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Kinostar wird Fernsehstar: „Ich behaupte, dass ich sehr gute Filme mache“

Und jetzt hat Til Schweiger seinen ersten „Tatort“ gedreht. Ein Gespräch über Action und „Schimanski“, über Kritiker und die Liebe der Deutschen zum Fernsehen.

NDR-Fernsehchef Frank Beckmann hält alle, die an Ihrem ersten „Tatort: Und sind sie nicht willig“ beteiligt waren, für Genies. Sind Sie ein Genie, Herr Schweiger?

Ich bin Schauspieler, einer von vielen. Wir machen alle zusammen einen Film, der hoffentlich gut geworden ist. Wenn es ein Genie unter uns gibt, dann vielleicht unseren Regisseur Christian Alvart, der uns alle unter Kontrolle bringen und halten musste.

Die Dreharbeiten sind vorbei. Hat’s Spaß gemacht?

Es hat sehr viel Spaß gemacht.

Hat’s vielleicht sogar so viel Spaß gemacht, dass es einen zweiten „Tatort“ mit Ihnen geben wird?

Auf jeden Fall! Den nächsten werden wir voraussichtlich im frühen Herbst drehen – Hamburg im November und dann auch noch nachts brauche ich erst mal nicht mehr.

Sie haben uns Action versprochen. Werden wir Action bekommen?

Ein Mann, ein Wort. Es gibt aber nicht nur Action, es wird sogar geredet, und Türen werden nicht nur eingetreten, sondern ein paar Mal kommt es vor, dass jemand die Klingel betätigt oder anklopft.

Die Marke „Tatort“ müsse mit neuem Leben gefüllt werden, sagt der NDR. Eine herkulische Aufgabe!

Ohne Herausforderungen wäre das Leben doch ganz schön langweilig, oder? Aber mal im Ernst: Wir haben viele Freiheiten. Das erlaubt uns, neue Wege zu gehen und etwas zu riskieren. Besser geht es nicht.

Wie stark waren Sie an den Vorbereitungen beteiligt?

Ich habe mitgeredet, aber ich war nicht der Chef im Ring. Manchmal dauerte es ein bisschen, bis alle glücklich waren. Aber alles in allem lief es völlig problemlos. Da habe ich schon ganz andere Sachen erlebt.

Aber Sie waren der Star, das größte Rad in einem großen Getriebe.

Ach was, ich drehe auch nur ein kleines Rad. Das große dreht der Regisseur. Als Mensch und Schauspieler geht es bei einem solchen Projekt wie dem „Tatort“ vor allem um Vertrauen. Und das hatte ich in diesem Fall. Es passte einfach alles perfekt zusammen.

Sie lassen sich eigentlich nicht gerne reinreden und nehmen die Dinge lieber selber in die Hand. Warum haben Sie Ihren ersten „Tatort“ nicht selbst produziert?

Das war mir ganz einfach zu riskant.

Der „Tatort“ mit Ihnen soll der teuerste „Tatort“ aller Zeiten gewesen sein.

Sie sollten nicht alles glauben, was in gewissen Zeitungen steht. Es stimmt, wir hatten ein paar Drehtage mehr als üblich. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir auch mehr Geld zur Verfügung gehabt hätten. Und wäre es denn wirklich eine Frechheit, wenn wir etwas mehr Geld hätten ausgeben dürfen? Wichtig ist, dass das Ergebnis den getriebenen Aufwand rechtfertigt. Also: Abwarten!

Ihr Kommissar Nick Tschiller ist nicht gerade das Idealbild eines deutschen Beamten. Was werden wir sehen: einen Outlaw mit der Lizenz zum Töten?

Einen Mann in den besten Jahren, der versucht, seinen Weg zu gehen. Und dabei manchmal auch Wege jenseits der Konventionen nimmt.

Sie könnten ein zweiter Schimanski werden.

Götz Georges „Schimanski“ war Anfang der 80er Jahre etwas völlig Neues. Damals gab es allerdings auch jede Menge Gegenwind. Es hieß, da werde doch nicht die Wirklichkeit abgebildet. Ein Missverständnis, das uns hoffentlich erspart bleibt. Unser „Tatort“ soll unterhalten und um das zu erreichen, haben wir uns für ein schnelles Actionkonzept entschieden. Wir wollen gar nicht die Wirklichkeit abbilden.

Wir erleben so etwas wie eine Kommissarschwemme im deutschen Fernsehen. Gibt es zu viele Kommissare?

Sie müssen entschuldigen, aber so eine Frage kann sich nur ein Journalist ausdenken. Die Leute fühlen sich gut unterhalten, das ist das Wichtigste. Wenn es anders wäre, gäbe es auch weniger Kommissare.

Sie haben einen Vertrag für vier „Tatorte“, wollen aber nur einen pro Jahr drehen.

Das Wichtigste für mich ist jetzt erst einmal, wie unser erster „Tatort“ ankommt. Danach werden wir sehen. Wenn es mir weiter so viel Spaß macht, könnte ich mir auch zwei „Tatorte“ pro Jahr vorstellen.

