zum Hauptinhalt
Wer ist hier der wahre Einstein? Tom Beck spielt in der neuen Sat1-Serie zwar den unehelichen Nachkommen des berühmten Physikgenies, doch im wahren Leben hat Serienkollegin Annika Ernst nicht nur ein 1er-Abitur, sondern feiert auch noch am selben Tag Geburtstag wie der Nobelpreisträger.

© obs

"Einstein" geht in Serie: Sat 1 probiert’s mit neuer Krimiserie

Dieser Held ist eine Nummer zu groß für Bochum, aber sehenswert ist die heitere Krimiserie „Einstein“ mit Tom Beck als brillantem Polizeiberater trotzdem.

Als Sat1 im Frühjahr 2015 den Film „Einstein“ gezeigt hat, brachte der Stoff alles mit, was eine gute Serie braucht: zwei sehenswerte Hauptdarsteller, viele originelle Ideen, eine flotte Inszenierung und großes Potenzial für weitere Geschichten. Der Auftritt des genialen unheilbar kranken Wissenschaftlers, der an einer Lösung aller Energieprobleme arbeitet und unfreiwillig zum Polizeiberater wird, war wie geschaffen für eine Serie.

Nun ist sie da, und im Wesentlichen hält sie, was der Neunzigminüter versprochen hat. Geschichten und Machart folgen exakt dem Muster, das Thomas Jahn (Regie und Kamera) schon im Film vorgegeben hat: Ein brillanter und dazu noch ausgesprochen gutaussehender Wissenschaftler (Tom Beck) steht der Polizei bei besonders verzwickten Fällen als Berater zur Seite; eine Ausgangsposition, die wie das Muster einer amerikanischen Serie wirkt.

Das gilt auch für die etwas klischeehaften Vertreter der Polizei: Die attraktive Kommissarin Elena Lange (Annika Ernst) ist rothaarig, weitaus cleverer als ihr Vorgesetzter und die einzige Frau weit und breit, die beim Anblick von Felix Winterberg (Beck) keine weichen Knie bekommt. Ihr Chef Tremmel (Rolf Kanies) ist nicht ganz der kluge Kopf, für den er sich selber hält, sitzt aber am längeren Hebel und hat den Professor in der Hand, weil Winterberg, wie in den ersten drei Folgen jedes Mal aufs Neue erklärt wird, beim Drogenkauf erwischt worden ist.

In wenigen Jahre wird sein Gehirn beginnen, sich zu zersetzen

Die Hauptfigur ist dagegen derart atypisch fürs hiesige Fernsehen, dass die Schlichtheit der weiteren Mitwirkenden kaum ins Gewicht fällt: Der begnadete Physiker ist ein unehelicher Ururenkel von Albert Einstein und so genial, dass er die Denkprozesse seiner Mitmenschen vermutlich wie in Zeitlupe wahrnimmt. Allerdings leidet Winterberg, auch diese Information gibt es in jeder Folge, unter der unheilbaren Erbkrankheit Chorea Huntington; in wenigen Jahre wird sein Gehirn beginnen, sich zu zersetzen.

Im Film waren es sieben, zum Serienauftakt sind es acht Jahre; offenbar hat Sat1 noch Einiges mit der Figur vor. Die Vorgabe liefert natürlich die perfekte Begründung für die enorme Geschwindigkeit, die Jahn immer wieder anschlägt: Tom Beck ist ohnehin ein darstellerischer Tempodribbler; als Genie, dem die Zeit davon läuft, dreht der Schauspieler auf, als würde nicht nur seine Figur regelmäßig Amphetamine einwerfen.

Winterberg ist tagsüber Professor an der Uni Bochum und verbringt die dank der Aufputschmittel schlaflosen Nächte mit der Suche nach einer Weltformel, um die Energieprobleme der Erde zu lösen. Hin und wieder nimmt er sich aber auch Zeit für eine seiner hübschen Studentinnen. Weil die Menschen in der Umgebung des Physikers nicht annähernd so schnell denken wie er, zeichnet sich Winterberg durch eine gewisse Neigung zur Arroganz aus. Aber natürlich muss das Hirn auch ein Herz haben, deshalb gibt es immer wieder Szenen mit dem kleinen Sohn der Kommissarin, der einen Herzfehler hat; der Junge ist der einzige Mensch, dem das Genie seine Zeit schenkt.

Für die Regie ist die Konstellation insgesamt dankbarer als für die Autoren: Mitunter ist die Schnittfrequenz gerade im Vergleich zum Durchschnittstempo deutscher Serien fast schon atemberaubend. Ähnlich agil ist Jahns Arbeit mit der Kamera. Die Drehbücher können bei einer derartigen Virtuosität kaum Schritt halten. Angesichts der Brillanz des Helden müssten die Geschichten ohnehin vor ganz anderem Hintergrund spielen: Jemand wie Winterberg sollte keine Verbrechen in Bochum klären, sondern sich mit Superschurken auf der ganzen Welt messen.

„Einstein“, Dienstag, Sat 1, 20 Uhr 15

Zur Startseite