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"Guck Jungs immer eher leicht von unten an. Das wirkt am süßesten auf Typen": Das weibliche Model macht nach Ansicht der "Bravo" also alles richtig.

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Update

"Bravo" blamiert sich mit "100 Tipps" für Mädchen: "Guck Jungs immer leicht von unten an"

Kanzlerin, US-Präsidentin? Nein, wenn es nach der "Bravo" geht, sollten Mädchen vor allem ein Ziel anstreben: Jungs zu gefallen. Damit spiegelt die Zeitschrift ein Frauenbild aus den fünfziger Jahren wider. Jetzt entschuldigte sich das Magazin für die umstrittene "Flirt"-Anleitung.

Die Pointe steht am Ende der Liste: "Sei Du selbst", lautet die 100. und angeblich wichtigste Regel der "Bravo" für Mädchen, die bei Jungs gut ankommen wollen - und damit ist die Verwirrung perfekt: Denn in den 99 Tipps vorab geht es darum, dass Mädchen genau das, nämlich sie selbst, nicht sein sollen, weil sonst womöglich der Super-Gau droht: "Irgendwann unsichtbar" zu werden für die Typen.

Das wichtigste Ziel: Jungs gefallen

Mit ihren "100 Tipps für eine Hammer-Ausstrahlung", Anfang Juli im Netz veröffentlicht, sorgt die "Bravo" derzeit für Furore. Denn das als Aufklärungsmagazin bekannt gewordene Heft aus dem Bauer-Verlag vermittelt damit ein Frauenbild, das sich seit der Gründung des Magazins 1956 offensichtlich wenig weiterentwickelt hat. So sollen die Leserinnen immer "eine Glanzspülung" benutzen, "mädchenhaft" ihre Haarsträhnen um den Finger wickeln, und, bester Tipp: Jungs "immer leicht von unten" anschauen, "das wirkt am süßesten auf Typen!".

"Bravo" rät: Jungs immer in die Augen schauen.
"Bravo" rät: Jungs immer in die Augen schauen.

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Dass die "Bravo" Teenie-Mädchen Tipps für mehr Selbstbewusstsein geben will, ist ja an sich eine gute Idee. Nur geht es in der Liste leider eben nicht darum, wie sie sich mit ihrem Körper am wohlsten fühlen, sich am besten auf Beruf und Studium vorbereiten oder Netzwerke bilden, sondern das einzige und wichtigste Ziel im Leben einer Frau scheint demnach zu sein: Männern zu gefallen und sich ihnen unterzuordnen.

"Sexy", aber bitte nicht "zu sexy"

"Heiß" sollen die Mädchen mithilfe der Tipps werden, "sexy", aber bitte nicht "zu sexy", "weil das schlampenhaft" wirke, "süß" und "niedlich", aber auch "reif" und "geheimnisvoll" und, ach ja, "immer Zahnpflegekaugummis dabei haben" und "nie zwei Tage hintereinander dieselben Klamotten" anziehen.

Wie rückständig das Frauenbild der "Bravo" offensichtlich ist, vermittelt auch die Bildsprache des Artikels. Die weiblichen Models schauen zu den Jungs auf, verzückt und mit lieblichem Blick.

Sicher, auch Magazine wie "Cosmopolitan" oder "Brigitte" geben ihren Leserinnen Sex-, Beziehungs- und Stylingtipps, aber ihre Leserinnen sind deutlich älter. Die "Bravo" spricht dagegen eine Zielgruppe an, die noch nach Orientierung sucht, weshalb die Zeitschrift eine gewisse Verantwortung hat.

Die "100 Tipps" für Mädchen überraschen allerdings auch deshalb, weil die "Bravo" mit Nadine Nordmann von einer Chefredakteurin geführt wird - sie dürfte nicht deshalb an die Spitze gekommen sein, weil sie "klimpernde Armreife" getragen hat, um "akustische ,Werd auf mich aufmerksam'-Signale an Jungsohren" zu senden oder einen "leichten Absatz", der ihr "einen wogenden Gang" verleiht, der "die Blicke der Jungs einfach magisch anzieht, weil er so selbstbewusst und sexy wirkt".

Umstrukturierungen betreffen auch das Dr.-Sommer-Team

In Zeiten, in denen Deutschland eine Bundeskanzlerin hat und in Amerika mit Hillary Clinton eine Frau US-Präsidentin werden will, dürfte die "Bravo" mit einer solchen Hitliste an den Interessen junger Frauen deutlich vorbeischreiben. Ohnehin kämpft das Magazin damit, dass auch seine Zielgruppe journalistische Inhalte zunehmend im Netz konsumiert. Eine Umstellung von der bisher wöchentlichen auf eine vierzehntägige Erscheinungsweise und eine Umstrukturierung, die auch das Dr.-Sommer-Team betraf, sollen die Zeitschrift wieder attraktiver machen. Tatsächlich konnte die "Bravo" damit im ersten Quartal im für sie wichtigen Kioskverkauf punkten, im Einzelverkauf legte sie um rund 13 Prozent zu und erreicht nun eine verkaufte Gesamtauflage von rund 173 400 Exemplaren.

Der umstrittene Artikel wurde entfernt

Dass die umstrittenen Flirt-Tipps keine so gute Idee waren, hat inzwischen offenbar auch die "Bravo"-Redaktion selbst festgestellt. Nachdem es am Dienstag auf Twitter unter dem Hashtag #flirtennachbravo Hunderte von entsetzte bis belustigte Reaktionen über die absurden Regeln gegeben hatte, wurde der Artikel aus dem Netz genommen. Am Mittwoch entschuldigte sich das Magazin für die umstrittene Flirtanleitung: Einige der Tipps seien "absolut unglücklich", insgesamt genüge der Beitrag "nicht dem Qualitätsanspruch, den wir an uns selber stellen". Die Redaktion wolle nun in einen "offen Dialog" mit Kritikern und Fachleuten treten.

Das wäre ja nun durchaus ein Grund, zu applaudieren, geht aber nicht, denn Regel Nummer 31 besagt: "Halte Deine Hände ruhig", "so wirkst Du gefasst und sicher und nicht so kindisch wie andere Girls."

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