hat einen draufgesetzt, die brutale Fan-Welt der Ultras schonungslos inszeniert. So schonungslos, dass es selbst Fußballfans schwerfallen dürfte, diesem Krimi in Gänze zu folgen.

Viel leere Fußgängerzonen, viel trostlose Vorstadt, viel rustikale Kneipe, viel „Oäh“, viel Testosteron, viel Gebrüll, auch wenn kein Spiel im Stadion ist, eine Welt ähnlich der von Philipp Winklers fulminantem Romandebüt „Hool“, mit Ultras aus Hannover, welches im vergangenen Jahr für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde.

Geht da noch was zwischen den beiden?

Hier kommen die Ultras aus Rostock. Einer von ihnen stirbt nach einer handfesten Keilerei, allerdings nicht unter den Einwirkungen der Schläge gegnerischer Fans – er wurde auf einer Raststätte vor einen Lastwagen geschubst. Schnell wird klar. Der Täter scheint aus den eigenen Reihen zu kommen. Mord unter Ultras. Und das hat offenbar etwas mit einem lange zurückliegenden Fall zu tun, einem schweren Angriff von Rostocker Ultras auf einen Polizeibeamten, bei dem der Polizist ins Koma fiel und zum Pflegefall für seine Frau wurde. Da sind noch Rechnungen offen.

Martialische Gesänge, leuchtende Bengalos, Gewaltausbrüche, Fressen oder Gefressenwerden – ein Milieu wie geschaffen für Kommissar Alexander Bukow (Charly Hübner), der für seine rüde Umgangsweise bekannt ist. Bukows Laune ist ohnehin im Keller. Seine Ex geht mit dem Kollegen, Ermittlerkollegin Kathrin König (Anneke Kim Sarnau), die ihrerseits noch ein Trauma vom letzten Fall zu verarbeiten hat, ist auf dem Absprung zurück zum LKA nach Berlin. Geht da noch was zwischen den beiden?

Kein Fernsehkrimi ohne die Vermengung und Dramatisierung des Privatlebens der Kommissare. Oft wirkt das aufgesetzt, in „Einer für alle, alle für Rostock“ schneidet sich die Annäherung von Bukow und König auf frappante Weise quer mit der der beiden Hauptverdächtigen, Ultra Stefan Momke und Ex-Ultra Doreen (Lasse Myhr und Lana Cooper), die eigentlich ein bürgerliches Leben führen will. Gefühl und Härte, verblüffende Wahlverwandtschaften – das lässt das vorhersehbare Ende verschmerzen.

Ein starker Krimi über die gewaltbereite Rostocker Fan-Szene und das Innenleben der Kommissare. Bei Bukow und König kann es nur noch bergauf gehen.

„Polizeiruf – Einer für alle, alle für Rostock“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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