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Vom Übergang von DVB-T zu DVB-T2 hat sich das Antennenfernsehen noch immer nicht erholt. Viele Zuschauer haben sich nach einer Alternative umgesehen.

© Lochmann, dpa

Nach dem DVB-T-Aus im März: Wo schauen sie denn?

Die Umstellung des Antennenfernsehens hat viele Zuschauer ratlos zurückgelassen. Die TV-Streaming-Anbieter umwerben sie mit ihren Lösungen.

Bis zum 29. März dieses Jahres war das digitale Antennenfernsehen DVB-T eine Erfolgsgeschichte – vor allem in Ballungsräumen wie in Berlin. Bundesweit nutzten über drei Millionen Haushalte die preiswerte Technik – und von Protesten über die eingeschränkte Bildqualität war wenig bekannt. Die Umstellung auf den DVB-T2 hat die Fernsehzuschauer offensichtlich nachhaltig verunsichert. Mit der neuen Technik kann zwar nun selbst die langweiligste Seifenoper in allerbestem Full-HD gesehen werden.

Dafür muss nach einer mehrmonatigen Testphase für den Empfang der Privatsender gezahlt werden – entweder 5,75 Euro im Monat oder 69 Euro im Jahr. Bislang hat der Freenet-TV-Betreiber Media Broadcast, der für die Privatsender-Abos von DVB-T2 zuständig ist, nur bekannt gegeben, dass sich 500 000 Nutzer bereits vor Beginn der Bezahlphase für den kostenpflichtigen Empfang entschieden hätten. Doch womit wird in den übrigen 2,5 Millionen Haushalten, in denen früher DVB-T im Einsatz war, nun ferngesehen?

Ein Teil der Antwort lautet: Dass nur eine halbe Million Haushalte Geld für die Privatsender ausgeben wollen, heißt noch lange nicht, dass nicht mehr Menschen DVB-T2 nutzen, denn rund 20 öffentlich-rechtlichen Sender können weiterhin kostenlos über das neue Antennenfernsehen genutzt werden, nun jedoch in HD-Qualität. Ein Teil der ehemaligen DVB-T-Nutzer ist zudem zum Kabelfernsehen und vor allem zum Satellitenempfang gewechselt, weil dort die Privaten in Standardauflösung noch ohne Zusatzkosten empfangen werden können.

Die Alternativen: Zattoo, Magine, Waipu

Die größten Hoffnungen auf neue Nutzer haben sich allerdings die Anbieter von TV-Streaming-Lösungen gemacht. Das Unternehmen Zattoo, Pionier in diesem Bereich, hatte sogar die Erwartung geäußert, dass insgesamt bis zu einer halben Million DVB-T-Nutzer auf Internet-Fernsehen umschalten. Dieses Ziel habe man wohl nicht ganz erreicht, gibt Zattoo-Manager Jörg Meyer jetzt zu. Mit dem eigenen Kundenzuwachs ist er dennoch zufrieden: „Seit Jahresbeginn konnten wir eine Steigerung der Premium-Nutzer um über 30 Prozent verzeichnen“. Von einem prozentual gleich großen Wachstum berichtet auch Christoph Urban, Country Manager des Internet-TV-Anbieters Magine.

Urban hält es zudem nicht für ausgeschlossen, dass die Internet-TV-Anbieter die Zahl von 500 000 Nutzern dieser DVB-T2-Alternative doch durchbrochen haben. Dass das Wachstum nicht noch größer ausgefallen ist, führt er darauf zurück, dass viele Fernsehzuschauer noch vertraglich an andere Verbreitungswege gebunden sind oder den Umstellungsaufwand scheuen – obwohl dieser gar nicht so hoch sei. Zum Verständnis: Internet-TV kann sowohl auf Computern, Smartphones und Tablets, aber genauso auf den meisten Fernsehern genutzt werden. Viele Smart-TV-Geräte verfügen sogar bereits über die nötigen Apps.

Das Interesse an der neuen Technik ist jedenfalls groß, wie die Erfahrungen von Waipu.TV zeigen, einem weiteren Anbieter von TV-Streaming. Eine halbe Million Nutzer haben die Technik bei diesem Anbieter bereits ausprobiert, 50 000 haben sich für ein Bezahlpaket entschieden. Die Firmen wissen zugleich aber auch, dass sie noch einige Aufklärungsarbeit leisten müssen, wie Christoph Urban von Magine sagt. Er setzt dabei vor allem bei den Finanzen an: „Vielen TV-Sehern ist gar nicht bewusst, was ihr bisheriger TV-Empfang sie monatlich kostet“, sagt er. Waipu.

TV-Chef Christoph Bellmer sieht aber auch technische Gründe, warum viele Zuschauer beim Umstieg zögern. Viele Deutsche hätten in den Anfängen von Streaming-TV keine gute Erfahrungen bezüglich Signalqualität und -stabilität gemacht. Die Folge waren lange Ladezeiten und häufige Unterbrechungen. Waipu nutzt einen besonderen Glasfaserring, der ganz Deutschland umfasst, um solche Probleme zu vermeiden.

Neue Funktionen geplant

Technisch gehen die Möglichkeiten des TV-Streamings sehr weit. Neben Funktionen wie zeitversetztem Fernsehen und Aufnahmen in der Cloud – die dann auch unterwegs auf Smartphones oder Tablets angesehen werden können – wird an immer neuen Themen gearbeitet: „Spannend sind die Möglichkeiten, die uns zukünftig Sprachassistenten wie Alexa und Siri mit Smart Home und Info-Skills bieten“, sagt Magine-Manager Urban. Zattoo will dafür sorgen, dass die Inhalte in dem ständig zunehmenden Angebot besser auffindbar werden. Und Waipu setzt auf eine verstärkte Individualisierung und Personalisierung des TV-Erlebnisses. Bei allen Neuerungen steht somit fest: Egal ob DVB-T2 oder eine der Alternativen – die Zukunft des Fernsehens hat gerade erst begonnen.

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