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Sechs Millionen Zuschauer. Jessy Wellmer, 36, moderiert bereits die „Sportschau“ am Sonntag. Nun kommt sie ins Hochamt des Fernsehens.

© rbb/Gundula Krause

Jessy Wellmer in der "Sportschau": Die Frauen-Offensive

Nicht nur Reinhold Beckmann dürfte zufrieden sein: Warum Jessy Wellmer als Moderatorin in die Samstags-„Sportschau“ gehört.

Es ist so gut wie sicher: Jessy Wellmer wird zukünftig am Samstag die populäre Bundesliga-„Sportschau“ im Ersten moderieren und damit Nachfolgerin von Reinhold Beckmann, der nach der laufenden Saison aufhört. Am Montag verdichteten sich diesbezügliche Medien-Berichte vom Wochenende.

Es ginge nur noch um Vertragsdetails, hieß es aus gut informierten Senderkreisen, auch wenn die Personalie offiziell von der ARD-Sportkoordination in München noch nicht bestätigt wurde: „Zur Nachfolge von Reinhold Beckmann als ,Sportschau’-Moderator werden wir uns zu gegebener Zeit äußern“, heißt es dort.

Die ARD hat damit offenbar dem Wunsch des scheidenden Reinhold Beckmann entsprochen, bei der Samstags-„Sportschau“ eine Frau zu engagieren. Wellmer ist in der "Sportschau" am Samstag die erste Frau seit Monica Lierhaus, die wegen ihrer Erkrankung vor nunmehr sieben Jahren ausschied. Zu den Moderatoren der Sendung gehören außerdem Matthias Opdenhövel, Alexander Bommes und Gerhard Delling.

Den Zuschauern der Hauptstadtregion ist die gebürtige Güstrowerin seit Jahren als Moderatorin vom RBB-„Sportplatz“, der Sendung „Arena Liga Live“ am Samstagnachmittag auf Radio Eins, aber auch „RBB aktuell“ bekannt. „Ich bin nicht die langhaarige Blondine mit Kleidergröße 34, die zufällig auch Sport moderiert“ sagte sie 2014 im Gespräch mit dem Tagesspiegel, als sie Moderatorin der Sonntags-„Sportschau“ wurde. Damals hatten die ARD-Sportchefs beschlossen, dass der Sport im Ersten weiblicher werden solle, dass in den Sportübertragungen nun vermehrt Moderatorinnen und Interviewerinnen eingesetzt werden sollen.

Jessy Wellmer steht nunmehr in einer Linie mit Ernst Huberty, Heribert Faßbender, Eberhard Stanjek, Anne Will oder auch Monica Lierhaus – die Moderation der guten, alten Samstags-„Sportschau“ ist seit Jahrzehnten ein Hochamt im deutschen Fernsehen, die heilige Zeit des Fußballs mit bis zu sechs Millionen Zuschauern, fast so wichtig wie der „Tagesthemen“-Moderator. Ganz nachvollziehbar ist die Adelung dieses Jobs eigentlich nicht.

Was weiß man von Jessy Wellmer?

Die Zeiten, als Moderatoren wie Beckmann oder ein Rudi Michel das Sportfernsehen geprägt haben, sind vorbei. Die Präsentation der fünf Erst-Liga- und zwei Zweit-Liga-Spiele vom Samstagnachmittag ist eher Kartenableserei, der Plauder-Stil von Delling, Opdenhövel, Bommes, Beckmann Nebensache. Der Fan will Bundesliga-Tore sehen. Die turnusmäßige Arbeit als „Sportschau“-Moderatorin am Samstag, mutmaßlich einmal im Monat, dürfte darüber hinaus auch nicht so viel Arbeit machen, dass Jessy Wellmers Jobs beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) infrage stehen.

Was weiß man von Jessy Wellmer? Sie ist schon mit dem Fallschirm abgesprungen, mit einem Viererbob gefahren und hat mit dem Biathlongewehr geschossen. Sportreporterin war nicht ihr Kindheitstraum. Jessy Wellmer kommt aus einem sportbegeisterten Elternhaus in Güstrow, wollte nach einem Jahr in Neuseeland Psychologie studieren.

Dann entschied sie sich für ein Studium an der Universität der Künste. Beim RBB-Volontariat hörte sie: Du gehörst vor die Kamera. Mittlerweile ist sie, über den RBB hinaus, in der Sportberichterstattung der ARD keine Unbekannte, führt bei Fußball-EM, Olympia- und Biathlon-Übertragungen Sportlerinterviews, immer etwas kühl, nicht unbedingt bemüht um Süffisanz.

Das Selbstbewusstsein hat die Mecklenburgerin. Vor 17 Jahren war das mit den Frauen an der Stelle im Fernsehen anders. Noch immer würden die Zuschauer Sportmoderatorinnen stärker misstrauen als männlichen Kollegen, sagte Anne Will, 1999 erste „Sportschau“–Moderatorin. Seitdem hat sich einiges getan.

Ein reiner Hingucker wird Jessy Wellmer am „Sportschau“-Samstag, der zuletzt reine Männersache war, nicht sein. Sie nehme keine Angebote zu Interviews in Talkrunden an, wo noch eine Frau gesucht wird, hatte sie dem Tagesspiegel gesagt. Sachen wie: „Wir suchen die schönste Sportmoderatorin“ lehne sie ab. Für die Beckmann-Nachfolge genannt wurden auch Julia Scharf (BR), Laura Wontorra (Sport1) oder Esther Sedlaczek (Sky). Reinhold Beckmann dürfte zufrieden sein. Der hatte, als er den „Sportschau“-Ausstieg bekanntgab, gesagt, dass die Sendung dringend eine Frau als Präsentatorin braucht. Recht hat er.

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