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Deutsch-amerikanische Freundschaft. KCRW Berlin ist Teil des gleichnamigen US-Radionetworks mit Hauptsitz in Kalifornien. Das Berliner Studio sendet aus der Grunewaldstraße in Steglitz.

© Promo

John Kornblum über den neuen Radiosender KCRW: „Auf keinen Fall ein Anti-Trump-Sender“

Am Montag startet KCRW Berlin. Mitgründer Kornblum über Radio für die englischsprachige Community.

Herr Kornblum, am Montag löst der Radiosender KCRW Berlin das National Public Radio auf der UKW-Frequenz 104,1 ab. Warum passiert das?

National Public Radio ist wie viele andere Medienunternehmen unter Kostendruck. Der Sender hat deswegen seine Prioritäten geändert, heißt, NPR kann und will keine Berliner Radiostation mehr finanzieren.

Aber Ihre Mitstreiter und Sie können das?

Ja, auch weil wir daran glauben. In diesen schwierigen Zeiten ist es unerlässlich, mit einer amerikanischen Stimme in der deutschen Hauptstadt präsent zu sein. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg, die KCRW Berlin lizensiert hat, war offenbar auch dieser Meinung. Wir bestimmen die Inhalte und die Richtung von KCRW Berlin und wir sorgen für einen starken Berliner Input. Die bekannten Informations- und Kultursendungen von NPR werden in der gewohnt guten Qualität im Programmangebot bleiben. Was uns vom bisherigen NPR-Programm sehr unterscheiden wird, das ist die Musikfarbe von KCRW: moderne Musik, Dritte-Welt-Musik, Techno. Wir wollen ein dynamischeres und zuhörerträchtigeres Programm anbieten.

John Kornblum
John Kornblum

© Kai-Uwe Heinrich

Das ist also deutlich mehr als nur Nostalgie, weil die Amerikaner in West-Berlin und dann in Berlin immer mit eigener Radiostation vertreten waren?

Das hat gar nichts mit Nostalgie zu tun. Es gibt ein grundsätzliches Interesse von deutscher und Berliner Seite, dass die ehemaligen Alliierten, die Briten, Franzosen und die Amerikaner mit ihren jeweiligen Radioprogrammen für die Internationalität und die Offenheit dieser Stadt stehen. Wir sind selbstbewusst genug zu meinen, dass ein amerikanischer Sender gerade zu diesem Zeitpunkt, wo die atlantische Welt in Aufruhr ist, besonders wichtig ist. Es geht nicht um Nostalgie, es geht um Zukunft.

Die Briten sind mit BBC World Service, die Franzosen mit Radio France Internationale, die Russen mit Radio Russkij auf der Berliner UKW-Skala vertreten. Sie trauen sich zu, da mithalten zu können?

Ich sage genau das Gegenteil: Wir werden das besser machen. Die BBC hat keine Berliner Programminhalte, da wird nur der World Service nach Berlin übertragen. Genauso bei Radio France Internationale. Wir werden ein Berliner Sender sein mit starkem lokalen Charakter. Wir produzieren in Berlin, wir informieren über Berlin, Politik, Kultur, Alltag, um nur einige Inhalte zu nennen. Unser Programm soll eine Berliner Persönlichkeit haben.

Wer sind die Macher von KCRW Berlin?

Wir arbeiten noch am Feinschliff des Konzeptes. aber klar, es werden Journalisten und Bürger sein, die KCRW Berlin gestalten und produzieren werden. Wir werden auf Traditionen aufbauen wie zum Beispiel auf dem Militärsender AFN. Aber, und das ist ganz wichtig: Wir alle bei KCRW verstehen, dass es in Berlin eine ganz neue Generation gibt. Die englischsprachige Community ist eine ganz andere als vor fünf oder zehn Jahren. Es sind Zehn-, wenn nicht Hunderttausende von jungen Leuten hier, die nicht Deutsch- und nicht Englisch-Muttersprachler sind, deren zweite Sprache aber Englisch ist. Unsere Forschung hat ergeben, dass sie ein Outlet, einen Hafen suchen. Wir werden unser Programm auf die neuen Berliner hin orientieren – die eben eine Heimat in Berlin suchen.

Ich bin nahe 60, ich darf noch zuhören?

Dürfen Sie, jedoch sollten Sie sich nicht aufregen, wenn sie viel elektronische Musik hören. Die Musik von KCRW ist fantastisch, so sehr, dass ich sehr gerne zuhöre. Und ich bin älter als Sie.

KCRW, das klingt wie eine kalifornische Surfwelle. Wofür steht die Abkürzung?

K ist das Call-Sign für die USA wie das D für Deutschland. CRW: College Radio Workshop, ein Public Radio, das wie so viele andere vergleichbare Stationen aus einem College Radio hervorgegangen ist. Es gibt mehr als 900 solcher Sender in den USA, die immer noch mit Colleges oder Universitäten verbunden sind.

Wie muss man sich die Finanzierung von KCRW Berlin vorstellen?

KCRW Berlin ist ein rein privat finanzierter Sender. Wir haben ein Grundkapital, mit dem wir starten können. Zur weiteren Finanzierung werden wir ein starkes Fundraising betreiben müssen, müssen wir auch, bei KCRW Berlin wird es keine Werbung geben. Wir werden uns an die NPR-Methode des „underwriting“ anlehnen. Das ist eine Mischung aus Sponsoring und Mäzenatentum. Zum Anfang einer Sendung könnte es, nur zum Beispiel, heißen: „This program is brought to you by Volkswagen“. Danach gibt es aber keinerlei Werbung für ein VW-Produkt.

Wer sind die Träger von KCRW Berlin?

Wir sind eine Gruppe von Deutschen, Amerikanern und anderen Nationalitäten. Karen Roth, aus der Familie Raphael Roth, Marie Warburg, Tochter von Erich Warburg und Ehefrau von Michael Naumann, Richard Gaul, der Öffentlichkeits-Vorstand bei BMW war, Anne Kuchenbecker, stellvertretende Direktorin des Aspen Institute Germany, und ehemalige deutsche Diplomaten sind darunter.

In Deutschland, speziell in Berlin, gibt es eine starke Anti-Trump-Stimmung. Nimmt KCRW Berlin das auf im Programm, wird das ein Anti-Trump-Radio?

Auf keinen Fall werden wir ein Anti-Trump-Sender sein. Wir wollen die amerikanische Realität darstellen, wir werden Sendungen haben, in denen Trump kritisiert wird, aber die politische Grundlinie unseres Programms ist: Wir sind überparteilich. Gerade jetzt ist es besonders wichtig, in Deutschland zu verstehen, was in Amerika passiert. Wir alle, und damit meine ich auch mich, wir alle müssen versuchen, die Trump-Wähler zu verstehen. So wie wir versuchen müssen, die AfD-Wähler zu verstehen.

Und, wird der ehemalige US-Botschafter in Berlin, wird John Kornblum selber Programm machen?

Ich wollte, aber ich wurde abgelehnt. Ich wollte die Techno-Musiksendung präsentieren, die Radioprofis hier sagten jedoch, da würde ich nicht reinpassen.

John Kornblum, 74, war von 1997 bis 2001 US-Botschafter in Deutschland. Jetzt arbeitet er als Senior Counsellor bei Noerr LLP in Berlin.

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