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Berliner liebt Inderin: Wolfgang (Max Riemelt) und Kala (Tena Desae).

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Neue Folgen der globalen Netflix-Serie "Sense8": Ich sehe was, was du nicht siehst

Da helfen auch keine Kamerafahrten und Gastauftritte von Lars Eidinger: Mit „Sense8“ schickt Netflix seine Helden wieder auf transzendente Weltreise.

Ein mexikanischer Telenovela-Star, Typ Frauenheld, homosexuell, bei einer Filmpremiere, in den USA ein Transgender im Gespräch mit der Freundin, ein Junge in Nairobi, der versucht, mit der Gründung eines Mini-Busunternehmens der Armut zu entkommen, eine Inderin, die vor der Zwangsheirat steht, aber eigentlich einen Berliner Kleingauner liebt – „Who am I?“ fragen sich all diese Protagonisten zu Beginn in einer der ambitioniertesten Serien auf dem Streamingmarkt, in „Sense8“. Was soll das?, fragt sich der Zuschauer nach Ansicht der ersten Folgen der zweiten Staffel. Die startet am Freitag beim Streamingdienst Netflix.

Zur Erinnerung: Die erste Ausgabe von „Sense8“, gedreht auf allen Kontinenten von verschiedenen Regisseuren (darunter auch in Berlin von Tom Tykwer), sorgte 2015 für Aufsehen. Es war die erste globale Serie des weltweit agierenden Videostreamingdienstes. Ein Hit, wegen des Aufwands (über 120 Drehtage) und der Idee.

Durch ein tragisches Schicksal fühlen sich acht fremde Menschen aus verschiedenen Ländern und von verschiedenen Kontinenten mental verbunden. Bei dem Versuch, herauszufinden, warum dies passiert ist, versucht offenbar ein Mann die acht Fremden zusammenzubringen, während eine andere Organisation Jagd auf die acht Menschen macht, um sie zu töten.

Das Ende der, noch leidlich spannenden, ersten Staffel brachte die Helden näher an diese Organisation heran, der Anfang von Teil zwei lässt vieles in der Schwebe. Zu vieles. Was bei der Premiere noch gelobt werden konnte, die gesellschaftliche Relevanz, die Entfaltung des Panoramas einer globalen Gesellschaft von San Francisco bis Nairobi, von Seoul bis Berlin, der in die Tiefe gehende Diskurs über Geschlechteridentitäten, versackt fortgesetzt in einem schweren Bedeutungsbrei.

Lieblingsthema Geschlechteridentitäten

Als eine Art von interkontinentalem Super-Freundeskreis versuchen Wolfgang (Max Riemelt) und seine sieben Seelenverwandten herauszubekommen, wer ihnen auf den Fersen ist und warum. Das würden wir auch gerne wissen. „Sense8“ reloaded will mindestens die Welt erklären, ist aber nicht mehr als Fantasy à la „Game of Thrones“  – eine Verkettung von Dräuendem, Effekten, Dauerraunen.

Nichts gegen die Eindämmung von Action und banaler Unterhaltung, aber wenn sich beim Städte- und Standortwechsel Szene an Szene reiht und ständig die Sinnfrage gestellt wird, stimmt irgendetwas nicht. Leider haben die Autoren und Regisseure, die Wachowski-Schwestern (die damals noch als Wachowski-Brüder „Matrix“ gedreht haben) über ihrem Lieblingsthema Geschlechteridentitäten vergessen, einen plausiblen Plot zu schaffen.

Die Ursprungsidee eines übernationalen Zusammenhalts, einer gleichsam unterirdisch verlaufenden unverbrüchlichen Solidarität aller Menschen wird an die Wand gefahren. Da helfen auch keine Kamerafahrten und Gastauftritte von Lars Eidinger.

Was hätte das für eine große Serie sein können. Darüber, was falsch läuft in Zeiten der Globalisierung und Populisten, gerne vermengt mit der nötigen Portion Mystery, magischem Realismus und Action. Herausgekommen ist reichlich verquaste Esoterik. Schade. Auch für die guten Darsteller.

„Sense8“, zehn neue Folgen, abrufbar ab Freitag bei Netflix

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