Sie haben mit einer kleinen Bemerkung zum Vorspann des „Tatortes“ eine Riesenwelle ausgelöst. Hat Sie das überrascht?

Total. Ich hab mir dabei nichts gedacht, wirklich. Als ich den Jupiter-Preis 2012 bekommen habe, hat mich ein Journalist gefragt, was ich denn vom „Tatort“-Vorspann halte. Da hab ich im Trubel und weil mir nichts Besseres einfiel gesagt, der sei vielleicht ein bisschen in die Jahre gekommen. Daraus wurde dann eine Riesensache, ein richtiger Rummel. Ich hab gedacht, was ist denn in Deutschland los, haben wir keine anderen Sorgen? Aber damit das ein für alle Mal klar ist: Von mir aus kann der Vorspann so bleiben, wie er ist, meinetwegen bis in alle Ewigkeit.

Wie actionreich kann oder darf ein „Tatort“ sein?

Wenn das, was Sie Action nennen, eine Bedeutung im Sinne der Geschichte hat, die erzählt wird, dann macht Action auch Sinn. Aber keine Sorge, wir hatten nie und haben nicht vor, nonstop wie die Idioten durch die Gegend zu rennen. Ich bin schließlich auch nicht mehr der Jüngste.

Sie wirken unglaublich locker. Alles Theater?

Eigentlich nicht. Aber manchmal stehe auch ich unter Strom, zum Beispiel während der Dreharbeiten zum Kinofilm „Schutzengel“, das war schon hart. Aber danach war ich wieder völlig entspannt.

Heiner Lauterbach sagt, Sie wären einer der wenigen Profis im deutschen Film.

Heiner gehört zu meinen besten Freunden, und es ist wirklich sehr lieb von ihm, wenn er so etwas sagt. Aber so leid es mir auch tut, ich kann das Kompliment nicht annehmen. Ich kenne noch ein paar andere Profis, vor denen ich viel Respekt habe. Also Heiner, vielen Dank, aber du musst dir etwas anderes ausdenken!

Aber Sie wissen schon ganz genau, was Sie wollen und wie Sie es bekommen.

Wenn ich einen Film mache, dann möchte ich ihn so gut wie möglich machen. Wenn Sie das professionell nennen wollen, bitte schön.

Wo Sie dabei sind, sind die Kritiker nicht fern. Man könnte fast meinen, dass es mehr als nur ein paar Menschen gibt, die Ihnen gerne eins überziehen.

Das kenne ich seit „Manta, Manta“, da ging das los. Es sind aber eigentlich immer dieselben Leute. Vielleicht hat das auch mit meiner Entscheidung zu tun, meine Filme nicht mehr vorab zu zeigen. Die gute Nachricht ist, dass es mehr Menschen gibt, die das, was ich mache, gut finden, als Menschen, die das anders sehen. Sonst wären meine Filme kaum so erfolgreich, wie sie es sind. Umfragen haben ergeben, dass sich die Mehrzahl der Zuschauer auf den „Tatort“ mit Til Schweiger freut.

Sie gehen Ihren Weg und gut!?

Das mach ich sowieso. Etwas anderes bleibt mir ja auch gar nicht übrig. Ich mache weiter meine Filme. Ich kann ja auch nichts anderes, außer eben Filme machen. Und ich behaupte, dass ich sehr gute Filme mache.

Ein schönes Gefühl, der erfolgreichste Filmemacher Deutschlands zu sein?

Fühlt sich nicht wirklich schlecht an. Aber ich habe auch hart dafür gearbeitet.

Was reizt Sie eigentlich am „Tatort“? Im Kino sind Sie der große Star, im Fernsehen ein Kommissar unter vielen.

Die Hälfte meiner Freunde hat gesagt, mach es, die andere Hälfte: Lass es. Aber ich habe mich in die Rolle verliebt, ganz einfach. Ich könnte natürlich auch im Kino einen Kommissar spielen, aber ich hätte damit nie so einen Erfolg, wie ihn ein Fernsehkommissar haben kann. Jedenfalls in Deutschland. Die Deutschen sind das kinofaulste Publikum der Welt, und wenn etwas im deutschen Kino funktioniert, dann sind das Komödien. Krimis haben keine Chance. Im Fernsehen sieht das ganz anders aus. Die Deutschen lieben ihr Fernsehen und ihre TV-Kommissare. Deutschland ist eine Fernsehnation, aus die Maus.

Welche Bedeutung hat das Fernsehen für Sie?

Ich war nie ein großer Fernsehgucker. Ich war schon als Kind Kinogänger und hab mein ganzes Taschengeld ins Kino getragen. „Tagesschau“ und Fußball, das war für mich Fernsehen. Ich kenne mich mit dem deutschen Fernsehen nicht so gut aus. Auch deshalb habe ich das Angebot abgelehnt, den „Tatort“ selbst zu produzieren.

Was wollten Sie auf keinen Fall in Ihrem „Tatort“ machen müssen?

Den Assistenten spielen, der immer nur die Informationen zusammenträgt. Das hatte ich, damit bin ich durch. Jetzt bin ich der Kommissar.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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