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Was bekommen die Beitragszahler von ARD, ZDF und Deutschlandradio? Von den Fernsehsendern jedenfalls nicht das Programm, dass sie erwarten dürfen?

© dpa

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk 2017: Altersversorgungsverwalter

Joachim Huber fordert von ARD und ZDF mehr Konzentration aufs Programm. Ein Kommentar

Wenigstens Malu Dreyer. Wenn die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin sich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk äußert, dann strahlen die Augen der rund 20 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ARD, Deutschlandradio und ZDF. Die SPD-Politikerin, zugleich Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, hat erst wieder am Dienstag für das öffentlich-rechtliche System geworben: besondere Bedeutung für die demokratische Gesellschaft, wachsende Bedeutung in Zeiten von „fake news“, „filter bubble“ und „social bot“. Da ist, ohne Zweifel, etwas dran. Eine demokratische Gesellschaft braucht für ihre Meinungs- und Willensbildung die informationsorientierten Programme der Rundfunkanstalten, wie sie die seriös informierende Presse mehr denn je braucht.

Es wird nun für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehr darauf ankommen, diesen sinnstiftenden und mit Milliardensummen aus dem Rundfunkbeitrag bezahlten Auftrag nicht aus den Augen zu verlieren. Die Gefahr ist da. Von den Ministerpräsidenten aufgefordert, über eine ernsthafte Reformstruktur den Monatsbeitrag von 17,50 Euro auch über die laufende Beitragsperiode bis 2020 stabil zu halten, haben die drei Anstalten Kommissionen und Arbeitsgruppen gebildet. Sie sollen bis Ende September einen gemeinsamen Maßnahmenkatalog vorlegen.

Druck von den Ministerpräsidenten

Den Länderchefs, die für den Zahler die Höhe des Monatsbeitrags festsetzen, ist es ernst. Auch sie haben eine Kommission eingesetzt, die die Vorschläge von ARD, ZDF und Deutschlandradio prüfen wird. Beide Seiten vermitteln in diesen Tagen den Eindruck, dass die Beitragsfrage die Auftragsfrage überwölbt, überwölben muss. Geld regiert die öffentlich-rechtliche Welt.

Natürlich ist das Gebührenprivileg verpflichtend für sinnvolles Wirtschaften, natürlich haben sich die Anstalten und ihr Personal in ihren Privilegien eingerichtet, natürlich hat, nur zum Beispiel, die Altersversorgung extravagante Züge angenommen. Seit Jahren wird zwischen den Sendern und den Gewerkschaften über die betrieblichen Renten gestritten. Im öffentlichen Dienst ist die jährliche Erhöhung auf ein Prozent gedeckelt. Das sehen Mitarbeiter und Gewerkschaften in den Sendern als unzumutbar an.

Dieser Stein passt ins Mosaik. Die Selbstbeschäftigung, gerne geleistet und befördert auch von den Ministerpräsidenten, übertrifft die Beschäftigung mit dem Programm. ARD und ZDF senden seit Jahren ein überkommenes Schema. Vorhandene Kreativität wird mehr verwaltet und weniger gestaltet. Es gibt kaum eine Reaktion auf die fundamentalen Veränderungen in der Nutzung und im Angebot der Medien. Das Erste wirkt nachgerade angsterstarrt, wenn es um Flexibilität und Neuerung geht. Eine Dokumentation um 20 Uhr 15, eine Talkshow, die den Anforderungen des Bundestagswahljahres mit sehr ungewissem Ausgang gewachsen ist, Sendungen, die die neue Weltunordnung reflektieren? Alles Desiderate.

Das ZDF will nur eines: Marktführerschaft

Das ZDF hat sich einem Ziel verschrieben: Marktführerschaft. Das wird glänzend erreicht, mit 13,9 Prozent Marktanteil im Januar war der Vorsprung vor RTL (11,0 Prozent) und ARD (10,6 Prozent) eklatant. Das Zweite hat dafür sein Programm durchgekämmt, die Innovation zu ZDFneo und die Information zu ZDFinfo geschoben, zugleich eine Monokultur des Krimis in der Primetime geschaffen. Erfolg geht mit Einfallslosigkeit einher. Höhepunkt des Quotenwahns: Wenn das Erste am Dienstag Fußball zeigt, ersetzt das Zweite sein Magazin „Frontal 21“ regelmäßig mit seichten Wiederholungen. Der Marktanteil darf nicht wanken, Niveau und Anspruch dürfen schwanken.

Die Programmverantwortlichen sagen dann immer: Das Publikum will es so und verweisen mit erigiertem Zeigefinger auf die Quotentabelle. Die Zuschauer aber haben das Angebot nicht zusammengestellt, sie können nur reagieren. Und wer mit mehr und mehr Krimis zugeschüttet wird, der hat nur die Qual der Auswahl. Was für eine Programm-Ödnis, was für eine Verschwendung von Sendezeit.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist 2017 herausgefordert. Er muss mehr Transparenz über die Mittelverwendung leisten, er muss für den Beitragszahler akzeptable Strukturen finden. Und genau für ihn muss er zeigen, warum acht Milliarden Euro jährlich eine gute Investition in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind. Im Programm und nur im Programm lässt sich das erkennen und honorieren.

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